Ein Theologe und ein Historiker kritisieren in der Tageszeitung Die Welt den Grundlagentext zum Reformationsjubiläum 2017, den die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) vorige Woche vorgestellt hat. Der Text sei „monokausal religiös argumentierend“, schreiben die beiden auf Seite 2 der Tageszeitung.
Von PRO
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Der Theologe Thomas Kaufmann und der Historiker Heinz Schilling ärgern sich in der Welt über den Text der Evangelischen Kirche zum Reformationsjubiläum 2017
Der Grundlagentext der EKD soll erklären, was die Reformation für Christen bedeutet. Das Büchlein mit dem Titel „Rechtfertigung und Freiheit – 500 Jahre Reformation 2017“, das der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider am 14. Mai in Berlin vorstellte, soll Gläubigen auf wenigen Seiten erklären, was die Reformation bedeutet.
Thomas Kaufmann, Professor für Kirchengeschichte an der Universität Göttingen, und Heinz Schilling, emeritierter Professor für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit an der Berliner Humboldt-Universität, sind mit dem EKD-Text überhaupt nicht zufrieden. Das Papier „reduziert die Bedeutung des Ereignisses auf das Religiöse“, schreiben die beiden in der Welt. „Das ist wissenschaftlich überholt und wird der Tragweite der Reformation nicht gerecht.“
Die „historische Expertise“ bei der Autorenschaft der Schrift sei „überschaubar“. Den Text hatte eine „Ad-hoc-Kommission“ unter der Leitung des Berliner Kirchenhistorikers Christoph Markschies erstellt.
Der EKD-Text betone ausschließlich den religiösen Aspekt der Reformation und isoliere damit „das Geschehen vom allgemeingeschichtlichen Zusammenhang“. Dabei sei doch das Religiöse im 16. Jahrhundert „aufs Engste mit dem ‚Politischen‘, ‚Ökonomischen‘, ‚Sozialen‘ und ‚Rechtlichen‘ verzahnt“, schreiben Kaufmann und Schilling. Sie kritisieren zudem die sogenannten Exklusivpartikel, welche die Schrift mit der Reformation in Verbindung bringt – „allein Christus“, „allein durch die Gnade“, „allein durch das Wort“: „Eine konventionellere, langweiligere Präsentationsform der ‚Reformation‘ kann man sich kaum vorstellen.“
Auch eine „Fixierung auf Luther“ sehen die beiden Autoren: „Von Calvin, gar Zwingli, auch Bucer, Müntzer, Karlstadt und all den anderen zu behaupten, die ‚Rechtfertigung‘ sei der Dreh- und Angelpunkt ihrer Theologie, dürfte unter Kennern der Reformationstheologien wenig Zustimmung finden.“ Die Schrift zeuge von einer „extrem einseitigen Sicht der Reformation, die hier – vor allem aus dogmatischem Interesse – wiederbelebt wird“.
Kaufmann und Schilling wünschen sich eine „Begründung der ‚weltgeschichtlichen Bedeutung‘ jener Ereignisse auch für die Säkulargesellschaft“. „Aufzuzeigen wäre beispielsweise, welche Dynamik die Reformation für eine Partizipation der Menschen an ihrem Gemeinwesen auslöste, im Adel, bei den Bauern – vor allem in den Städten. (…) Die Reformation war für die Geschichte Deutschlands und generell des Westens viel zu bedeutend, als dass man sie allein den Theologen oder gar der Kirchenhierarchie überlassen darf.“ (pro)
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