500 Jahre nachdem Martin Luther seine Thesen in Wittenberg veröffentlichte, was als Auslöser für die Reformation und die Spaltung der Kirche gilt, wollen die beiden großen christlichen Kirchen im Jahr 2017 erstmals anders mit der Reformation umgehen. Das gaben der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz (DBK), Reinhard Kardinal Marx, in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag in München bekannt. Das Ziel haben EKD und DBK in einem offiziellen Briefwechsel vereinbart, der im Rahmen der Pressekonferenz vorgestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.
Die Initiative zu dem Briefwechsel hatte im Mai Bedford-Strohm ergriffen. Er schrieb an seinen katholischen Amtskollegen Marx: „Nicht allein durch die epochalen Impulse des II. Vaticanum, die die ökumenische Gesprächssituation zwischen unseren Kirchen ganz neu eröffnet haben, sondern auch durch die theologisch exakte Verständigungsbemühung ist ein ökumenisches Vertrauen zwischen unseren Kirchen gewachsen, die Bereiche eines gemeinsamen Gestaltens des Erinnerns erlauben; dafür ist die EKD sehr dankbar“, und weiter: „Das Reformationsjubiläum 2017 ist im Kern ein Christusfest, das die Botschaft von der freien Gnade Gottes ausrichten will an alles Volk.“
Marx spricht von verlässlichen Beziehungen
In seinem Antwortschreiben vom 1. Juni würdigte Kardinal Marx die Einladung der EKD als „einen Ausdruck verlässlicher Beziehungen. Sie zeigt, dass die EKD ihr Reformationsjubiläum nicht feiern möchte, ohne ihre ökumenischen Partner mit einzubinden.“ Durch den ökumenischen Dialog in den vergangenen Jahrzehnten sei bewusst geworden, „dass uns der Glaube an Jesus Christus, das Lesen der Heiligen Schrift und das sakramentale Band der Taufe zutiefst miteinander verbinden“, stellte Marx in seinem Antwortschreiben fest.
Die beiden großen Kirchen ständen in der gemeinsamen Verantwortung, „dass durch das Reformationsgedenken die Annäherung, die zwischen unseren Kirchen erreicht wurde, nicht gefährdet wird, ja mehr noch, dass wir unsere Einheit im Glauben sichtbar werden lassen und ihr in einer Weise Ausdruck verleihen, die die Christen in ihrem Glauben bestärkt und die die Menschen, die unseren Kirchen fern stehen, uns als Brüder und Schwestern im Glauben erleben lässt. Unser gemeinsames Zeugnis für Jesus Christus ist heute in unserer Gesellschaft und bei der Suche vieler Zeitgenossen nach Halt und Orientierung von besonderer Dringlichkeit.“
Ökumenische Pilgerfahrt nach Israel geplant
In seinem Schreiben vom Mai benennt der EKD-Ratsvorsitzende konkrete Veranstaltungen, die von der DBK mitgetragen und gestaltet werden sollen. Demzufolge wollen die EKD und die DBK im Herbst 2016 im Rahmen einer eintägigen „Bibel-Tagung“ die beiden bis dahin abgeschlossenen Überarbeitungen der Heiligen Schrift (Übersetzung nach Martin Luther und Einheitsübersetzung) vor Literaten, Journalisten und Theatermachern vorstellen. Eine gemeinsame ökumenische Pilgerfahrt soll im Oktober 2016 Mitglieder der DBK und des Rates der EKD zu den „gemeinsamen Quellen des Glaubens“ nach Israel führen. Am Vorabend des zweiten Fastensonntags 2017 (11. März 2017) wollen beide Kirchen in einem gemeinsamen Versöhnungsgottesdienst in Berlin Buße und Vergebungsbitte verbinden mit Versöhnungsgesten. Ökumenisch gesinnte Gemeinden sollen den Gottesdienst regional nachfeiern können.
Am 14. September 2017 will die EKD gemeinsam mit der DBK und weiteren Kirchen der Ökumene einen „ökumenischen Gottesdienst anlässlich des Festes der Kreuzeserhöhung“ feiern. Das Fest der Kreuzerhöhung wird in der katholischen und den orthodoxen Kirchen als Erinnerung der Wiederauffindung des Kreuzes Christi durch Kaiserin Helena gefeiert. Im Herbst 2017 soll eine gemeinsame Tagung von EKD, der DBK, und den beiden kirchlichen Laienbewegungen, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dem Deutschen Evangelischen Kirchentag, eine ökumenische Positionsbestimmung der „Zukunft von Christen in einer zunehmend säkularen Gesellschaft“ vornehmen.
Papst Franziskus wird jedoch nicht zu den Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation kommen. Das teilte Kardinal Marx auf der Pressekonferenz mit. Einen möglichen Papstbesuch wolle man nicht an den Anlass binden, erklärte der Münchner Erzbischof. (pro)