Reaktionen auf Papst-Rücktritt: „Ein in jeder Hinsicht herausragender Christ“

Der katholische Publizist Andreas Püttmann hat mit „tiefstem Bedauern“ auf den Rücktritt des Papstes reagiert. Gegenüber pro lobte er die Amtsführung Benedikts und prangerte den Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit dem Papst an. Auch Michael Diener, Vorsitzender der Evangelischen Allianz, Ansgar Hörsting, Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, und Helge Stadelmann, Rektor der Freien Theologischen Hochschule Gießen, zollen dem Papst Respekt.
Von PRO

„Ich bedaure den Rücktritt des Papstes zutiefst. Joseph Ratzinger ist eine in jeder Hinsicht herausragende christliche Gestalt, nicht erst, seit er Papst wurde“, sagte der katholische Publizist Andreas Püttmann gegenüber pro. „Die Rücktrittserklärung spiegelt die menschliche und geistliche Größe dieses Papstes in wunderbarer Weise wieder. Benedikt hat sich vom Dienst an der Kirche auslaugen lassen.“ Püttmann lobte die wissenschaftliche Exzellenz und menschliche Bescheidenheit und Demut des Papstes.

Mit deutlichen Worten kritisierte Püttmann den „böswilligen und feindseligen“ Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit Benedikt: „Ich empfinde tiefe Scham darüber, dass man einen großen Deutschen so dramatisch verkannt hat.“ In großen Teilen des Katholizismus in Deutschland habe es über Jahrzehnte zum guten Ton gehört, sich besserwisserisch und lästerlich über Joseph Ratzinger zu äußern.

Der Rücktritt des Papstes hat für Püttmann auch mit der „Vatileaks“-Affäre um vertrauliche Vatikan-Unterlagen, die an die Öffentlichkeit gelangten, zu tun: „Wo christliche Größe am wunderbarsten aufscheint, wird das Böse und der Böse besonders virulent.“

Michael Diener: „Ratzingers Loslassen hat Vorbildcharakter

Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener, sagte: „Seit über 700 Jahren bringt ein Inhaber des Petristuhls die geistlich-dienende Dimension seines Amtes dadurch zum Ausdruck, dass er an den Insignien seiner Macht nicht festhält, sondern bewusst loslässt. Das hat Vorbildcharakter und hilft einer katholischen Kirche, die in vielfacher Hinsicht vor immensen Herausforderungen steht. Der frühere Kardinal Joseph Ratzinger ist sich auch als Papst treu geblieben. Er sah sich als dienende Zwischenlösung nach Papst Johannes Paul II., hat aus seiner wissenschaftlich-theologischen Gelehrsamkeit nie einen Hehl gemacht und sich dennoch um Menschennähe bemüht. Selbst ohne die großen Verwerfungen innerhalb des Vatikans in den vergangenen Monaten war ihm eine derartige Entscheidung immer zuzutrauen.

Die Deutsche Evangelische Allianz dankt Benedikt XVI. für die Klarheit, mit der er die geistliche Dimension aller christlichen Einigungsbemühungen deutlich gemacht hat. Sie ist dankbar dafür, in welch prägender Weise sich in seinen Jesusbüchern Glaube, Vertrauen in die Heilige Schrift und Wissenschaft verbunden hat und auch dafür, dass in vielen ethischen Fragen (Lebensrecht, Schutz von Ehe und Familie) der Grundkonsens zwischen Positionen der Deutschen Evangelischen Allianz und der katholischen Kirche immer wieder erkennbar geworden ist.

Mit dieser Dankbarkeit verbindet sich der Wunsch, dass der katholisch-evangelische Dialog nach einer Neubesetzung wieder an Fahrt gewinnt. Die immensen Herausforderungen, vor denen die christlichen Konfessionen in diesem Jahrhundert der fortschreitenden Säkularisierung stehen, sind nur gemeinsam zu bewältigen. Amtsverständnis, Rolle der Ehrenamtlichen (Laien) und der Frauen, Abendmahl in konfessionsverschiedenen Ehen – das sind nur einige der ganz unterschiedlichen Fragen, die dringlich nach einer ökumenisch tragfähigen Antwort verlangen.
Die Deutsche Evangelische Allianz wird den Prozess der Neuwahl eines Papstes im Gebet begleiten und wünscht sich, dass die katholische Kirche sich in ihren Lehren und Traditionen immer weiter zunehmend vom lebendigen Wort des lebendigen Gottes formen und prägen lässt.“

Ansgar Hörsting: „Pontifikat erhielt keine Überraschungen

„Dass Papst Benedikt XVI. zurücktritt, verdient Respekt“, erklärte Ansgar Hörsting, Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, gegenüber pro. „Nachdem der Vorgänger von Krankheit gezeichnet bis zum Schluss im Amt blieb und verehrt wurde, was ich ebenfalls respektiere, stand zu befürchten, dass daraus ein ständige Wiederholung abgeleitet wird. Dem hat Benedikt einen Riegel vorgeschoben.

Ich werde vor allem seine ‚Jesus-Bücher‘ positiv in Erinnerung behalten. Sie sind bemerkenswert, weil sie sowohl die historische als auch die innere Dimension des Glaubens an Jesus Christus vermitteln.“

Hörsting weiter: „Dass sein Pontifikat ansonsten keine Überraschungen enthielt, war zu erwarten und ist dem System der Römisch-katholische Kirchen geschuldet. Jeder Papst ist zutiefst Teil des Systems und wird es nicht fundamental verändern. Das wird auch beim nächsten Papst der Fall sein. Das nur schon mal ins Stammbuch all derer, die großartige Neuerungen von einem zukünftigen Papst erhoffen.“

Helge Stadelmann: Benedikt zeigt Verantwortungsbewusstsein

Der Rektor der Freien Theologischen Hochschule Gießen, Helge Stadelmann, gab gegenüber pro folgende Erklärung zum Rücktritt des Papstes ab:

„Dass Josef Ratzinger angesichts nachlassender Kräfte im Alter von fast 86 Jahren vom Amt des Papstes zurücktritt, zeigt das Verantwortungsbewusstsein dieses bedeutenden Mannes. Acht Jahre lang hat er als Theologe immer wieder Verantwortung gezeigt: hat sexuellen Missbrauch in der Kirche ohne Wenn und Aber als Sünde gebrandmarkt; hat sich den Forderungen des Zeitgeistes verweigert; hat sich auf ökumenische Verbrüderungen ohne vorherige Klärung von Wahrheitsfragen nicht einlassen wollen. Vor allem aber hat er mit seinem Lehrschreiben ,Gott ist Liebe‘ und den 3 Bänden zu ,Jesus von Nazareth‘ Zentralpunkte christlicher Wahrheit in profund biblischer Weise in Erinnerung gerufen. Wer ermessen kann, in welchem Maß bibelkritische Theologie inzwischen selbst Kernpunkte des Glaubens auflöst, wird Benedikt XVI. dankbar sein für diese Schriften. Evangelikale sollte es nicht wundern, dass der Papst trotzdem katholisch ist und Lehrtraditionen teilt, die evangelische Christen nicht als biblisch erkennen können. Das eine vom anderen zu unterscheiden lohnt sich aber in einer Zeit, in der alle Christen der Infragestellung biblischer Wahrheit und Werte ausgesetzt sind, wenn sie die Bibel ernstnehmen und öffentlich dafür eintreten.“ (pro)

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