Rausch in der Megakirche

Amerikanische Soziologen wollen dem Erfolgsgeheimnis von Megakirchen auf den Grund gehen. 2013 soll eine Studie zu diesem Thema erscheinen. Nun sind erste Ergebnisse öffentlich geworden: Demnach liegt den Gottesdienstbesuchern besonders viel am gemeinschaftlichen Lobpreis. Er wirkt auf sie wie eine Droge.

Von PRO

"High on God: How the Megachurch conquered America" (zu Deutsch etwa: High durch Gott: Wie die Megakirche Amerika erobert hat) lautet der Titel einer Studie der Universität Washington. Professor James Wellmann und die Studentin Katie Corcoran haben in dieser Woche in Denver erste Ergebnisse präsentiert. Demnach fühlen sich Besucher von Megakirchen dort besonders aufgrund der Größe der Gemeinden wohl. Per Definition zählt eine solche Megakirche wöchentlich mindestens 2.000 Besucher. Trotz der vielen Gottesdienstteilnehmer hätten diese nicht das Gefühl, in der Masse unterzugehen, erklärten die Forscher. Mitglieder hätten erklärt, die Erfahrung, mit Tausenden gemeinsam Gott zu preisen, sei berauschend. Wellmann erklärte laut der "Süddeutschen Zeitung", der sonntägliche Besuch sei für die Gläubigen wie die Einnahme einer Droge. Die Teilnehmer kämen auf der Suche nach emotionaler Energie zum Gottesdienst. Während des Rituals badeten sie im Gefühl von Zugehörigkeit und Liebe, weil Tausende andere gleichzeitig so empfänden. Zudem erfülle das Ritual das Bedürfnis der Teilnehmer, zu Anführern aufzuschauen. Pastoren bestätigten sie in ihren religiösen und konservativen Werten.

"Eine süchtig machende Erfahrung"

Für ihre Untersuchung hatten die Soziologen 12 Megakirchen in den USA untersucht und dort 470 Interviews mit Mitgliedern geführt. Sie wollten vor allem dem Erfolgsrezept der Kirchen auf den Grund gehen. Noch 1990 hatte es nur 350 Megakirchen in den USA gegeben. 2012 sind es 1.200. "Es ist eine süchtig machende Erfahrung", sagte die Soziologin Corcoran der "Huffington Post". Die Menschen fühlten sich mit ihrer Kirche verbunden und willkommen. Zugleich wirkten die Gemeinden auf sie bescheiden.

Charismatische Pastoren machten die Kirchen zudem anziehend, ebenso wie deren optimistische Botschaften und gemeinsame Aktivitäten in Kleingruppen, die nicht unbedingt etwas mit Religion zu tun hätten. "Der Hauptgrund, warum Menschen von diesen Kirchen angezogen werden, ist der, dass sie eine Vielzahl von Programmen anbieten und dass sie kurzweilige und unterhaltsame Gottesdienste mit einer Botschaft haben, die viele Menschen anspricht", zitiert die "Huffington Post" Corcoran. Die Untersuchung zeigt auch, dass es einen Trend dahin gibt, nicht nur eine Megakirche, sondern zusätzlich eine zweite Gemeinde zu besuchen. Eine Erklärung dafür haben die Forscher noch nicht. (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen