Rabbiner will in Sonntagsschutzdebatte mitmischen

Der Berliner Rabbiner Andreas Nachama hat die christlichen Kirchen aufgefordert, den Sonntagsschutz "nicht durch gerichtliche Gängelung", sondern durch Überzeugungsarbeit an der eigenen Basis zu erwirken. Das schreibt Nachama in der aktuellen Ausgabe der deutschen Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine". 

Von PRO

Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche hatten am 23. Juni vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen das Berliner Ladenöffnungsgesetz eingereicht. "Nur die Ruhe", schreibt Nachama in der "Jüdischen Allgemeinen". Zwar könne man die Klage aus jüdischer Sicht zunächst begrüßen, trotzdem sei die Vorstellung eines gänzlich arbeitsfreien Tags "altfromme Fiktion". Die Freiheit eines freien Wochentages bestehe nur durch die Arbeit anderer, "um unsere Welt am Laufen zu halten". Das moderne Judentum wolle stattdessen wertschöpfende Arbeit am Schabbat vermeiden und jedem selbst die Verantwortung für sein Tun überlassen.

Nachama fordert Religionsgemeinschaften auf, Veränderung "nicht durch gerichtliche Gängelung", sondern Überzeugungsarbeit an der eigenen Basis zu erwirken. Obwohl es richtig sei, für seine Werte zu kämpfen, solle man damit bei den eigenen Leuten anfangen. Auch an der Ruhetagsregelung im jüdisch-orthodoxen Lager lässt der Rabbiner kein gutes Haar: Wie vor 2.000 Jahren könnte man noch heute debattieren, was man am Schabbat tun dürfe und ob das Orgelspiel in der Synagoge Arbeit sei. Als "eitel und nichtig" stempelt Nachama diese Debatte ab.

Zur Klage in Karlsruhe

Die Religionsfreiheit durch Sonntagsarbeit in Gefahr zu sehen, ist laut Nachama "weit hergeholt". Als Beispiel für eine funktionierende christlich geprägte Gesellschaft, der die Sonntagsarbeit nicht schadet, führt er die USA an. Dort würden Religiöse ganz bewusst Alltagsarbeit an ihrem heiligen Wochentag vermeiden. Auch das Judentum hat, so Nachama, in christlich geprägten Gesellschaften trotz verbreiteter Samstagsarbeit überlebt.

In ihren Appellen an das Bundesverfassungsgericht hatten sich Bischof Wolfgang Huber, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, und der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky im Juni gegen das Berliner Ladenöffnungsgesetz gerichtet, das die Ladenöffnung an bis zu zehn Sonntagen zulässt. Dagegen führte Kardinal Sterzinsky religiöse, arbeitsmedizinische, soziale und kulturelle sowie verfassungsrechtliche Gründe an.  (PRO)

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