Profillos und beliebig dem Zeitgeist hinterher?

Viele Vorwürfe musste sich die Evangelische Kirche in den vergangenen Wochen und Monaten gefallen lassen. Sie sei profillos, beliebig, habe eine angepasste Botschaft und hechele dem Zeitgeist hinterher. Dies stimmt nicht, sagt der 34-jährige Pfarrer Simon de Vries in einem Artikel in Christ und Welt und hält ein Plädoyer für seine Kirche.
Von PRO
Pfarrer stehen unter einem gewaltigen Erwartungsdruck ihrer Gemeinde. Warum sie trotzdem noch Träume für ihre Kirche haben sollen, darum geht es in einem Christ und Welt-Artikel der aktuellen Ausgabe
Als Pastor werde er oft als „die Kirche“ wahrgenommen, weil die Menschen oft nicht zwischen Gott, Kirche und dem Bodenpersonal unterschieden. Obwohl er sich mit der Kirche identifiziere, habe er auch ein kritisches Verhältnis zu ihr.

Anforderungsprofil: Sündenbock, Ermutiger, Verwalter und Evangelist

Viele Pfarrer der heutigen Generation vermissten zudem ein klares Rollenbild für ihren Beruf. Sie müssten Seelsorger und Prediger sein und nebenbei unter anderem noch Ermutiger, Visionär, Verwalter, Vorgesetzter, Evangelist, Heiler, Mentor, Diplomat und Vorbild – oder als Sündenbock herhalten. Auch die Zusammenlegung vieler Pfarrstellen mache den Beruf nicht attraktiv und halte viele Interessenten vom Theologiestudium ab. Komplizierte Stellenkonstruktionen und massive Erwartungshaltungen an die eigene Person beeinflussten die Entscheidung für dieses Fach: „Man könnte sich angesichts all dessen erschlagen fühlen. Von der Fülle der Aufgaben. Von der immer größer werdenden Grundlast. Von dem, was andere von mir erhoffen. Und nicht zuletzt von dem, was ich selbst von mir erwarte.“ Die Folge seien Erschöpfung, Verletzung und Überforderung der Pfarrer.

Laut oder leise von Gott erzählen

De Fries sieht auch gute Entwicklungen: etwa die Liebe der Pfarrer zu ihrem Beruf, den anderen Menschen und zu Gott. Viele würden „laut oder leise von Gott erzählen und ihren Glauben leben“. Der 34-jährige Pfarrer schätzt an seiner Kirche neben der Feindesliebe vor allem die Vielfalt und Vielstimmigkeit. Dies sei zugleich die größte Stärke und Schwäche der Kirche und deswegen werde ihr häufig Beliebig- und Gesichtslosigkeit vorgeworfen. Aber de Vries schätzt gerade den Pluralismus, weil „Wahrheit und Wahrhaftigkeit nur im Diskurs zu haben sind. Bis heute kann man den Müttern und Vätern im Glauben nur dankbar dafür sein, dass sie die Weisheit besessen haben, schon aus Prinzip weder Unstimmigkeiten noch Vielstimmigkeiten zu eliminieren.“

Überhebliche Kirche

Er mahnt dazu, diese Unterschiede auszuhalten. Er wünscht sich eine Kirche, in der sich jeder einbringen kann und deren Herz besonders für die Randgruppen schlägt. De Vries betont, dass der Alltag anders aussieht. Trotzdem möchte er seine Träume nicht aufgeben und mit der Taufgesellschaft jubeln, mit Trauernden weinen und von der Hoffnung predigen. Einen völlig anderen Aspekt betont Christ und Welt-Redakteur Wolfgang Thielmann. Der Bedeutungsverlust der Kirche liege in ihrer „Arroganz“ und einer „unterschwelligen Überheblichkeit gegenüber den Gemeinden am Ort“ begründet. Kirche formuliere nur verhalten, worin der Glaube an Gott besteht und wie man dazu kommt. Mit dem Abstand der Gesellschaft zur Kirche schwinde auch der Glaube. Dies habe die jüngste Erhebung gezeigt. Deswegen sei es richtig, ähnlich wie es der hannoversche Landesbischof, Ralf Meister, formuliert hatte, dort zu investieren, wo Kinder und Jugendliche den Glauben kennenlernen. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/veranstaltungen/detailansicht/aktuell/kirche-ist-waechter-im-staat/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/kirchentag-klugheit-ist-mehr-als-bildung/
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