Erstmals hat der Deutsche Presserat sich im vergangenen Jahr mehr mit Online- als mit Print-Medien beschäftigen müssen. In beiden Bereichen beanstandeten zahlreiche Leser die Berichterstattung über kirchliche Ereignisse.
Von PRO
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Die Zeiten ändern sich, auch für den Presserat. 2013 beschäftigte er sich erstmals mehr mit Beschwerden gegen Online-Veröffentlichungen als gegen klassische Print-Artikel
Im Jahr 2013 richteten sich über die Hälfte aller beim Presserat eingegangenen Beschwerden gegen Online-Veröffentlichungen. „Print ist immer mehr rückläufig“, sagte die Sprecherin des Presserats, Ursula Ernst, am Mittwoch in Berlin. Insgesamt erreichten das Kontrollgremium der Printmedien 1.347 Beschwerden. Diese betrafen vor allem Recherchefehler, Kriminalberichterstattung und Diskriminierungen durch die Presse. Die meisten Beschwerden richten sich gegen regionale Tageszeitungen. Es folgen Publikumszeitschriften, erst an dritter Stelle stehen Boulevardmedien. Insgesamt sprach der Presserat 31 Rügen aus.
Papst, Transsexualität, Tebartz-van Elst
Allein 49 Beschwerden erreichten den Rat wegen einer Kolumne der taz zur Papstwahl. Die Zeitung titelte mit der Zeile: „Junta-Kumpel löst Hitler-Junge ab“ und online über derselben Kolumne mit den Worten „Alter Sack der Xte“. Letzteres rügte der Presserat nicht, weil die Überschrift „in dem Fall satirisch gemeint“ war, sagte Ernst. Anders verhalte es sich im ersten Fall. Hier handele es sich um „Unterstellungen und Beschuldigungen, die nichts mit journalistischer Sorgfaltspflicht zu tun haben“, sagte sie. Deshalb habe der Presserat hier eine Rüge erteilt. Ein weiterer Fall, der mit der Kirche zu tun hat, beschäftigte das Gremium im Zusammenhang mit der Satirezeitschrift Titanic. Diese veröffentlichte eine Postkarte zur „Pille danach“, die Katholiken beim Einnehmen der Hostie zeigte. Diese Beschwerde habe der Presserat als unbegründet zurückgewiesen, wie in den meisten Fällen, in denen es um die Kirche im Allgemeinen gehe. Erst wenn sich Beleidigungen gegen bestimmte Personen, etwa den Papst selbst, richteten, verstoße das gegen den Pressekodex, erklärte Ernst.
Viele Anfragen im vergangenen Jahr betrafen das Thema Transsexualität. So poche vor allem ein nicht genannter Interessenverband immer wieder darauf, nicht davon zu schreiben, dass ein Mann nach einer Geschlechtsumwandlung zu einer Frau geworden sei. Stattdessen solle Rücksicht darauf genommen werden, dass ein Mensch „im falschen Körper“ geboren worden und deshalb schon immer zum Beispiel eine Frau gewesen sei. Der Presserat habe es sich „auf die Fahnen geschrieben, da noch etwas genauer aufzupassen“, sagte Ernst. Insgesamt seien ungefähr 70 Beschwerden zu diesem Thema eingegangen. Beschäftigt haben den Presserat im vergangenen Jahr auch zahlreiche Fälle, die im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess standen. So habe das Hamburger Abendblatt etwa Zeugen namentlich benannt. Das sei „nicht akzeptabel“, sagte Ernst.
Noch zu entscheiden sei über die Berichterstattung im Falle Tebartz-van Elst und inwiefern über seinen geistigen Gesundheitszustand spekuliert werden dürfte. Mehrere Medien hatten berichtet, der damalige Limburger Bischof sei möglicherweise psychisch krank. Auch zum Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy lägen derzeit 3 Beschwerden vor, über die noch zu entscheiden sei.
Pressekodex überarbeiten
Hinsichtlich der Zunahme von Beschwerden über Online-Berichterstattung will der Presserat seinen Kodex überarbeiten. Bisher werde der Pressekodex eins zu eins auf Print- wie auf Online-Medien angewendet. Probleme mache das dem Gremium aber bei Themen wie Leserkommentaren oder Verlinkungen. Im kommenden Jahr soll es deshalb Novellierungen geben. Dazu kooperiert der Rat mit verschiedenen Internetzeitungen. Bis dahin empfiehlt er, mit Onlinekommentaren ebenso zu verfahren wie mit Leserbriefen, und deren Inhalt zu prüfen. Man wolle niemandem die Meinung verbieten, aber bestimmte Dinge könnten auch strafrechtlich enden, etwa Vorverurteilungen, warnte Ernst. (pro)
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