Predigten über Homosexualität als Beweismaterial

Die Stadt Houston im US-Bundesstaat Texas zwingt eine Gruppe von Pastoren unter Strafandrohung, Predigten zu den Themen Homosexualität und sexuelle Identität bei der Stadt vorzulegen. Hintergrund ist ein Rechtsstreit. Christliche Organisationen sprechen von Einschüchterung.
Von PRO
Die Demokratin Annise Parker ist die erste offen lesbische Bürgermeisterin einer amerikanischen Metropole

Fünf Pastoren sollen demnach alle Predigten und andere Reden, in denen sie über Homosexualität, sexuelle Identität und Houstons Bürgermeisterin Annise Parker sprechen, vorlegen. Parker lebt selbst in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Andernfalls droht ihnen eine Strafe. Ein Pastor wurde zudem aufgefordert, sämtliche Kommunikation mit Gemeindemitgliedern zu den Themen offenzulegen.
Mittlerweile soll Parker teilweise von ihren Forderungen zurückgewichen sein. Ihre Predigten bräuchten die Pastoren nicht vorlegen: „Es geht nicht darum, über was Sie vergangenen Sonntag gepredigt haben […] Das hätte klar gemacht werden müssen. Das wird geklärt“, sagte Parker in einem Radio-Interview.
Unterdessen stellt sich die liberale Amerikanische Bürgerrechtsunion in Texas, ACLU, in der Debatte hinter die Prediger. Die Organisation erklärt, dass sich die Regierung nicht in Kirchenbelage einmischen sollte. Auskunftsersuche müssten „sorgfältig abgestimmt“ werden. Zudem habe der Kurznachrichtendienst Twitter eine christliche Kampagne, die die Pastoren in Houston unterstützen soll, blockiert, berichtet die Christian Post. Dies betreffe Tweets mit dem Hashtag „HoustonWeHaveAProblem“.
Der Hintergrund: Die Pastoren hatten zuvor gegen ein neues „Antidiskriminierungsgesetz“ der Stadt mobil gemacht. Das im Juni verabschiedete Gesetz hätte es beispielsweise Männern erlaubt, Damentoiletten aufzusuchen und umgekehrt. Kritiker hatten nach eigenen Angaben 50.000 Unterschriften dagegen gesammelt, um eine Volksabstimmung zu erzwingen – diese wurde von der Stadt wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten abgelehnt. Knapp über 17.000 Unterschriften waren nötig. Die Auszählung der Stimmen habe nach Angaben der Stadt ergeben, dass deutlich weniger gültige Stimmen abgegeben wurden.
Gegner des „Antidiskriminierungsgesetztes“ – nicht aber die besagten Pastoren – haben daraufhin die Stadt verklagt. Die Stadt Houston sammelt nun in Vorbereitung auf die Gerichtsverhandlung Beweismaterial für mögliche Manipulationen.
Als solches sollen auch die Predigten dienen. Der Houston Chronicle berichtet, von einem der Pastoren, Dave Welch, gebe es ein Video, auf dem er die freiwilligen Helfer zum Unterschriftensammeln instruiert und die gesetzlichen Bedingungen erläutert. Der Prozess sei herausfordernd, sagt er dabei – für die Stadt offenbar ein Indiz. Die Beteiligten hätten die gesetzlichen Bestimmungen gekannt, und sie dennoch missachtet. Parker teilte auf Twitter mit, die Pastoren hätten womöglich die Kanzel für politische Reden missbraucht.

Christen wollen sich nicht einschüchtern lassen

Die Pastoren lassen sich nun vor Gericht von Anwälten der Alliance Defending Freedom (ADF) vertreten, einer Organisation, die auf Fälle zur Religionsfreiheit spezialisiert ist. Die Anwältin Christina Holcomb erklärte: „Die Einforderung von Predigttexten und Kommunikationsverläufen ist unnötig und beispiellos.“ Der Stadtrat führe eine Inquestition, um Kritik an seiner Politik zu unterbinden. „Politische und gesellschaftliche Kommentare sind kein Verbrechen, sie sind von der Redefreiheit geschützt“, erklärte die Juristin.
Das Büro von Bürgermeisterin Parker wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern. Erik Stanley, ebenfalls als ADF-Anwalt mit der Sachlage vertraut, vermutet laut Fox News, dass die Bürgermeisterin die Kirchenführer öffentlich blamieren und als „bigotte Homo-Gegner outen“ will.

Perkins: „Staat hebt Trennung von Kirche auf“

Steve Riggle ist Pastor der Grace Community Church, einer Houstoner Megakirche. Er soll nicht nur seine Predigten, sondern auch E-Mails an Gemeindemitglieder offenlegen. „Das ist ein Versuch, Pastoren davon abzubringen, über die Fragen unserer Zeit zu sprechen“, erklärte er zur Anweisung der Stadt. „Die Bürgermeisterin will uns zum Schweigen bringen. Sie mobbt uns.“
Tony Perkins, Leiter der christlichen Lobbygruppe Family Research Council, forderte Kirchenführer in ganz Amerika dazu auf, sich mit ihren Kollegen in Houston zu solidarisieren. Die Handlungen von Bürgermeisterin Parker seien nicht zu entschuldigen. „Der Staat bricht hier durch die Mauer der Trennung von Kirche und Staat“, sagte Perkins. Dies sei ein Angriff auf die gesamte Kirche. Der Politiker und Baptistenpastor Mike Huckabee startete eine Online-Petition gegen das Vorgehen Parkers.
Der Houston Chronicle merkt indes an: Viele der Predigten seien ohnehin im Internet frei verfügbar, weil die Gemeinden eine große Verbreitung ausdrücklich wünschen.
Der Bestseller-Autor und Bonhoeffer-Biograf Eric Metaxas nannte das Vorgehen der Stadt Houston am Freitag „mehr als skandalös“. In einem Kommentar für das Onlinemagazin The Christian Post schrieb er: „Das ist eine traurige Erinnerung daran, dass unsere Freiheit, die wir als selbstverständlich nehmen, weggenommen werden kann.“ Schon mehrfach sei in der Vergangenheit vor einer Einschränkung der Religionsfreiheit für Christen gewarnt worden. Der Fall aus Houston könnte aber ein Weckruf für die Kirche in Amerika sein. (pro)

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