Prantl: „Denken ist wichtiger als twittern“

Heribert Prantl hat auf einem Symposium der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau die besondere Rolle der Pressefreiheit und des unabhängigen Journalismus für die Demokratie hervorgehoben. Der Journalist warb für mehr Besonnenheit im Internet.
Von Norbert Schäfer
Heribert Prantl leitet das Meinungsressort bei der Süddeutschen Zeitung. Seit 2011 ist der Jurist Mitglied der Chefredaktion.

Der Münchener Publizist Heribert Prantl hat vor einer „Erregungsspirale“ gewarnt, die vor allem durch das Internet in die Medien gekommen sei. „Denken ist wichtiger als twittern“, sagte das Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) am Wochenende in Frankfurt.

Es brauche ausgedehnte Räume zur Auseinandersetzung mit Themen erklärte Prantl auf einem Symposium der Kulturstiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Diese Räume könnten die Qualitätsmedien bieten, die Prantl nach Angaben einer Pressemeldung der EKHN vom Sonntag als ein „Lebenselixier der Gesellschaft“ bezeichnete.

Keine Furcht vor „Asche des Hasses“

Der Journalist stellte vor mehr als 120 Oberstufenschülern die Pressefreiheit als „Leuchtturm-Grundrecht“ dar, das es zu schützen gelte. Gerade in Zeiten von US-Präsident Donald Trump, der täglich mit Lügen Politik mache, sei deutlich geworden, dass Aufklärung und Demokratie „nicht vom Himmel“ fielen. Es sei wichtig, sie immer wieder neu zu verteidigen.

Prantl betonte auf der EKHN-Veranstaltung in der Goethe-Universität die besondere Rolle der Pressefreiheit und des unabhängigen Journalismus in modernen Demokratien. Angesichts des zunehmenden Populismus genüge es nicht, sich vor der herabregnenden „glühenden Asche“ des Hasses zurückzuziehen. Er warb für eine demokratische Haltung in Redaktionen. Die müssten in der Gesellschaft auch dafür eintreten, „was man nicht verändern will“. Zeitungen seien zudem öffentliche Foren, um über die Zukunft der Gesellschaft zu debattieren.

Schutz der freien Presse

Die Richterin am Bundesverfassungsgericht Gabriele Britz warb auf dem Symposium für den Schutz der freien Presse und der unabhängigen Justiz. Beide würden aktuell durch Populisten öffentlich stark attackiert. Presse und Justiz seien jedoch zwingende Voraussetzung für ein Funktionieren des Rechtsstaats, sagte die Richterin nach Angaben der EKHN-Pressemeldung. Britz würdigte demnach die besondere Rolle von Minderheitsrechten in einer Demokratie. „Die Herrschaft der Mehrheit besteht immer nur auf Zeit. Aus der jetzigen Minderheit kann die künftige Mehrheit werden. Deshalb muss die Mehrheit immer offen für Alternativen und Minderheitsmeinungen bleiben“, sagte die Professorin für Öffentliches Recht und Europarecht an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.

Die Publizistin Jagoda Marinić hat auf der Veranstaltung der EKHN-Stiftung am Samstag die Ansicht vertreten, dass gegenwärtig die öffentliche Darstellung der Einwanderungssituation in Deutschland als „fake news“ zu betrachten sei. Einwanderung würde als „massenhaft und bedrohlich“ geschildert. Am Ende stehe meist die Frage der Einheimischen, ob sie diesen „Ansturm“ überstehen könnten. Tatsächlich aber sei Einwanderung in Deutschland „kein Sonder-, sondern der Normalfall“, erklärte die deutsch-kroatische Schriftstellerin und Journalistin laut der Pressemeldung.

Die EKHN-Stiftung ist die Kulturstiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie initiiert und fördert vielfältige Projekte im Dialog von Kirche und Gesellschaft. An dem Symposium unter dem Titel „Demokratie! Über die Macht des Einzelnen und die Zukunft der Gemeinschaft“ haben nach Angaben des Veranstalters am Wochenende mehr als 120 Oberstufenschülern aus dem gesamten Kirchengebiet der EKHN teilgenommen.

Von: Norbert Schäfer

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