„Pornos in der Schule gehen gar nicht“

Schüler sollten im Unterricht Pornos schauen, empfiehlt ein dänischer Sexualwissenschaftler. Im deutschen Sexualkundeunterricht gibt es zwar Doktorspielchen, aber Pornos sind strafbar.
Von PRO
Pornos können Jugendliche verstören und traumatisieren. Solche Inhalte in der Schule zu zeigen, ist in Deutschland strafbar
Ein Großteil der Teenager hat schon einmal pornografische Darstellungen auf Bildern und in Filmen gesehen. Warum also nicht Pornos in der Schule anschauen und sie so zu „kritischen Konsumenten“ erziehen? Das jedenfalls ist der Vorschlag des dänischen Sexualwissenschaftlers Christian Graugaard von der Universität Aalborg. Schüler sollten auf diese Weise lernen, wie sich die echte Sexualität von den unrealistischen Erwartungen in harten Pornos unterscheide, meldete die dänische Zeitung The Local. Schüler sollten lernen, dass ihr Sexleben nichts mit dem zu tun habe, was sie in Pornos sehen. Würden die Jugendlichen versuchen, das nachzumachen, könnte dies zu großen Enttäuschungen führen, begründet Graugaard seinen Vorschlag. Bei den Schweizer Jusos kommt die Idee gut an, schreibt das Nachrichtenportal 20 Minuten. In Deutschland ist das strafbar. „Pornos in der Schule, das geht gar nicht“, sagte Birgit Braml von der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten zu pro. Es ist rechtlich nicht erlaubt, Minderjährigen pornografische Inhalte zu zeigen, erklärte sie. „Das entspricht nicht den Regeln des Jugendmedienschutzes.“ Zudem führe es auch aus pädagogischer Sicht nicht zum Ziel. „Ich kann nicht Kinder mit Pornografie konfrontieren und sie hinterher fragen, wie es ihnen geht. Das kann sie verstören oder sogar traumatisieren.“

„Schamgefühl wird verletzt“

Die Psychotherapeutin Tabea Freitag sieht darin eine Form von sexuellem Missbrauch und zudem einen Straftatbestand, wenn Schüler Pornos schauen sollten. Dabei würde deren Schamgefühl verletzt. Das mache sie „verwundbar für weitere sexuelle Grenzverletzungen und begünstigt, dass sie zu Tätern oder Opfern sexueller Gewalt werden“, sagte sie zu pro. Gerade wenn Kinder und Jugendliche Pornos mit Erwachsenen anschauten, vermittle das eine Akzeptanz für Pornografie und animiere eher dazu, Sexualität als Konsumgut zu nutzen. Prävention durch Pornos – in diesem Ansatz sieht Freitag „die gleiche Strategie, mit der Sexualpädagogen begründen, warum man Kindergartenkinder detailliert in Wort und Bild über sexuelle Spielarten aufklären müsse“. Doch wenn das Schamgefühl der Kinder und Jugendlichen bei der sexuellen Aufklärung verletzt würde, bewirke die vermeintliche Prävention von sexuellem Missbrauch das Gegenteil. Und es gehe auch anders, erklärte Freitag. Mit dem Programm „Fit for Love?“, zur Prävention von Pornografiekonsum, das sie mit einem Team von „return – Fachstelle für Mediensucht“ in Hannover entwickelt hat, verfolgt sie eine bindungsorientierte Sexualpädagogik. Dabei werde ein „positives und ganzheitliches Verständnis von Liebe und Sexualität vermittelt und damit ein Gegenpol zur pornografischen Botschaft der Verfügbarkeit von Sex als Ware“ geschaffen.

Wie kompetent sind Jugendliche?

Dass eine Vielzahl Jugendlicher von sich aus über das Internet Pornos anschaut, lasse sich nicht verhindern, sagte Birgit Braml von der Jugendmedienschutzkommission. Sie hält es deshalb für wichtig, dass Erwachsene mit Jugendlichen über deren Erfahrungen mit Pornos sprechen. Die Initiative klicksafe.de für Sicherheit im Internet hat dafür mit dem Verein pro Familia und dem Landesmedienzentrum in Baden-Württemberg die Broschüre „Let‘s talk about Porno“ erarbeitet. Darin heißt es auch, dass die Jugendgeneration trotz ihres Pornokonsums nicht „sexuell verwahrlost“ sei. Studien zufolge arbeiteten sie „sowohl die Medien als auch die Pornografie sehr viel kompetenter in ihre Biografie ein“, als es „besorgte“ Experten annähmen. Psychotherapeutin Freitag hält es jedoch für absurd und wissenschaftlich nicht haltbar, dass Jugendliche kompetente Pornonutzer seien und locker zwischen Realität und Fiktion unterscheiden könnten. „Die Wirkmacht von sexuell erregenden Bildern ist über jede geistige Kontrolle erhaben“, sagte sie. „Bilder wirken stärker als Worte.“ Sie prägten sich auch dann ein, wenn man sich innerlich davon distanziere, sie als unrealistisch einstufe und menschenverachtend und abstoßend finde. Dies belegten nicht nur die Wirkungsforschung und psychologische Lerngesetze, sondern auch zahlreiche Erfahrungen aus Beratung und Therapie. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/journalismus/detailansicht/aktuell/sexualkunde-bussgeld-fuer-christliche-familie-90380/
https://www.pro-medienmagazin.de/paedagogik/detailansicht/aktuell/sexualkunde-mit-bibel-dildo-und-handschellen-89847/
https://www.pro-medienmagazin.de/medien/internet/detailansicht/aktuell/keine-sexuelle-verwahrlosung-87342/
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