„Politiker verdienen mehr Respekt“

Politiker verdienen für ihre Leistungen mehr Anerkennung – und sollten öfter mit Vertretern der Kirche sprechen. Das forderte die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler am Samstag auf der Tagung "Die Zukunft der Parteien" in Tutzing. 
Von PRO

"Das Fundament unserer Demokratie sind Demokraten, die sich für sie engagieren", sagte Breit-Keßler in ihrem Vortrag an der Evangelischen Akademie Tutzing unter großem Beifall der Zuhörer. "Darum empfehle ich ausdrücklich den Eintritt in demokratische Parteien." Pfarrer sollten mit ihrer Parteimitgliedschaft jedoch nicht hausieren gehen, Bischöfe und andere hohe Amtsträger sollten politisch neutral bleiben.

Die Kirchenfrau kritisierte, dass Politikern in Deutschland zu wenig Respekt entgegengebracht werde: "Politiker rangieren auf den untersten Plätzen gesellschaftlicher Wertschätzung. Menschen, die Verantwortung übernehmen, werden ganz schnell abgekanzelt". Politiker würden Opfer von Comedians und Kabarettisten, die sich über herabgezogene Mundwinkel oder sogar Rollstühle lustig machten und Amtsträger als Verbrecher bezeichneten. "Es ist gefährlich, auf diese Weise billige Lacher abzukassieren", sagte Breit-Keßler. "Demokratie kann man auch durch dumme Witze beschädigen." Intelligente Kritik und Satire sei aber legitim und notwendig.

"Reden Sie mit den Kirchen!"

"Ich erwarte von den Parteien, dass sie noch mehr ihre Berührungsängste mit den Kirchen ablegen und das Gespräch suchen", so Breit-Keßler. "Es gibt bereits gute Kontakte, aber ich kann mir das noch intensiver vorstellen." Sie appellierte an die Parteien, sich vermehrt dem Unmut in der Bevölkerung zu stellen, weniger auf Plattitüden zu setzen und stattdessen eine Sprache zu pflegen, die nicht vornehmlich von Taktik und Strategie geprägt sei.

"Es mag sein, dass Beratungsfirmen eine stärkere Polemik empfehlen, um Wahlen zu gewinnen", erklärte die Bischöfin. "Ich denke aber, dass die Menschen davon eher abgestoßen werden. Es hilft dem Ansehen der Parteien in Deutschland nicht, wenn sie sich gegenseitig ihre Seriosität absprechen." Rituale wie der "Politische Aschermittwoch" dienten vielleicht der Unterhaltung – "aber keiner sollte meinen, dass die Akzeptanz der Parteien dadurch verbessert wird".

"Religion gehört in die Öffentlichkeit"

Breit-Keßler mahnte an, dass Politiker stets respektvoll und angemessen übereinander reden sollten. Mit Parteifreunden und politischen Gegnern müsse anständig umgegangen werden. "Außerdem sollten Parteien den konstruktiven Beitrag der Kirchen zur Gesellschaft zu schätzen wissen. Religiöse Neutralität bedeutet nicht, dass Religion aus dem öffentlichen Raum verschwindet." Die Kirchen hätten zwar kein Monopol, Werte zu prägen. "Aber Freiheit und Demokratie wären ohne das christliche Menschenbild schwer zu begründen. Dazu gehört die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die soziale Marktwirtschaft, die Solidarität und Subsidiarität."

"Das Evangelium keine Privatangelegenheit für gefühlsduselige Stunden, sondern es ist hochpolitisch, weil es eine Option für Frieden und Gerechtigkeit verlangt", so Breit-Keßler weiter. "Darum erwarte ich von allen demokratischen Parteien, dass sie sich von der Forderung, die Kirchen aus dem öffentlichen Leben auszublenden, deutlich distanzieren." Eine Gesellschaft, in der Freiheit mit Verantwortung einhergehe, könne auch nicht auf das zivilgesellschaftliche Engagement aus religiöser Motivation verzichten.

Dies gelte aber auch für andere Religionen, die sich zur Demokratie bekennen. "Ich erwarte von allen Parteien, den Dialog mit den Muslimen in Deutschland voranzutreiben", sagte die Bischöfin. Und zwar "einen Dialog über den strukturellen und inhaltlichen Beitrag der Muslime zum demokratischen Gemeinwesen, ob sie diesen zu leisten bereit sind, ob sie das möchten, oder auch nicht". (pro)

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