Muss eine Partei weltanschauliche Symbole aus ihren Sitzungsräumen entfernen, wenn diese für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden? Darüber streiten Politiker in Sachsen und Brandenburg derzeit. So fordert die sächsische SPD von der CDU im Landtag, dass diese ein christliches Kreuz bei Veranstaltungen, zu denen alle Fraktionen eingeladen sind, aus ihrem Beratungssaal entfernt. Das berichtet die Nachrichtenagentur dapd. Während sich die Sozialdemokraten bei ihrer Forderung auf das Neutralitätsgebot für öffentliche Gebäude berufen, lehnt die Union ihr Ansinnen strikt ab. CDU-Fraktionschef Steffen Flath sagte laut dapd, das Kreuz hänge dort bereits seit 1993, ohne dass sich jemand daran gestört habe. Er habe die Forderung zunächst für einen Witz gehalten. "Das Kreuz bleibt dran", hieß es. Flath erklärte weiter, er sei enttäuscht und verärgert über die Haltung der SPD. Er halte die "zunehmende Entchristlichung in der Öffentlichkeit" für eine Fehlentwicklung.
Die SPD soll sich bereits im vergangenen Juli über das Kreuz in den Räumen der Union beschwert haben. In einem Brief habe die Fraktion den Landtagspräsidenten Matthias Rößler (CDU) laut dapd zum Handeln aufgefordert. Ein kürzliches Treffen der Fraktionschefs von CDU und SPD hat keine Lösung gebracht. Nun soll der Fall juristisch geprüft werden.
Kippa ja, Kreuz nein?
Ganz ähnlich verläuft derzeit auch ein Streit im brandenburgischen Landtag. Peer Jürgens, Abgeordneter der Linkspartei, fordert laut der "Preußischen Allgemeinen", dass das einzige im Landtag vorhandene christliche Symbol, ein Kreuz in den Räumen der CDU-Fraktion, bei öffentlichen Veranstaltungen abgehängt wird. Eine Sitzung des Wissenschaftsausschusses im Februar endete bereits im Eklat, nachdem Jürgens gedroht hatte, eine weitere Sitzung unter dem Kreuz nicht mehr zu akzeptieren. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Schierack wertete das als Affront und drohte damit, den Saal zu verlassen.
Jürgens findet, mit dem Kreuz verstoße die Union gegen das Neutralitätsgebot des Staates. "Ich bin jüdischen Glaubens, aber auch als Atheist hätte ich ein Problem damit", erklärte Jürgens laut den "Potsdamer Neuesten Nachrichten". So wie Parteiwerbung verschwinden müsse, wenn Fraktionsräume vom Landtag genutzt werden, wenn etwa bei Tagungen der Enquete-Kommission zur SED-Dikatur im SPD-Saal die SPD-Schilder umgedreht würden, müsse dies auch für das Kreuz gelten. Die CDU hingegen beruft sich auf die Hausordnung des Landtags, die lediglich Parteiwerbung verbietet.
Schierack mahnte ein "tolerantes Brandenburg" an. Natürlich sei es für die Union selbstverständlich, "parteipolitische Neutralität" zu wahren, "dass nichts von der CDU dort hängt", wenn im Raum Ausschüsse tagen. Beim Kreuz liege der Fall aber anders: "Das Kreuz hing immer da oben. Es ist kein Zeichen von Intoleranz, kein Missionierungssymbol", erklärte Schierack den "Potsdamer Neuesten Nachrichten". "Es ist vielmehr ein Zeichen der Toleranz", es weise darauf hin, dass der Mensch "nicht das Maß aller Dinge" sei, dass "es Höheres gibt, das kann Gott, das kann die Natur sein". Zu Jürgens‘ Vorstoß sagte Schierack: "Ich habe mehrfach erlebt, wie er mit jüdischer Kopfbedeckung aufgetreten ist. Ich akzeptiere das. Ich würde auch akzeptieren, wenn eine Abgeordnete mit Kopftuch auftritt", und weiter: "Wer für sich Toleranz in Anspruch nimmt, sollte sie anderen zubilligen."
Kreuz der Bundestags-Fraktion bleibt hängen
Die Unions-Fraktion im Bundestag bekennt sich unterdessen klar zum Kreuz in ihrem Sitzungssaal. "Das Kreuz erinnert den Christen an Gott und das Leiden Christi. Es macht diesen Raum aber nicht zur Kirche", teilte die Fraktion am Montag mit. Weiter heißt es: "Auch im säkularen Umfeld erinnert das Kreuz daran, dass alle politischen Kämpfe des Tages immer nur um ‚vorletzte‘ Dinge geführt werden, dass unser Tun und Lassen nicht der letzte Grund des Seins ist und dass es in einer höheren Verantwortung steht." Darum versammelten sich die Abgeordneten der CSU und der CDU weiterhin unter dem Kreuz. (pro)