Politiker fordern: Mehr verfolgte Christen aufnehmen

Politiker verschiedener Parteien haben sich am Samstag in Berlin dafür stark gemacht, mehr verfolgte Christen aus dem Irak in Deutschland aufzunehmen. An einer Konferenz der "Gesellschaft für bedrohte Völker" mit dem Titel "Hilfe für Christen im Nordirak" beteiligten sich neben Vertretern der Kirchen und des irakischen Staates die Parlamentarier Volker Beck (Grüne), Wolfgang Thierse (SPD) und Stefanie Vogelsang (CDU).

Von PRO

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hat am Samstag in Berlin gefordert, nicht tatenlos zuzusehen, wie Minderheiten im Irak diskriminiert würden. Religionsfreiheit sei der Schlüssel für ein friedliches Zusammenleben. Dabei dürften "keinerlei Abstriche zugelassen" werden. "Schon wer Menschen als Ungläubige beschimpft", bahne einen Weg für den Hass. Respekt hingegen sei mehr als bloßes Dulden. "Keine Religion darf zur Begründung von Gewalt missbraucht werden", sagte Thierse. Um gegen Diskriminierung vorzugehen forderte er, so viele Informationen wie möglich über die Lage der Christen im Irak zu verbreiten. "Nichts ist schlimmer als Schweigen, Vertuschen und Lügen", sagte er. Außerdem forderte er, soziale und wirtschaftliche Hilfe bereitzustellen. Auch die Aufnahme Verfolgter in Deutschland dürfe kein Tabu sein.

Beck: Zahl der Flüchtlingsaufnahmen ist beschämend

Der Grünen-Geschäftsführer Volker Beck nannte die Zahl von 2.500 Christen, die bisher aus dem Irak in der Bundesrepublik aufgenommen worden sind, eine "beschämend geringe Zahl". Er warb für mehr Unterstützung diskriminierter Minderheiten, forderte aber zugleich, dass Verfolgte aller Religionszugehörigkeiten in den Fokus genommen würden. Es sei hochgefährlich, wenn Deutschland nur Solidaritätsprogramme für Christen ins Leben riefe. Die Glaubensfreiheit müsse gefördert werden, und diese gelte eben nicht nur für Christen. Dennoch dürfe die Strategie der Islamisten im Irak nicht aufgehen, die Christen aus der Region zu vertreiben. Deshalb dürfte nicht nur die Situation von Flüchtlingen verbessert werden, sondern auch die Lage von Christen im Irak selbst.

Der Botschafter des Irak in Deutschland, Hussain M. Fadhlalla Alkhateeb, erinnerte an die christlichen Opfer religiöser Extremisten im Irak und forderte, keinen Kampf zwischen Christen und Muslimen heraufzubeschwören. Muslime seien nicht automatisch extremistisch. Die Mehrheit des irakischen Volkes respektiere alle Religionen. Doch der Terror versuche, Unsicherheiten zu verbreiten und die Demokratie im Irak scheitern zu lassen. Deshalb müssten diejenigen entlarvt werden, "die sich ein muslimisches Kleid überziehen, um Gewalt zu begehen". "Der Terror wird nicht siegen", sagte der Botschafter und erklärte, der Irak sei den Christen friedlich gesinnt. Das Land müsse sich dem Terror entgegenstellen. So bat der Botschafter die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei der Bekämpfung des Terrorismus. Die christliche Minderheit müsse "mit allen Mitteln" unterstützt werden. Der Staat müsse Bedingungen schaffen, die zuließen, dass Christen im Irak weiterleben und Flüchtlinge nach Hause zurückkehren könnten. Der Botschafter der arabischen Liga, Abdul Nabi Mussayab, erklärte seine Solidarität mit den Christen im Irak. Niemals dürfe erlaubt werden, dass "einer den anderen an den Rand der Gesellschaft stellt".

SPD-Vertreter gegen EU-Beitritt der Türkei

Auf Kritik stießen diese Statements bei der CDU-Vertreterin Stefanie Vogelsang und dem SPD-Politiker Christoph Strässer. "Man muss auch machen, was man sagt", erklärte Vogelsang. Der Exodus der Christen aus dem Irak "darf uns nicht kalt lassen", sagte sie und erklärte weiter, die Parteien in Deutschland müssten sich dafür schämen, dass sie die Menschenrechtsverletzungen in den letzten Jahren so stillschweigend hingenommen hätten und nicht laut protestiert hätten. Christen würden im Irak derzeit so zu Sündenböcken stilisiert, wie es auch mit den Juden im Dritten Reich in Deutschland geschehen sei. In diesem Sinne begrüßte die Unionspolitikerin die breite Diskussion über Christenverfolgung in den letzten Monaten. Von der irakischen Regierung forderte Vogelsang, Menschenrechtsverletzungen künftig stärker zu verfolgen und zu bestrafen. Strässer erklärte, ein Land, in dem es keine Religionsfreiheit gebe, sei per se kein demokratisches Land. In diesem Sinne kritisierte er die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshof der Türkei, Teile der Ländereien des Klosters Mor Gabriel dem Staat zuzusprechen. "Ein solches Land kann und darf nicht Mitglied der EU werden", sagte Strässer mit Blick auf die Türkei.

Der Bischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Jolius Hanna Aydin, kritisierte die irakische Regierung scharf. Man könne viel reden, Taten seien etwas anderes, sagte er in Richtung des irakischen Botschafters. Exemplarisch für die Vertreibung der Christen aus dem Orient sei die Lage Mor Gabriels. Die Bischöfe und Nonnen dort dürften nicht vertrieben werden, sagte Aydin, und weiter: "Das ist unmenschlich". Die Christen seien immer tolerant und liebten ihren Nächsten, wie es die Bibel lehre. Syrien, die Türkei und der Irak seien die Heimat dieser Christen. (pro)

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