Spahn: Keine Medikamente zur Selbsttötung freigeben

Im vergangenen Jahr entschied ein Gericht: Der Staat muss Sterbewilligen in „extremen Notlagen" ein Medikament zur Selbsttötung zur Verfügung stellen. Gesundheitsminister Jens Spahn sieht das anders und hat die entsprechende Behörde dazu aufgefordert, „solche Anträge zu versagen".
Von Anna Lutz
Jens Spahn will verhindern, dass ein Bundesinstitut Mittel zur Selbsttötung zur Verfügung stellt

Es ist ein umstrittenes Urteil, aber ein gültiges: Im März 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Schwerkranke in extremen Notlagen ein Medikament zur Selbsttötung beantragen können. Ausgegeben würde es vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Unterstellt ist dieses dem Bundesgesundheitsministerium und damit Minister Jens Spahn (CDU). Der wiederum hat sich nun gegen die Ausgabe des todbringenden Medikaments gestellt. Wie Spiegel Online berichtet, hat Spahn das Institut in der vergangenen Woche schriftlich dazu auffordern lassen, „solche Anträge zu versagen“.

Weiter soll es in dem Schreiben heißen: „Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Selbsttötungshandlungen durch die behördliche, verwaltungsaktmäßige Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb des konkreten Suizidmittels aktiv zu unterstützen.“ Laut Spiegel Online haben seit dem Urteil von 2017 108 Patienten Anträge auf ein solches Medikament eingereicht. 20 von ihnen sind bereits verstorben.

Schon Spahns Vorgänger Hermann Gröhe hatte sich gegen das Urteil des Gerichts ausgesprochen, aber keine Weisung an das Bundesinstitut ausgegeben. „Eine staatliche Behörde darf niemals Helfershelfer einer Selbsttötung werden“, sagte der CDU-Politiker damals gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zuvor hatte bereits eine Mehrheit des Deutschen Ethikrats Kritik an der richterlichen Entscheidung geübt. Das Urteil zwinge das Institut dazu, den Suizidwunsch anhand bestimmter Kriterien zu prüfen und letztlich Assistent der Selbsttötung zu sein. Das widerspreche dem Grundsatz, dass der Staat neutral gegenüber Lebenswertvorstellungen zu sein habe.

Auch der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio äußerte Anfang 2018 erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils. Aus dem Recht auf Selbsttötung lasse sich keine Pflicht des Staates ableiten, bei einem Suizid zu helfen, erklärte er. Gröhe riet er damals zu einem Nichtanwendungserlass. Dieser wollte lieber das Parlament entscheiden lassen. Sein Nachfolger hat die Fabios Vorschlag nun offenbar umgesetzt.

Von: Anna Lutz

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