„Fundamentalismus greift um sich“

Wer selbst in der Bibel liest, schützt sich vor Fundamentalismus. Das hat die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann am Freitag bei einer Tagung der SPD erklärt und vor Wohlstandspredigern gewarnt.
Von Anna Lutz
Margot Käßmann war Gast bei einer Tagung der SPD-Bundestagsfraktion

Margot Käßmann sagte bei einer Tagung des Christlichen Arbeitskreises der SPD-Bundestagsfraktion am Freitag, Reformation sei kein rein religiöser Vorgang, sondern habe immense politische Konsequenzen gehabt. Dass jeder selbst die Bibel lesen könne, sei ein Befreiungs- und Demokratisierungsschlag gewesen. Das habe gerade heute Bedeutung, denn Fundamentalismus greife in allen Religionen um sich, auch im Christentum. Dabei verwies sie auf die USA, wo in vielen Kirchen ein Wohlstandsevangelium gepredigt werde, das Reichtum mit Gottes Segen gleichsetze. Fundamentalisten wollten entgegen dem Wunsch Luthers verhindern, dass Menschen selbstständig in der Bibel lesen und über Gottes Wort nachdenken.

„Luther wäre absolut schockiert, dass die Menschen in Deutschland die Bibel nicht mehr kennen“, sagte Käßmann. Die Bibel sei ein Bildungsbuch, auch für nichtkirchlich geprägte Menschen. Sie hoffe, dass das Reformationsjubiläum auch einen Zugang für jene ermögliche, die es nicht aus religiösen Gründen feierten.

Luther, Pegida und Donald Trump

Reformation bedeute überdies, energisch für die eigene, aber auch für die Freiheit anderer einzutreten. „Das christliche Abendland wird nur verteidigt, wenn auch das Recht der anderen, frei zu glauben, verteidigt wird“, sagte Käßmann, und weiter: „Das ist ein Argument, das bei Pegida schwer ankommt.“ Die Abschätzigkeit, mit der mittlerweile über Muslime gesprochen werde, halte sie für inakzeptabel. Auf die Frage, ob Luther twittern würde, antwortete Käßmann: „Ich fürchte, ja.“ Aber sie hoffe, dass er dabei mehr nachgedacht hätte, als etwa US-Präsident Donald Trump.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warb im Deutschen Bundestag für Luther Foto: pro/Anna Lutz
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warb im Deutschen Bundestag für Luther

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann erklärte bei der Tagung im Deutschen Bundestag, die Reformation habe die Grundlagen für die moderne Welt gelegt und sei eines der wirkungsmächtigsten Ereignisse der Geschichte. Luther habe ein neues Verständnis von Gerechtigkeit etabliert, indem er erklärt habe, dass jeder Mensch vor Gott gleich sei. Außerdem habe der Reformator die Eigenverantwortung jedes Menschen betont. Deshalb inspiriere das Jubiläum dazu, sich zu fragen, wo die Werte dieser Gesellschaft entstanden seien und wie man sie verteidige. (pro)

Von: al

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