FDP-Politiker kritisiert „dröhnende Stille“ der Kirchen zu Coronakrise

In einer Online-Diskussionsrunde der Friedrich-Naumann-Stiftung hat der FDP-Politiker Stefan Ruppert über Glaubensgemeinschaften in der Corona-Krise gesprochen. Den Kirchen warf in der Krise mangelnde Präsenz und die Entfernung von ihren Kernkompetenzen vor.
Von PRO
Der FDP-Politiker Stefan Ruppert kritisiert, dass die theologische Botschaft zu selten von den Kirchen kommuniziert wird

Die Kirchen in Deutschland haben sich in der Debatte um Gottesdienstverbote zu zurückhaltend verhalten. Das sagte der scheidende religionspolitische Sprecher der FDP, Stefan Ruppert, am Montag in einem Webtalk der Friedrich-Naumann-Stiftung. Er habe in den vergangenen Wochen eine „dröhnende Stille“ der Kirchen wahrgenommen. Zwar könne er verstehen, dass in der Krise alle zusammenrücken und Verzicht üben, dennoch dürfe man nicht vergessen, dass die Gläubigen durch das Gottesdienstverbot einen großen Verlust erlitten hätten. Diesen Verlust hätten die Kirchen zu leichtfertig hingenommen.

In einer Krise, wie der aktuellen, sei es immer ein Balanceakt, die Religionsfreiheit und den Gesundheitsschutz aller in Einklang zu bringen. Dabei gehe es nicht „um ein Entweder-Oder“. Deutschland sei kein Exekutivstaat, sondern ein pluralistischer, der Diskussionen zulasse. In dieser öffentlichen Debatte sei die Kirche zu still gewesen. Ruppert vermutet den Säkularismus und die „Entkirchlichung“ in der Gesellschaft als Gründe für deren fehlende Präsenz. Die Kirche nehme im öffentlichen Raum immer weniger Platz ein und verliere so an Beachtung. Spätestens jetzt, wenn es um Lockerungen der Verbote gehe, müsse die Kirche wieder aktiv an der Debatte teilnehmen.

Hinzu käme, dass sich die Kirchen in Deutschland zu sehr von ihren eigentlichen Kompetenzen entfernt hätten, stellte Ruppert fest. In der jüngeren Vergangenheit habe sich der Fokus immer weiter weg von der theologischen Botschaft bewegt, „die nicht zuerst politische Botschaft ist“. Diese habe außerdem eine „teilweise einseitige politische Schlagseite“, kritisierte Ruppert. Anstatt auf Themen wie das Tempolimit zu setzen, müsse es wieder mehr um Seelsorge oder Nächstenliebe gehen. Außerdem forderte der FDP-Politiker, dass theologische Aussagen wieder klarer kommuniziert werden sollten.

Kritik an Staatsleistung

Ruppert machte sich im Webtalk ebenfalls für eine Ablösung der Staatsleistung an die Kirchen stark. Diese sei nicht mehr zeitgemäß. „Als Christ will ich meinen Verein selbst finanzieren und nicht vom Staat abhängig sein“, sagte der FDP-Politiker. Es sei fast schon ein Skandal, dass man immer noch keine Lösung für deren Abschaffung gefunden habe.

Mit Ausnahme von Bremen und Hamburg zahlen alle Bundesländer Staatsleistungen. Die Regelung geht zurück ins 19. Jahrhundert. Damals wurden Kirchen und Klöster im Rahmen der Säkularisierung enteignet. Als Ausgleich sprang später der Staat mit regelmäßigen Entschädigungszahlungen ein. Die Humanistische Union schätzt die Zahlungen im Jahr 2019 auf rund 538 Millionen Euro.

Von: Martin Schlorke

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