Ethnologin warnt vor politischem Islam

Ob die Islamkonferenz oder runde Tische zur Integration: Sie werden dominiert von Verbänden, die einen politischen Islam vertreten. Die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter kritisiert das mit deutlichen Worten. Der Staat müsse die Werte des Grundgesetzes stärker verteidigen. Selbst der Bundespräsident habe „Nachholbedarf“.
Von Nicolai Franz
Susanne Schröter fordert, dass der Staat den politischen Islam nicht weiter fördern solle

2006 gründete der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die „Deutsche Islamkonferenz“. Ziel der Dialogrunde war die bessere Integration von Muslimen. Bis heute gibt es sie. Doch die Verbände, deren Vertreter mit am Tisch saßen und sitzen, zogen Kritik auf sich. Denn bei den muslimischen Gesprächspartnern handelte es sich nicht um überwiegend liberale Muslime, sondern auch solche, die dem politischen Islam nahe stehen.

Susanne Schröter kritisiert das mit heftigen Worten. „Nicht nur islamistischer Terror verursacht Stress, sondern auch der politische Islam“, sagte die Frankfurter Ethnologin am Mittwoch auf einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in Wetzlar. Schröter ist Autorin des Buchs „Politischer Islam – Stresstest für Deutschland“.

Ahmadiyya stellt Scharia über Grundgesetz

Sie fordert ein Ende der Zusammenarbeit mit Verbänden wie DITIB, Ahmadiyya, dem Zentralrat der Muslime oder Millî Görüş, die immer wieder zu runden Tischen eingeladen würden und teilweise auch Geld vom Staat erhielten.

DITIB sei „nichts anderes als eine Auslandsdependance des türkischen Präsidiums für Religionsangelegenheiten“. Ahmadiyya wolle ein weltumspannendes Kalifat und stelle die Scharia über das Grundgesetz, der Zentralrat der Muslime stehe den islamistischen Muslimbrüdern nahe, Milli Görüs sei in Verfassungsschutzberichten als islamistisch und staatsfeindlich geführt worden.

Laut Schätzungen des PEW-Institutes würden 2050 ein doppelt so hoher Anteil an Muslimen in Deutschland leben wie jetzt. Deswegen müsse der Staat überlegen, welche Formen des Islams er fördern wolle und welche nicht. Im Moment würden so gut wie nur Organisationen gefördert, die den politischen Islam predigen – wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Dabei habe der Islam eigentlich „viele Gesichter“, auch liberale.

Schröter kritisierte, dass der Staat versuche, ähnlich wie im Staatskirchenrecht mit den Kirchen auch mit dem Islam umzugehen. Dies sei nicht vergleichbar. Außerdem gebe es auch keine „historischen Automatismen“, nach denen es unweigerlich zu einer Liberalisierung odere einer westlichen Variante des Islam kommen müsse. Umso stärker forderte sie die Zusammenarbeit mit liberalen Muslimen, die teils unter Polizeischutz stünden. Allerdings, das betonte die Ethnologin, kämen diese Drohungen nicht von Salafisten, sondern auch aus dem Umfeld der Verbände, mit denen der Staat zusammenarbeite.

Verbände vertreten maximal 20 Prozent der Muslime

Schwierig dabei ist, so gibt auch Schröter zu, dass es an Alternativen mangelt. Es gebe zwar liberale Muslime wie den Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi oder die Soziologin Necla Kelek. Aber nicht selten sähen sich reformwillige Muslime mit Morddrohungen konfrontiert. Schröter, die an der Frankfurter Goethe-Universität lehrt, stellte zudem ein Repräsentationsproblem fest. Selbst wenn man alle größeren muslimischen Verbände zusammenrechnet, vertreten diese maximal 20 Prozent der Muslime in Deutschland.

Die Ethnologin empfahl daher, sich am französischen Präsidenten Emanuel Macron ein Beispiel zu nehmen. Der hatte im Zuge der Gelbwesten-Proteste regionale Foren angeboten, um mit den gesprächsbereiten unter den Protestlern ins Gespräch zu kommen. Solche Formate wünschte sich Schröter auch für Deutschland, sie ließ aber selber durchblicken, dass das womöglich eher Wunschdenken ist.

Schröter plädierte für eine stärkere Durchsetzung des Rechts und der Werte des Grundgesetzes. Sie kritisierte, dass muslimische Eltern ihren Töchtern den Sport- und Schwimmunterricht verböten und dass muslimische Schüler keine Kirchen besuchen dürften. „Wir müssen verstehen, dass wir etwas zu verteidigen haben.“ Besonders die politische Linke lasse viel zu häufig eine falsch verstandene Toleranz walten. Elementare Werte des Grundgesetzes wie körperliche Unversehrbarkeit und das Recht auf Bildung seien nicht verhandelbar. „Im multikulturellen Wahn fällt das manchmal hinten runter.“ Menschenrechte würden für alle gelten.

Stattdessen registriert Schröter unter Verantwortungsträgern Naivität. Wenn etwa Bundespräsident Frank Walter-Steinmeier (SPD) den Iran zum 40. Jahrestag der Diktatur beglückwünsche, dann gebe es „ordentlichen Nachholbedarf in Sachen Aufklärung“.

Von: Nicolai Franz

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