Philipp Amthor: „Wer nicht polarisiert, verliert“

Philipp Amthor ist der Alptraum der Linken und Spottobjekt der Netzgemeinde. In Talkshows tritt er als Lebensschützer auf, von Jan Böhmermann lässt er sich live wegen seines jungen Alters vorführen und in Mecklenburg-Vorpommern kämpft er mit nur 26 Jahren für eine konservative CDU. pro hat den Bundestagsabgeordneten in Berlin getroffen und gefragt: Wieso denn bloß?
Von PRO
Philipp Amthor ist 26 Jahre alt und der jüngste direkt gewählte Bundestagsabgeordnete

Philipp Amthor ist durch seine Kritik an der AfD bekannt geworden – und wegen seiner konservativen Haltung beim Lebensschutz. Er ist der jüngste direkt gewählte Bundestagsabgeordnete, ist 26 Jahre alt und kommt aus Mecklenburg-Vorpommern. Ende Mai – nach Fertigstellung dieses Interviews – sorgte ein Video von ihm aus dem Jahr 2018 für Aufregung im Netz. Nach dem Singen der Nationalhymne auf dem Marktplatz eines kleineren Ortes ist Amthor zu hören, wie er sagt: „Ist ja keiner von uns Moslem, der das jetzt nicht singen kann.“ Kritiker warfen ihm daraufhin Rassismus vor. Amthor distanzierte sich im Nachhinein von der Aussage und erklärte: „Jeder, der mich kennt, weiß, dass es sich dabei nur um einen flapsigen Spruch handelte, mit dem ich niemanden angreifen wollte, und der so auch nicht mehr vorkommt.“

pro: Herr Amthor, wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was sollte die Welt da draußen mit Ihnen als Politiker verbinden?

Philipp Amthor: Ein Wort: Haltung. Ich stehe für meine Meinung ein. Es geht mir nicht darum ‚Everybodys Darling‘ zu sein. Die Themen Rechtsstaat und Leitkultur sind mir besonders wichtig. Vor allem zählen Inhalte und nicht Äußerlichkeiten oder Oberflächliches, etwa der Umstand, dass ich der Jüngste in der Fraktion bin oder der mit der großen Brille.

Statt mit Inhalten verknüpft man mit Ihnen ein Bild: der Streber der Nation.

Das sehe ich gelassen. Es ist doch ein Lob für einen Politiker, wenn seine Arbeit als fleißig und strukturiert wahrgenommen wird. Ich trete ja nicht an, um einen Preis als coolster Politiker der Nation zu gewinnen.

Wussten Sie, dass es bei Facebook eine Gruppe gibt, die sich Philipp-Amthor-Ultras nennt? Die posten Fotos von Ihnen mit Herzchen statt Augen und stilisieren Sie als Comicfigur Spongebob-Schwammkopf. Bei Twitter gibt es einen ähnlichen User.

Ja, die Gruppe kenne ich. Und ich finde sie teilweise sogar recht sympathisch. Es gehört doch irgendwie dazu, dass man als Politiker bei aller Ernsthaftigkeit der Sache auch mal über sich lachen können muss.

Amthor zum Besuch bei Jan Böhmermann: „Man kann sich besser dort vor Ort verteidigen, als wenn man nur in einem Sketch vorkommt.“ Foto: pro/Anna Lutz
Amthor zum Besuch bei Jan Böhmermann: „Man kann sich besser dort vor Ort verteidigen, als wenn man nur in einem Sketch vorkommt.“

Man macht eine Witzfigur aus Ihnen. Jan Böhmermann hat sich in seiner Sendung lang und breit über ihr Aussehen lustig gemacht.

Danach sehnt man sich als Politiker nicht und ich empfand das damals auch als unangebracht. Aber das ist leider die Kehrseite des öffentlichen Lebens. Kritik, die allein auf Oberflächlichkeiten beruht, nehme ich mir nicht zu Herzen. Und es gilt auch: Wer nicht polarisiert, verliert. Das heißt für mich im Umkehrschluss: Ich verstecke mich nicht und ich bin genau so, wie ich bin. Wenn sich jemand daran stört, dass ich mich als junger Mensch im Bundestag vernünftig anziehe, dann soll er sich darüber lustig machen. Deshalb absolviere ich trotzdem keine öffentlichen Auftritte im Kapuzenpullover. Politiker sind ein beliebtes Ziel von Spott und Häme im Internet. Ich mache meine Arbeit auch deshalb, weil ich das Image von Politik verbessern möchte. Es schadet dafür jedenfalls nicht, wenn man sich in der Öffentlichkeit mal ein bisschen witzig zeigt.

Deshalb haben Sie sich jüngst sogar in Böhmermanns Sendung gesetzt?

Man kann sich besser dort vor Ort verteidigen, als wenn man nur in einem Sketch vorkommt. Ich erreiche mit so einem Auftritt die jüngere Generation, und das ist wichtig.

Sie sind 26 Jahre alt, das ist Ihre eigene Generation.

Klar, und der Auseinandersetzung mit ihr will ich mich stellen. Böhmermanns Sendung fand ich sehr fair. Doro Bär war früher auch schon da oder Katarina Barley. Der Gastgeber war sympathisch und ich finde das Neo Magazin Royale selbst durchaus witzig, auch wenn Böhmermann gelegentlich übertreibt.

Sie scheuen offenbar keine Arena. Anfang März saßen Sie bei Anne Will – als einziger Mann zum Thema Abtreibung und angekündigt als Lebensschützer …

Das wäre gar nicht schlimm gewesen, gegen das Wort habe ich gar nichts, aber man nannte mich „Abtreibungsgegner“. Über den Begriff kann man streiten, aber er legt natürlich nahe, dass ich die aktuelle Gesetzeslage umwandeln will. Dafür gibt es derzeit keine Mehrheiten.

Man macht eine Witzfigur aus Ihnen. Jan Böhmermann hat sich in seiner Sendung lang und breit über ihr Aussehen lustig gemacht.

Danach sehnt man sich als Politiker nicht und ich empfand das damals auch als unangebracht. Aber das ist leider die Kehrseite des öffentlichen Lebens. Kritik, die allein auf Oberflächlichkeiten beruht, nehme ich mir nicht zu Herzen. Und es gilt auch: Wer nicht polarisiert, verliert. Das heißt für mich im Umkehrschluss: Ich verstecke mich nicht und ich bin genau so, wie ich bin. Wenn sich jemand daran stört, dass ich mich als junger Mensch im Bundestag vernünftig anziehe, dann soll er sich darüber lustig machen. Deshalb absolviere ich trotzdem keine öffentlichen Auftritte im Kapuzenpullover. Politiker sind ein beliebtes Ziel von Spott und Häme im Internet. Ich mache meine Arbeit auch deshalb, weil ich das Image von Politik verbessern möchte. Es schadet dafür jedenfalls nicht, wenn man sich in der Öffentlichkeit mal ein bisschen witzig zeigt.

Deshalb haben Sie sich jüngst sogar in Böhmermanns Sendung gesetzt?

Man kann sich besser dort vor Ort verteidigen, als wenn man nur in einem Sketch vorkommt. Ich erreiche mit so einem Auftritt die jüngere Generation, und das ist wichtig.

Sie sind 26 Jahre alt, das ist Ihre eigene Generation.

Klar, und der Auseinandersetzung mit ihr will ich mich stellen. Böhmermanns Sendung fand ich sehr fair. Doro Bär war früher auch schon da oder Katarina Barley. Der Gastgeber war sympathisch und ich finde das Neo Magazin Royale selbst durchaus witzig, auch wenn Böhmermann gelegentlich übertreibt.

Sie scheuen offenbar keine Arena. Anfang März saßen Sie bei Anne Will – als einziger Mann zum Thema Abtreibung und angekündigt als Lebensschützer …

Das wäre gar nicht schlimm gewesen, gegen das Wort habe ich gar nichts, aber man nannte mich „Abtreibungsgegner“. Über den Begriff kann man streiten, aber er legt natürlich nahe, dass ich die aktuelle Gesetzeslage umwandeln will. Dafür gibt es derzeit keine Mehrheiten.

„Eine Abtreibung ist immer die Beendigung menschlichen Lebens“

Stehen Sie dazu, dass bis zur zwölften Woche straffrei abgetrieben werden darf?

Für mich ist der gesellschaftliche Konsens wichtig, den man mit den Paragrafen 218 und 219 weitestgehend gefunden hat. Ich bin froh, dass es in Deutschland einen Kompromiss gibt und wir uns nicht in Extremen bewegen, wie etwa die US-Amerikaner, die auf der einen Seite im Staat New York Abtreibungen bis zum neunten Schwangerschaftsmonat erlauben, und auf der anderen Seite teilweise aggressiven offenen Protest gegen straffreie Schwangerschaftsabbrüche in Notsituationen haben. Unsere Regelung ist ein gesellschaftliches Paket, das man nicht aufschnüren sollte. In der aktuellen Diskussion um das Werbeverbot ging es vielen aber genau darum.

Darum geht es aber auch vielen Lebensschützern. Sie wollen eine Gesetzesverschärfung.

Es war hart, den jetzigen Kompromiss zu verteidigen. Eine Abtreibung ist immer die Beendigung menschlichen Lebens. Das schmerzt mich. Ich finde es wichtig, dass diejenigen, die für den Lebensschutz streiten, das gemeinsam tun. Und ohne Frage gibt es nicht nur Grenzüberschreitungen auf der linken Seite, sondern auch auf der Seite der Lebensschützer, denken wir zum Beispiel an Proteste unmittelbar vor Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Keine Frau macht sich diesen Weg leicht.

Warum haben Sie die Einladung in die Anne-Will-Sendung angenommen?

Da ging es sicherlich nicht um ein Gewinnerthema für mich. Es hat sich erst im Laufe der Planung gezeigt, dass außer mir nur Frauen eingeladen sein würden, und ich bin anfänglich auch davon ausgegangen, dass noch ein Kirchenvertreter da wäre. Ich habe im Vorfeld angeregt, eine Frau der Union einzuladen. Aber die Redaktion wollte ausdrücklich einen Mann. Ich fand es wichtig, dass das Thema Lebensschutz überhaupt vorkommt und dass nicht ausschließlich über die Rechte der Frauen gesprochen wird. Beides muss sorgsam gegeneinander abgewogen werden. Deshalb wollte ich nicht kneifen. Natürlich habe ich damit keinen Beliebtheitspreis auf Twitter gewonnen. Aber es kamen auch Hunderte positiver Briefe und E-Mails bei mir an, die mich zum Teil sehr berührt haben.

Es folgte ein beachtlicher Shitstorm.

Das war wie ein Pawlowscher Reflex. In den Tweets ging es dann immer um mich als konservativen, kinderlosen, jungen Mann, der auch noch eine Deutschlandfahne am Revers trägt. Inhaltliche Kritik nehme ich mir durchaus zu Herzen, aber das Thema auf meine Person zu reduzieren, wurde dem Ganzen nicht gerecht.

Woher kommt Ihre überzeugte Haltung als Lebensschützer?

Ich glaube an die unveräußerliche Würde des Einzelnen, die mit der Zeugung des Menschen beginnt. Das ist das zentrale Prinzip unserer Verfassung. Das Grundgesetz ist nicht vom Himmel gefallen. Es gleicht einem Baum, der im Humus des christlichen Abendlandes gewachsen ist. Aufklärung, Humanismus und die christliche Tradition sind Basis der Verfassung. Der einzelne Mensch steht im Vordergrund unserer Gesetze, nicht irgendeine Ideologie. Diese Idee leitet mich.

Stehen Sie dazu, dass bis zur zwölften Woche straffrei abgetrieben werden darf?

Für mich ist der gesellschaftliche Konsens wichtig, den man mit den Paragrafen 218 und 219 weitestgehend gefunden hat. Ich bin froh, dass es in Deutschland einen Kompromiss gibt und wir uns nicht in Extremen bewegen, wie etwa die US-Amerikaner, die auf der einen Seite im Staat New York Abtreibungen bis zum neunten Schwangerschaftsmonat erlauben, und auf der anderen Seite teilweise aggressiven offenen Protest gegen straffreie Schwangerschaftsabbrüche in Notsituationen haben. Unsere Regelung ist ein gesellschaftliches Paket, das man nicht aufschnüren sollte. In der aktuellen Diskussion um das Werbeverbot ging es vielen aber genau darum.

Darum geht es aber auch vielen Lebensschützern. Sie wollen eine Gesetzesverschärfung.

Es war hart, den jetzigen Kompromiss zu verteidigen. Eine Abtreibung ist immer die Beendigung menschlichen Lebens. Das schmerzt mich. Ich finde es wichtig, dass diejenigen, die für den Lebensschutz streiten, das gemeinsam tun. Und ohne Frage gibt es nicht nur Grenzüberschreitungen auf der linken Seite, sondern auch auf der Seite der Lebensschützer, denken wir zum Beispiel an Proteste unmittelbar vor Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Keine Frau macht sich diesen Weg leicht.

Warum haben Sie die Einladung in die Anne-Will-Sendung angenommen?

Da ging es sicherlich nicht um ein Gewinnerthema für mich. Es hat sich erst im Laufe der Planung gezeigt, dass außer mir nur Frauen eingeladen sein würden, und ich bin anfänglich auch davon ausgegangen, dass noch ein Kirchenvertreter da wäre. Ich habe im Vorfeld angeregt, eine Frau der Union einzuladen. Aber die Redaktion wollte ausdrücklich einen Mann. Ich fand es wichtig, dass das Thema Lebensschutz überhaupt vorkommt und dass nicht ausschließlich über die Rechte der Frauen gesprochen wird. Beides muss sorgsam gegeneinander abgewogen werden. Deshalb wollte ich nicht kneifen. Natürlich habe ich damit keinen Beliebtheitspreis auf Twitter gewonnen. Aber es kamen auch Hunderte positiver Briefe und E-Mails bei mir an, die mich zum Teil sehr berührt haben.

Es folgte ein beachtlicher Shitstorm.

Das war wie ein Pawlowscher Reflex. In den Tweets ging es dann immer um mich als konservativen, kinderlosen, jungen Mann, der auch noch eine Deutschlandfahne am Revers trägt. Inhaltliche Kritik nehme ich mir durchaus zu Herzen, aber das Thema auf meine Person zu reduzieren, wurde dem Ganzen nicht gerecht.

Woher kommt Ihre überzeugte Haltung als Lebensschützer?

Ich glaube an die unveräußerliche Würde des Einzelnen, die mit der Zeugung des Menschen beginnt. Das ist das zentrale Prinzip unserer Verfassung. Das Grundgesetz ist nicht vom Himmel gefallen. Es gleicht einem Baum, der im Humus des christlichen Abendlandes gewachsen ist. Aufklärung, Humanismus und die christliche Tradition sind Basis der Verfassung. Der einzelne Mensch steht im Vordergrund unserer Gesetze, nicht irgendeine Ideologie. Diese Idee leitet mich.

„Der christliche Glaube spielt für unser Konzept der Menschenwürde eine herausragende Rolle, denn sie sieht den Menschen als Ebenbild Gottes.“

Manch einer würde sagen, das christliche Menschenbild ist eine Ideologie.

Der christliche Glaube ist keine Ideologie. Ich komme aus einem Wahlkreis im östlichen Mecklenburg-Vorpommern. Man bezeichnet uns häufig als die Diaspora Deutschlands. Doch unabhängig von Kirchenmitgliedschaften ist die Konzeption von Gesellschaft und Mensch, wie sie im christlichen Glauben angelegt ist, Teil der intellektuellen DNA der allermeisten Menschen – auch in meiner Heimat. Der christliche Glaube spielt für unser Konzept der Menschenwürde eine herausragende Rolle, denn sie sieht den Menschen als Ebenbild Gottes. Das ist zum einen eine radikale Erhöhung des Menschen: Er ist so würdevoll wie Gott. Und andererseits eine zu Demut auffordernde Zurücksetzung, die sagt: Wir alle sind Ebenbild Gottes, auch der andere. Aus der Idee des gemeinsamen Ursprungs und der gemeinsamen Identität lässt sich auch der Stellenwert des Individuums als schützenswert ableiten. Ich schöpfe meine Überzeugung nicht nur aus tagespolitischen Opportunitäten, sondern binde sie zurück an Werte und Vorstellungen. Das ist es, was konservative Politiker ausmacht.

Jene Linken, die für eine Abschaffung des Abtreibungsverbots sind, argumentieren ebenfalls mit der Menschenwürde. Nur eben mit der der Frau.

Als Mensch ist die Frau ebenso Trägerin der Menschenwürde, aber diese ist in Einklang zu bringen mit der Würde des ungeborenen Lebens. Für so etwas ist es gut, wenn man einen Kompass hat, in meinem Fall das „C“ im Parteinamen.

Können Sie jenseits des Verfassungsrechts etwas mit dem C anfangen? Glauben Sie an Gott?

Auch in der CDU ist der private Glaube zunächst Sache des Einzelnen. Meiner Familie war der christliche Glaube nicht gegeben. Gefirmt oder konfirmiert wurden in meiner Schulzeit nur eine Handvoll Schüler. Gleichwohl kann ich sagen, dass der Glaube mir Halt und Orientierung gibt. Ich halte es in jedem Fall für lohnenswert, an der Beziehung zu Gott zu arbeiten und sie zu pflegen. Das tue ich in meinem Privatleben. Ich glaube an Gott als Vater, als Sohn und als Heiligen Geist.

Sie sagten eben, in der CDU sei der private Glaube Sache des Einzelnen. Geben Sie Ihrem Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus Recht, wenn er sagt, es könne im Jahr 2030 einen muslimischen Kanzler der CDU geben?

Auszuschließen ist das parteienrechtlich nicht. Es ist aber auch nicht realistisch.

Manch einer würde sagen, das christliche Menschenbild ist eine Ideologie.

Der christliche Glaube ist keine Ideologie. Ich komme aus einem Wahlkreis im östlichen Mecklenburg-Vorpommern. Man bezeichnet uns häufig als die Diaspora Deutschlands. Doch unabhängig von Kirchenmitgliedschaften ist die Konzeption von Gesellschaft und Mensch, wie sie im christlichen Glauben angelegt ist, Teil der intellektuellen DNA der allermeisten Menschen – auch in meiner Heimat. Der christliche Glaube spielt für unser Konzept der Menschenwürde eine herausragende Rolle, denn sie sieht den Menschen als Ebenbild Gottes. Das ist zum einen eine radikale Erhöhung des Menschen: Er ist so würdevoll wie Gott. Und andererseits eine zu Demut auffordernde Zurücksetzung, die sagt: Wir alle sind Ebenbild Gottes, auch der andere. Aus der Idee des gemeinsamen Ursprungs und der gemeinsamen Identität lässt sich auch der Stellenwert des Individuums als schützenswert ableiten. Ich schöpfe meine Überzeugung nicht nur aus tagespolitischen Opportunitäten, sondern binde sie zurück an Werte und Vorstellungen. Das ist es, was konservative Politiker ausmacht.

Jene Linken, die für eine Abschaffung des Abtreibungsverbots sind, argumentieren ebenfalls mit der Menschenwürde. Nur eben mit der der Frau.

Als Mensch ist die Frau ebenso Trägerin der Menschenwürde, aber diese ist in Einklang zu bringen mit der Würde des ungeborenen Lebens. Für so etwas ist es gut, wenn man einen Kompass hat, in meinem Fall das „C“ im Parteinamen.

Können Sie jenseits des Verfassungsrechts etwas mit dem C anfangen? Glauben Sie an Gott?

Auch in der CDU ist der private Glaube zunächst Sache des Einzelnen. Meiner Familie war der christliche Glaube nicht gegeben. Gefirmt oder konfirmiert wurden in meiner Schulzeit nur eine Handvoll Schüler. Gleichwohl kann ich sagen, dass der Glaube mir Halt und Orientierung gibt. Ich halte es in jedem Fall für lohnenswert, an der Beziehung zu Gott zu arbeiten und sie zu pflegen. Das tue ich in meinem Privatleben. Ich glaube an Gott als Vater, als Sohn und als Heiligen Geist.

Sie sagten eben, in der CDU sei der private Glaube Sache des Einzelnen. Geben Sie Ihrem Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus Recht, wenn er sagt, es könne im Jahr 2030 einen muslimischen Kanzler der CDU geben?

Auszuschließen ist das parteienrechtlich nicht. Es ist aber auch nicht realistisch.

„Ich widerspreche der These, dass der Islam Deutschland in besonderer Weise prägt. Der christliche Glaube und die christliche Religion und zuallererst das christliche Menschenbild gehören aber sehr wohl in besonderer Weise zu Deutschland. Sie sind Teil unserer Leitkultur.“

„Ich glaube nicht, dass wir gut daran tun, zu sagen, irgendeine Religion gehört im Besonderen zu Deutschland.“ Das sind Ihre eigenen Worte. Gilt das auch für das Christentum?

Da ging es um den Islam und den Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“, den ich schon deswegen ablehne, weil gar nicht klar ist, was der Islam ist. Ich widerspreche der These, dass der Islam Deutschland in besonderer Weise prägt. Der christliche Glaube und die christliche Religion und zuallererst das christliche Menschenbild gehören aber sehr wohl in besonderer Weise zu Deutschland. Sie sind Teil unserer Leitkultur.

Sie sind in Mecklenburg-Vorpommern Mitbegründer eines konservativen Kreises, der Gender Mainstreaming problematisch findet, vor Frühsexualisierung warnt und eine konsequente Umsetzung des Asylrechts fordert. Dennoch sprechen Sie sich immer wieder laut gegen die AfD aus. Was haben Sie als jemand, der sich rechts des CDU-Mainstreams bewegt, gegen eine Partei, die das auch tut?

Die AfD im Deutschen Bundestag ist keine konservative Partei rechts der Union. Ich erlebe sie zuallererst als sehr indifferente Organisation, deren verbindendes Element nicht Werte und Überzeugungen sind, sondern Ablehnung und Protest. Wenn die AfD sagt, sie sei gegen Abtreibung, das aber dann damit begründet, dass Deutschland mehr deutsche Kinder braucht, dann steht dahinter nicht der Wert des Lebensschutzes, sondern eine bevölkerungspolitische Ideologie. Konservativ ist man nicht, weil man es am lautesten ruft, sondern weil man Politik an Werte bindet. Es gibt in der AfD auch manche, die im positiven Sinne konservativ sind, auch manche, die sich von der Union abgewendet haben. Die Union muss ihren konservativen Markenkern erhalten. Wir müssen den Anspruch haben, als Volkspartei auch bis zum rechten Rand des Grundgesetzes zu integrieren. Was mir übrigens tierisch auf den Senkel geht, ist dieses Diffamieren der sogenannten Besorgten Bürger. Vom C her gedacht, ist jeder Mensch ernst zu nehmen. Es ist nichts illegitim daran, sich Sorgen zu machen.

„Ich glaube nicht, dass wir gut daran tun, zu sagen, irgendeine Religion gehört im Besonderen zu Deutschland.“ Das sind Ihre eigenen Worte. Gilt das auch für das Christentum?

Da ging es um den Islam und den Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“, den ich schon deswegen ablehne, weil gar nicht klar ist, was der Islam ist. Ich widerspreche der These, dass der Islam Deutschland in besonderer Weise prägt. Der christliche Glaube und die christliche Religion und zuallererst das christliche Menschenbild gehören aber sehr wohl in besonderer Weise zu Deutschland. Sie sind Teil unserer Leitkultur.

Sie sind in Mecklenburg-Vorpommern Mitbegründer eines konservativen Kreises, der Gender Mainstreaming problematisch findet, vor Frühsexualisierung warnt und eine konsequente Umsetzung des Asylrechts fordert. Dennoch sprechen Sie sich immer wieder laut gegen die AfD aus. Was haben Sie als jemand, der sich rechts des CDU-Mainstreams bewegt, gegen eine Partei, die das auch tut?

Die AfD im Deutschen Bundestag ist keine konservative Partei rechts der Union. Ich erlebe sie zuallererst als sehr indifferente Organisation, deren verbindendes Element nicht Werte und Überzeugungen sind, sondern Ablehnung und Protest. Wenn die AfD sagt, sie sei gegen Abtreibung, das aber dann damit begründet, dass Deutschland mehr deutsche Kinder braucht, dann steht dahinter nicht der Wert des Lebensschutzes, sondern eine bevölkerungspolitische Ideologie. Konservativ ist man nicht, weil man es am lautesten ruft, sondern weil man Politik an Werte bindet. Es gibt in der AfD auch manche, die im positiven Sinne konservativ sind, auch manche, die sich von der Union abgewendet haben. Die Union muss ihren konservativen Markenkern erhalten. Wir müssen den Anspruch haben, als Volkspartei auch bis zum rechten Rand des Grundgesetzes zu integrieren. Was mir übrigens tierisch auf den Senkel geht, ist dieses Diffamieren der sogenannten Besorgten Bürger. Vom C her gedacht, ist jeder Mensch ernst zu nehmen. Es ist nichts illegitim daran, sich Sorgen zu machen.

„Der christliche Glaube gehört in besonderer Weise zu Deutschland“, sagt Philipp Amthor Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde
„Der christliche Glaube gehört in besonderer Weise zu Deutschland“, sagt Philipp Amthor

Die CDU ist also nicht mehr konservativ genug?

Was ist denn die CDU? Sie ist jedenfalls kein monolithischer Block. Wir wollen innerhalb der Partei diese Pluralität abbilden. Es gibt für den konservativen Flügel der Union viel Begeisterung an der Basis und auch ein Bedürfnis danach. Das schließt andere Meinungen jedenfalls nicht aus. Ich sage nicht: Hier sind die Konservativen in der Union und nur das ist richtig. Aber ich sage, wir haben auch eine Berechtigung innerhalb der Partei und das ist gut so.

Was die AfD zusammenhält, ist nicht nur der reine Protest, sondern auch das Thema Flüchtlingspolitik. Sie selbst sagten dazu: „Recht muss hart und konsequent durchgesetzt werden.“ Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei verlorengegangen. Das könnte auch von der AfD stammen.

Den Satz sollte selbst ein Bundestagsabgeordneter der Linkspartei sagen können, weil geltendes Recht angewendet werden muss.

Dennoch kann man ihn als Kritik an Angela Merkel verstehen.

Die Migration mit all ihren Folgen ist für uns heute weiterhin eine Baustelle und wir haben auch innerhalb der CDU klare Antworten gefunden, die eine konsequentere Asyl- und Migrationspolitik und sogar Zurückweisungen einschließen. Man kann politisch über die Flüchtlingskrise 2015 verschiedene Meinungen haben. Ich war an vielen Stellen für einen härteren Kurs. Aber eines geht nicht: Zu behaupten, dass die offenen Grenzen damals rechtswidrig gewesen seien. Es gab verschiedene Optionen und man hat sich hier für einen politisch anders denkbaren, aber rechtmäßigen Weg entschieden. Ich kann immer nur davor warnen, denjenigen zu glauben, die auf die komplexesten Probleme die kürzesten Antworten haben. Denen sollte man mit einer gesunden Portion Skepsis begegnen.

Herr Amthor, vielen Dank für das Gespräch!

Die CDU ist also nicht mehr konservativ genug?

Was ist denn die CDU? Sie ist jedenfalls kein monolithischer Block. Wir wollen innerhalb der Partei diese Pluralität abbilden. Es gibt für den konservativen Flügel der Union viel Begeisterung an der Basis und auch ein Bedürfnis danach. Das schließt andere Meinungen jedenfalls nicht aus. Ich sage nicht: Hier sind die Konservativen in der Union und nur das ist richtig. Aber ich sage, wir haben auch eine Berechtigung innerhalb der Partei und das ist gut so.

Was die AfD zusammenhält, ist nicht nur der reine Protest, sondern auch das Thema Flüchtlingspolitik. Sie selbst sagten dazu: „Recht muss hart und konsequent durchgesetzt werden.“ Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei verlorengegangen. Das könnte auch von der AfD stammen.

Den Satz sollte selbst ein Bundestagsabgeordneter der Linkspartei sagen können, weil geltendes Recht angewendet werden muss.

Dennoch kann man ihn als Kritik an Angela Merkel verstehen.

Die Migration mit all ihren Folgen ist für uns heute weiterhin eine Baustelle und wir haben auch innerhalb der CDU klare Antworten gefunden, die eine konsequentere Asyl- und Migrationspolitik und sogar Zurückweisungen einschließen. Man kann politisch über die Flüchtlingskrise 2015 verschiedene Meinungen haben. Ich war an vielen Stellen für einen härteren Kurs. Aber eines geht nicht: Zu behaupten, dass die offenen Grenzen damals rechtswidrig gewesen seien. Es gab verschiedene Optionen und man hat sich hier für einen politisch anders denkbaren, aber rechtmäßigen Weg entschieden. Ich kann immer nur davor warnen, denjenigen zu glauben, die auf die komplexesten Probleme die kürzesten Antworten haben. Denen sollte man mit einer gesunden Portion Skepsis begegnen.

Herr Amthor, vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview finden Sie auch in der Ausgabe 3/2019 des Christlichen Medienmagazins pro. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/5667752, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.

Die Fragen stellte Anna Lutz.

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