Bundestag verurteilt Israel-Boykott

Der Bundestag missbilligt die Israel-Boykottbewegung BDS. Hinter dem Antrag der AfD, die ein Verbot fordert, vermuten die Abgeordneten falsche Absichten. Die israelische Regierung findet lobende Worte für das Votum des Parlaments.
Von PRO
Der Bundestag debattierte am Freitag über die Israel-Boykottbewegung BDS

Der Bundestag hat am Freitag für einen fraktionsübergreifenden Antrag zur Verurteilung der Israel-Boykottbewegung BDS gestimmt. Darin fordern die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, keine Projekte zu unterstützen und zu finanzieren, die zum Boykott Israels aufrufen. Für den Antrag stimmten CDU/CSU, SPD, FDP und „große Teile der Grünen-Fraktion“, wie Bundestagvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) feststellte. Die Abkürzung BDS steht für „Boykott, Desinvestition, Sanktionen“. Die weltweit agierende Bewegung wurde im Jahr 2005 von Palästinensern gegründet. Es ist keine zentral geführte Organisation, sondern eher eine lose koordinierte Kampagne. Sie sieht sich als „gewaltlose Form der Kriegsführung“ gegen Israel.

Die AfD und Teile der Linken enthielten sich bei der Abstimmung; die beiden Fraktionen hatten jeweils eigene Anträge zu dem Thema vorgelegt. Die AfD fordert dabei die Bundesregierung dazu auf, die BDS-Bewegung in Deutschland nicht nur zu verurteilen, sondern zu verbieten. Die Linke spricht sich in ihrem Antrag für eine Verurteilung von Boykottaufrufen aus.

Die AfD ließ über ihren Antrag namentlich abstimmen; er wurde, wie zu erwarten, abgelehnt. Von den Abgeordneten der anderen Fraktionen stimmte einzig Matthias Bartke (SPD) dafür.

Die israelische Regierung begrüßte das Votum des Parlaments. Der Bundestag habe die BDS-Bewegung so eingestuft, wie sie sei, nämlich antisemitisch. „Wir hoffen, dass weitere Länder dem Standard im Kampf gegen die hassversprühende Kampagne folgen, den das deutsche Parlament heute gesetzt hat“, schrieb der Sprecher des Außenministeriums, Juval Rotem, auf Twitter.

Union: BDS zielt auf Zerstörung Israels

Für die CDU/CSU-Fraktion betonte Axel Müller (CDU), dass die BDS-Bewegung Israel das Existenzrecht abspreche. Dies könne nicht gebilligt werden. Die BDS-Kampagne lasse sich von der Propaganda der NS-Diktatur beeinflussen: Wie die Nazis gefordert hätten, nicht bei Juden zu kaufen, so fordere BDS heute, keine israelischen Waren zu kaufen. Sebastian Priem (CSU) betonte, BDS habe nichts mit Kritik an der Regierung zu tun; sie sei vielmehr antisemitisch motiviert. „Die Grenze ist dort überschritten, wenn der Staat Israel delegitimiert und dämonisiert wird.“ Er ergänzte: „Ihre Aktionen zielen auf eine Zerstörung des jüdischen Staates.“ Die Sicherheit des Staates Israel sei nicht verhandelbar.

Christian Lange (SPD) betonte in seinem Redebeitrag, der Staat Israel sei ein „Wunder“. Doch seit Jahren nehme der Israelhass zu. „Wir dürfen nicht zulassen, dass in unserem Land das Existenzrecht des jüdischen Staates in Frage gestellt wird.“ Dazu gehöre auch, Boykottaufrufe nicht zu akzeptieren.

FDP: International für Israel eintreten

Omid Nouripur von den Grünen nannte als ein aktuelles Beispiel für Israel-Boykott den Eurovision Song Contest, der derzeit in Tel Aviv stattfindet. Diese Veranstaltung trage zur Völkerverständigung bei. Dass BDS dies verhindern wolle, spreche Bände. „Wir müssen das mit allem, was wir haben, zurückweisen.“ Der Antrag sei ein Zeichen dieser Haltung. „Diese Art von Polemik richtet sich nicht nur gegen Jüdinnen und Juden, sondern gegen alle Menschen in Israel.“ Kritik an der israelischen Regierung sei hingegen erlaubt, ebenso sei es legitim, palästinensische Anliegen anzusprechen.

Der Vertreter der FDP, Bijan Djir-Sarai, betonte ähnlich wie Nouripur, die BDS-Bewegung treibe einen Keil zwischen Israelis und Palästinensern. Als Beispiel nannte er ebenfalls den ESC. BDS habe Plakate aufgestellt, die das Logo der Musikveranstaltung mit SS-Runen versähen. Dies sei „nicht hinzunehmen“. „Israel hält als einziger Staat im Nahen Osten die Demokratie hoch.“ Zugleich betonte er, über den Antrag hinaus gelte es auch, international für Israel einzutreten. Er kritisierte dabei auch, wie bereits im November, das Abstimmungsverhalten Deutschlands bei den Vereinten Nationen.

AfD: Bundesregierung „stimmt mit den Judenfeinden“

Jürgen Braun von der AfD stellte in seinem Wortbeitrag heraus, dass die anderen Parteien im Gegensatz zur AfD kein BDS-Verbot fordern. Die AfD sei daher „die Partei der Freunde Israels im Bundestag“. Wie der FDP-Vertreter monierte er, dass die Bundesregierung bei den Vereinten Nationen „mit den Judenfeinden stimmt“. Zudem förderten die Parteistiftungen BDS-Projekte und seien damit „verstrickt im Netz der Judenfeinde“. Israel könne sich weder auf die linken noch auf die Koalitionsparteien verlassen.

Bundestagsvizepräsidentin Roth, die die Sitzung leitete, schalt Braun nach dessen Rede für den Begriff „Altparteien“; im Kontext der aktuellen Debatte sie dieser unangemessen. Helge Lindh von der SPD kritisierte am Antrag der AfD, der Partei gehe es gar nicht um Israel. Vielmehr sei der Antrag ein „Mittel für antimuslimischen Rassismus und Araberhetze“. Zudem gehe es der AfD darum, die Arbeit der Parteistiftungen zu zerstören. Die AfD hatte sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, Parteistiftungen abzuschaffen.

Heike Hänsel (Linke) sagte, ihre Partei lehne BDS ab, gerade auch den „generellen Boykott von Waren aus Israel“. Doch eine pauschale Kriminalisierung von BDS-Anhängern sei „problematisch“. Es gelte, Stimmen aus der israelischen Zivilgesellschaft zu hören, die den Diskurs über palästinensische Rechte zu delegitimieren versuchten. „Es hätte dem Parlament gut angestanden, wenn derartige Meinungen berücksichtigt worden wären.“ Legitime Kritik an der israelischen Regierung dürfe nicht als antisemitisch verurteilt werden. In diese Richtung argumentierte auch Lindh. Beide Seiten müssten Gehör finden, sagte der SPD-Politiker. „Dialog schlägt Boykott.“

Mario Mieruch (fraktionslos) wunderte sich, dass der Bundestag zwar in der BDS-Frage, jedoch nicht beim Abstimmungsverhalten Deutschlands auf internationaler Bühne Einigkeit zeige. Er lobte den AfD-Antrag, der aus seiner Sicht am weitesten gehe; er kritisierte jedoch Äußerungen von AfD-Mitgliedern zur Einschätzung der Nazi-Zeit und zum Holocaust-Gedenken.

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte die Debatte zu BDS im Vorfeld begrüßt: „Wir müssen jeder Form von Antisemitismus entgegentreten, auch wenn sie vermeintlich harmlos wirkt. Die Umsetzung der Ziele der BDS-Bewegung würde das Existenzrecht Israels in Frage stellen“, sagte er der „Deutschen Presse-Agentur“.

Von: Daniel Frick

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