Jens Spahn: „Als Christ und Politiker von Gott angenommen“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat in der Tageszeitung Die Welt definiert, was es für ihn heißt, „Christ und Politiker“ zu sein. Er erläutert seine eigene Bindung zum christlichen Glauben und wünscht sich, dass sich „Gläubige, Pfarrer und Bischöfe“ öffentlich zu grundlegenden Fragen äußern. Einen „religiös inspirierten oder kirchlich unterstützten Moralismus“ in der Alltagspolitik lehnt er jedoch ab.
Von Jörn Schumacher
„Denn der Katholizismus ist für mich Fundament wie Kompass.“ – Jens Spahn in einem ausführlichen Bekenntnis in der Tageszeitung Die Welt

„Mein Glaube gibt mir nicht nur spirituellen Halt. Die christliche Religion ist auch untrennbar mit unserer Kultur verbunden, dem Humanismus und unserem Menschenbild, das wir Europäer teilen“, schreibt Spahn, der sich derzeit um den Bundesvorsitz der CDU bewirbt.

„Ich bin überzeugter Katholik“, beginnt der CDU-Politiker seinen Text, der überschrieben ist mit „Glaube und Moral sind nicht dasselbe“. Die Kirche St. Georg stehe sinnbildlich „mittendrin“ in seinem Heimatort Ahaus-Ottenstein im westlichen Westfalen. Die Kirche sei „sozusagen der archimedische Punkt meiner Heimat. Kulturell und spirituell. Denn der Katholizismus, wie ich ihn von klein auf kennengelernt habe, ist für mich Fundament wie Kompass. Er gibt mir Geborgenheit und schenkt mir Gelassenheit. Religiöse Rituale habe ich als etwas Positives kennengelernt“, schreibt Spahn.

In seiner Partei, der Christlich-Demokratischen Union, sei die Frage, welche Bedeutung das „C“ im Namen hat, immer wieder ein Thema. „Die CDU war von Anfang an eine überkonfessionelle Partei“, schreibt der Politiker, und Menschen anderer Religionszugehörigkeit oder Agnostiker könnten sich in ihr ebenso zu Hause fühlen.

„Schleiermachers Trennung von Religion, Religiosität und Moral“

Angesichts der Säkularisierung sollte Religion keine Grundlage von staatlichen Handlungen mehr, sondern Privatsache sein. „Religion ist dennoch hörbar und wirkmächtig“, so Spahn. „Ich halte es für gut und wünschenswert, dass sich die Kirchen zu Wort melden, wenn es um grundsätzliche Fragen geht, die zumeist auch echte Glaubensfragen sind. Sie schärfen damit das gesellschaftliche Bewusstsein und zwingen alle Beteiligten, besonders auch uns Politiker, die eigenen Argumente zu prüfen und vielleicht sogar Kurskorrekturen im politischen Handeln vorzunehmen.“ Beispiele seien die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, die Würde von Kranken oder Sterbenden sowie Organspende.

Andererseits seien Äußerungen von Kirchenfunktionären zu Sachfragen der Tagespolitik oft „deplatziert, weil in solchen Fragen Christen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen können“. Problematisch werde es, „wenn sich Religion und Moral vermengen und auf dieser Grundlage politischer Druck ausgeübt wird“. Spahn lehnt einen „religiös inspirierten oder kirchlich unterstützten Moralismus“ ab, der in politischen Fragen fordert, „seiner engen Gesinnungsethik Folge zu leisten“.

Schon der protestantische Theologe und Staatstheoretiker Friedrich Schleiermacher habe sich vehement für eine Trennung von Religion, Religiosität und Moral eingesetzt. „Den christlichen Erlösungsglauben mit Moral gleichzusetzen, verfälsche das Evangelium, davon war der Theologe Schleiermacher überzeugt“, so Spahn. „Triviale Moralansprüche aus christlichen Symbolen herzuleiten, bekämpfte er entschieden.“

Die Geschichte habe gelehrt: „Die Moralisierung von Sachfragen, vor allem aber die Kompromisslosigkeit, mit der sie oft geschieht, bringt wenig Versöhnliches hervor.“ Die Wirklichkeit sei komplex. Der CDU-Politiker gänzt: „Christ zu sein bedeutet für mich, Demokrat zu sein“, und das Fundament dafür sei: „Argumente anhören, wägen, diskutieren“.

Spahn weiter: „Christliche Texte wie die Bergpredigt sind für jeden Christen, dem sein Glaube wichtig ist, eine Richtschnur im Leben. Sie sind Ermahnung und Ermutigung, Leuchtturm und Ankerpunkt. Für verantwortliche Politiker ist der Glaube deshalb eine wichtige Ressource – aber eben nicht ausschließlich. (…) Christ und Politiker zu sein, heißt für mich, die Augen und das Herz offen zu halten, sich die eigenen Schwächen und Fehler einzugestehen und dabei doch zu wissen, dass wir angenommen sind, wie wir sind, dass wir Fehler machen dürfen, weil wir nicht perfekt und trotzdem Gottes Geschöpfe sind.“

Von: Jörn Schumacher

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