Ägyptische „Symbolpolitik“ schadet Christen

Die Militärregierung in Ägypten fördert die Radikalisierung von Muslimen und trägt zur Unterdrückung von Christen bei. Das hat die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Mittwoch in Berlin erklärt. Anlass ist eine Reise des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages im November.
Von Anna Lutz
Kopten in Ägypten stehen unter Druck: Durch Islamisten und die Militärregierung

Die IGFM kritisiert, dass die Militärregierung in Ägypten unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi primär ihren eigenen Machterhalt vor Augen habe und so die Lage der Christen verschärfe. Inhaftierungen und Folter geschähen willkürlich. Damit fördere die Regierung die Radikalisierung im Land.

Dass ein ägyptisches Militärgericht Mitte Oktober Terroristen zum Tode verurteilt hat, die an einem Anschlag auf eine Kirche beteiligt waren, wertet die Organisation nicht als Zeichen der Rechtsstaatlichkeit. Stattdessen versuche die Militärregierung Mitglieder des Islamischen Staates in Ägypten aus eigennützigen Motiven aus dem Weg zu räumen. Gegen den Hass gegen Christen gehe die Regierung nur dann vor, wenn sie selbst einen Vorteil daraus ziehen könne. Martin Lessenthin, Sprecher des Vorstands der IGFM, nannte das am Mittwoch in Berlin „Symbolpolitik“.

Gewalt gegen Christen und Kirchen

Hosny Bebawy, ein koptischer Aktivist, erklärte vor Medienvertretern, auch von der islamischen Al-Azhar-Universität in Kairo gehe Diskriminierung aus. Dort kursierten Lehrbücher, die religiöse Minderheiten herabstuften. „Wir haben gehofft, die Situation unter Präsident Al-Sisi würde besser. Aber das Gegenteil ist geschehen.“ Der Ägypter Medhat Klada, Präsident der europäischen Union koptischer Menschenrechtsorganisationen, beklagte ein Erstarken des islamistischen Fundamentalismus in Ägypten. Darunter litten auch die Kopten. Es gebe Gewalt gegen Christen, Kirchen würden geschlossen.

Uwe Heimowski, der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz in Berlin, sagte, es gebe eine existenzielle Verunsicherung in Ägypten, Gottesdienste zu besuchen. Es könne jederzeit etwas passieren, das zeigten Anschläge und Todesopfer in jüngster Vergangenheit. Gerade kleinere Kirchen erlebten „massive Bedrohungen“, die Konversion zum Christentum sei verboten. Christen würden auch in Schulen diskriminiert – durch ausgrenzende Lehrinhalte und direkte Bedrohungen. Die Einschränkungen reichten sogar bis nach Deutschland. Im Vorfeld der Pressekonferenz habe er von Politikern und Journalisten erfahren, dass sie bedroht würden, wenn sie sich für das Thema der Religionsfreiheit in Ägypten engagierten.

Menschenrechtsausschuss trifft sich mit Kopten

Gyde Jensen (FDP), die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Deutschen Bundestag, zeigte sich schockiert über diesen Bericht. Im November reist der Ausschuss nach Ägypten. Sie erklärte, die Abgeordneten wollten so „ein wichtiges Zeichen“ setzen und sich auch mit koptischen Christen vor Ort treffen. Dramatisch verschlechtert habe sich in ihren Augen die Situation der Zivilgesellschaft im Land. Politische Stiftungen etwa könnten kaum noch frei arbeiten. Grundlegende Rechte würden „unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung eingeschränkt“.

Lessenthin erklärte, er wünsche sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein klares Zeichen und ein Eintreten für die Minderheiten in Ägypten: „Keine Blumen für Al-Sisi!“ Eine weitere Zusammenarbeit mit Ägypten müsse an Verbesserungen der Menschenrechtslage vor Ort geknüpft sein.

Von: Anna Lutz

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