Özdemir: Dem Religionslehrer „Löcher in den Bauch gefragt“

Im Interview des Evangelischen Rundfunkdienstes Baden hat der Grünen-Politiker Cem Özdemir über seine religiöse Prägung gesprochen. Er bezeichnet sich als „anatolischen Schwaben“ und sei vom evangelischen Religionsunterricht fasziniert gewesen.
Von PRO
Grünen-Politiker Cem Özdemir sprach im Interview über seine religiöse Prägung

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sprach in einem Interview des Evangelischen Rundfunkdienstes Baden über seine religiöse Erziehung und darüber, wie er seinen Kindern Religion vermittelt. „Meine Eltern haben mir beigebracht, unser Gott heißt ‚Allah‘ und der Gott der Christen ist ‚Gott‘“, sagte er im Gespräch mit Hörfunkmoderator Christian Besau. Özdemir wuchs im schwäbischen Bad Urach auf. Seine Eltern wollten, dass er am evangelischen Religionsunterricht teilnimmt. „Da lernst du auch was Richtiges“, habe seine Mutter gesagt. Dem Religionslehrer habe er „Löcher in den Bauch gefragt“. Besonders spannend habe er die Schöpfungsberichte in der Bibel und die Evangelien gefunden. Özdemir gehörte außerdem zu einer christlichen Jugendgruppe im Ort.

Sein Vater war Tscherkesse, gehörte also einem Kaukasusvolk an. Sprache und Kultur seien ganz anders als im Rest der Türkei. Die Großmutter seiner Mutter sei Griechin gewesen. Und er selbst sei in Schwaben aufgewachsen. Sein Elternhaus nennt Özdemir daher „multikulturell“. „Ich musste mich immer in andere reinversetzen, in andere Kulturen und Wertvorstellungen.“ Özdemir bezeichnet sich selbst mit einem Augenzwinkern als „anatolischen Schwaben“.

Polizeischutz nach Erdogan-Kritik

Seine Kinder versucht er, sowohl mit dem Islam als auch mit dem Christentum vertraut zu machen. Özdemirs Ehefrau ist Argentinierin und Katholikin. „Zuhause haben wir – zugegeben theologisch sehr frei interpretiert – gesagt: Der Mohammed und der Jesus sind gute Freunde und die schauen sich das an, was wir unten auf der Erde machen. Und ärgern sich manchmal tierisch, was wir mit den wunderbaren Gaben machen, die wir haben, und was wir aus all den wunderschönen Dingen machen“, sagte er im Interview. Seinen Kindern versuche er zu vermitteln, dass eigentlich jeder satt werden und ein erfülltes Leben haben könnte, wenn es in der Welt Frieden gäbe.

Bei öffentlichen Terminen steht Özdemir als Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan seit einiger Zeit unter Polizeischutz. Vor der Türkei-Wahl hatte er auch das Wahlverhalten der Deutschtürken kritisiert. Er sagt: „Meine Familie hat einiges an Einschränkungen auf sich nehmen müssen. Gerade in der ersten Zeit nach der Armenien-Resolution war auch sie Zielscheibe.“ Es habe in dem Land am Bosporus Videos von türkischen Rechtsradikalen gegeben, die Bilder seiner Frau und deren Namen für ihre Zwecke missbraucht hätten. „Gott sei Dank haben sie keine Fotos von meinen Kindern gefunden“, sagte Özdemir. Aber deren Namen seien bekannt gegeben worden. „Und ich nehme an, nicht mit guten Absichten. Die Fanatiker darf man nicht unterschätzen.“

Özdemir will sich „von denen aber nicht einschränken lassen. Die sollen nicht über mein Leben und das meiner Familie bestimmen“. Auch in politischen Fragen wolle er sich davon nicht beeinflussen lassen: „Angst sollte da kein Ratgeber sein.“

Von: Swanhild Zacharias

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