Heinrich: „Es wird ein neues Bewusstsein geschaffen“

Seit 1. Juli 2017 müssen Prostituierte ihre Arbeit anmelden. Das umstrittene Gesetz soll Sexarbeiterinnen stärker vor Ausbeutung und Zwang schützen. pro hat beim Bundestagsabgeordneten Frank Heinrich (CDU) nachgefragt, der sich in der Arbeit gegen Menschenhandel engagiert, wie er das erste halbe Jahr bewertet.
Von Johannes Blöcher-Weil
Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich

Der Bundestag hat 2016 ein Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet. Laut eines Berichts im NDR kommt das Gesetz, das seit dem 1. Juli 2017 gilt, nur schleppend in Gang. In Hamburg habe sich bisher nur ein Zehntel der Prostituierten wie vorgeschrieben bei der Sozialbehörde gemeldet. Der Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich ist trotzdem froh, dass es das Gesetz gibt.

pro: Wie bewerten Sie den Stand der Umsetzung durch die Länder ein halbes Jahr nach Einführung des Gesetzes?

Frak Heinrich: Zunächst einmal bin ich froh, dass das Gesetz überhaupt verabschiedet wurde. Es gibt ja auch in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Voraussetzungen. Die Zahlen sagen daher noch nicht so viel aus.

Wie sieht es in Ihrem Wahlkreis aus?

Ich habe gerade gestern mit der zuständigen Behörde in Chemnitz telefoniert. Dort sind prozentual schon mehr Frauen gemeldet als in Hamburg. Bildlich gesprochen wurde mit dem Gesetz eine Decke weggezogen. Auf das, was da zum Vorschein gekommen ist, können wir jetzt aufbauen. Aber auch in den Behörden gibt es noch viele Klippen, die umschifft werden.

Was meinen Sie konkret?

Generell merkt man, dass mit dem Gesetz etwas in Bewegung gekommen ist. Jetzt müssen wir noch herausfinden, was den Personen hilft, die sich bei ihrer Behörde oder den Sozialarbeitern melden. Da tauchen erste Schwierigkeiten auf. Etwa die Frage: Was passiert, wenn die Meldung in den Bundesländern unterschiedlich teuer sind? Dann könnte es zu einer Fluktuation kommen.

Sehen Sie konkreten Nachbesserungsbedarf?

Damit müssen wir uns leider noch etwas gedulden. Wir können in ein bis zwei Jahren schauen, wo wir nachbessern. Bei uns in Chemnitz hat das Gesetz dazu geführt, dass wir nach einem halben Jahr nicht mehr von einer Zahl von 250 bis 500 Prostituierten ausgehen, sondern dass es sich eher um 800 bis 1.000 Menschen handelt. Von daher sorgt das Gesetz auch gerade für eine Bewusstseins-Schaffung. Es muss sich auf jeden Fall jemand konstruktiv um diese Sachen kümmern. Generell hat die CDU in den Verhandlungen aber mehr gefordert, zum Beispiel das Mindestalter von Prostituierten auf 21 Jahre heraufzusetzen. Und diese Forderungen halte ich weiterhin für sinnvoll.

Vielen Dank für das Gespräch!

Frank Heinrich ist seit 2009 Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Chemnitz. Der Theologe und Sozialpädagoge leitete bis 1995 als Sozialarbeiter den sozialmissionarischen Dienst. 1997 wurde Heinrich ordiniert als Heilsarmeeoffizier und war Chef des Korps in Chemnitz. Der Vater von vier Kindern hat als zwei politische Themenschwerpunkte die Bereiche Menschenhandel und Religionsfreiheit.

Von: Johannes Weil

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