Streit um deutsche Leitkultur

In seinen zehn Prinzipien einer deutschen Leitkultur hebt Innenminister Thomas de Maizière (CDU) das christliche Erbe der Bundesrepublik besonders hervor. Die Deutsche Evangelische Allianz lobt die neu angestoßene Debatte. Kritik kommt aus der politischen Opposition.
Von Anna Lutz
Uwe Heimowski (rechts) freut sich darüber, dass Thomas de Maizière eine neue Debatte über eine deutsche Leitkultur angestoßen hat

Die Deutsche Evangelische Allianz befürwortet die neu angestoßene Debatte über eine deutsche Leitkultur. Das erklärte der Beauftragte des evangelikalen Dachverbands in Berlin, Uwe Heimowski, am Dienstag gegenüber pro. Er lobte den „qualifizierten Aufschlag“ Thomas de Maizières in der Bild am Sonntag. Dieser trage dazu bei, dass es nicht länger Pegida überlassen bleibe, „hier die Debatte zu bestimmen“.

In der aktuellen Ausgabe der Bild am Sonntag plädiert Bundesinnenminnister Thomas de Maizière für eine deutsche Leitkultur und stellt zehn Prinzipien vor, die diese seiner Meinung nach ausmachen. Er schreibt, Gesicht zeigen sei in Deutschland Ausdruck des demokratischen Miteinanders. „Wir sind nicht Burka.“

Unser Land ist christlich

Außerdem heißt es in dem Artikel: „In unserem Land ist Religion Kitt und nicht Keil der Gesellschaft. Dafür stehen in unserem Land die Kirchen mit ihrem unermüdlichen Einsatz für die Gesellschaft.“ Sie verbänden Menschen nicht nur im Glauben, sondern auch im täglichen Leben, etwa in sozialen Einrichtungen. Dieser Kitt entstehe auch in der Moschee oder der Synagoge. „Unser Staat ist weltanschaulich neutral, aber den Kirchen und Religionsgemeinschaften freundlich zugewandt. Kirchliche Feiertage prägen den Rythmus unserer Jahre. Kirchtürme prägen unsere Landschaft. Unser Land ist christlich geprägt“, schreibt der Innenminister.

Heimowski stellte auf Nachfrage von pro fest, wer die Werte des Grundgesetzes betonen wolle, komme „um die christlichen Wurzeln wie das zugrundeliegende Menschenbild, Luthers Freiheitsbegrif oder die katholische Soziallehre nicht herum“. Auch wenn Religion in der Vergangenheit zu Kriegen geführt habe, stärke „ein klarer Glaubensstandpunkt das politische Immunsystem gegen Ideologieanfälligkeit“. Die Ablehnung der Burka durch den Innenminister unterstützte Heimowski: „Sie ist in vielen Ländern ein Symbol der Unterdrückung von Frauen. Ich persönlich denke, dass zur Religionsfreiheit auch das Zeigen und Tragen von religiösen Symbolen gehören muss. Wenn diese die Würde von Menschen respektieren. Daher sage ich: Kopftuch ja, Burka nein.“

Peinliche Inszenierung und rechte Stimmungsmache

Während die Union dem Minister den Rücken deckt, kommt Kritik aus der Opposition. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete den Vorstoß gegenüber der Süddeutschen Zeitung als unsinnig: „Die deutsche Leitkultur ist Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grundgesetz steht.“ Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel bezeichnete de Maizières Äußerungen in einem Tweet als „peinliche Inszenierung“. Grünen-Chefin Simone Peter twitterte, Deutschland brauche statt einer Leitkulturdebatte eine neue Innenpolitik, „die Integration voranbringt, rechte Netzwerke prüft und islamistische Gefährder im Auge hat“. Parteikollege Jürgen Trittin bezeichnete die Thematisierung der Burka als „pure rechte Stimmungsmache“. Linke-Chefin Katja Kipping nannte die Debatte ein „Ablenkungsmanöver“.

Auch von rechts kam Kritik: Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry twitterte: „Modell de Maizière: Deutsche Leitkultur während der Legislatur torpedieren, zwei Wochen vor der Wahl den großen Kulturverteidiger spielen.“ FDP-Chef Christian Lindner sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Der Beitrag von Herrn de Maizière ist ein Ablenkungsmanöver. Die CDU bringt eine moderne Einwanderungspolitik mit gesetzlicher Grundlage nicht zustande. Stattdessen werden jetzt alte Debatten aufgewärmt.“ (pro)

Von: al

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