Neuer Streit um „Ehe für Alle”

Die SPD will die Eheöffnung für Schwule und Lesben noch vor der Bundestagswahl in der Großen Koalition durchsetzen. Auch in der CDU gibt es Befürworter.
Von Anna Lutz
Kanzlerkandidat Martin Schulz: Die sogenannte Ehe für Alle wird Thema im Wahlkampf

Am Dienstag tagt die Große Koalition in Berlin und das Thema des Tages ist spätestens seit dem vergangenen Wochenende gesetzt. Die SPD will die „Ehe für Alle”. Das allein ist keine Überraschung, zog sie mit diesem Anliegen doch bereits in die letzte Bundestagswahl. Seitdem jedoch ist die Freigabe der Ehe für Homosexuelle und damit auch die Angleichung des Adoptionsrechts ins Stocken geraten. Zwar beschloss die Politik in der laufenden Legislaturperiode einen Abbau steuerlicher Nachteile von Lebenspartnern. Eine völlige Gleichstellung aber war mit der CDU bisher nicht zu machen.

„CDU und CSU sollten endlich über ihren Schatten springen und die ‚Ehe für alle‘ nicht weiter blockieren“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Sonntag dem Spiegel und erklärte die Liberalisierung zu einer „Frage der Gerechtigkeit“. Schon seit längerem stand für die Koalitionstagung am Dienstag auf der Agenda, letzte noch durchzusetzende Anliegen vor der Bundestagswahl zu besprechen. Zum ersten Mal wird diese Woche auch Martin Schulz als designierter SPD-Chef an dem Treffen teilnehmen.

„Auf ein falsche Art konservativ“

Das ZDF hatte bereits Ende Februar darüber berichtet, dass der SPD-Kanzlerkandidat die Eheöffnung im Wahlkampf zum Thema machen will. Wer sich verspreche, in guten wie in schlechten Tagen füreinander da zu sein, der solle eine Ehe schließen könnnen, egal, ob es sich dabei um ein hetero- oder homosexuelles Paar handele, hieß es damals laut ZDF im Willy-Brandt-Haus. Die Partei wolle im Wahlkampf auch das volle Adoptionsrecht für Homosexuelle fordern. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) – von jeher eine Befürworterin der Eheöffnung – verstärkte die Forderung jüngst und erklärte laut der Tageszeitung Die Welt: „Politik darf Familien nicht einengen und vorschreiben, wie sie zusammen leben. Moderne Familienpolitik muss auch gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften unterstützen.“

Rückendeckung für die SPD gab es in den vergangenen Tagen bei diesem Thema nicht nur durch diverse Grünen- und Linke-Politiker. Ausgerechnet ein CDU-Mann sprang den Sozialdemokraten bei. Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte der „Bild am Sonntag“: „Dass zwei Menschen in der Ehe verbindlich füreinander einstehen, ist ein Grundwert der Union.“ Er selbst würde gerne mit seinem Lebensgefährten Kinder adoptieren. „Aber leider ist meine eigene Partei da auf eine falsche Art konservativ.“ Bisher hatten sich führende Unionspolitiker wie Fraktionschef Volker Kauder und nicht zuletzt Kanzlerin Angela Merkel skeptisch gezeigt, was das Adoptionsrecht für Homosexuelle angeht.

Nicht die Bedürfnisse der Kinder im Blick

In einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe des Nachrichtenmagazins Focus findet auch die Journalistin Birgit Kelle kritische Worte für eine völlige Gleichstellung. „Der natürlichste Lebensraum für ein Kind ist es, bei dem Vater und der Mutter groß zu werden, die es gemeinsam gezeugt haben. Die Natur ist unempfänglich für experimentelle Familiendefinitionen“, schreibt sie in einem Kommentar, und weiter: „Steht der Urzustand nicht zur Verfügung, ist die Konstellation, die dem am nächsten kommt, schlicht ein anderer Mann mit einer anderen Frau.“

Ihr Vorwurf an die Befürworter der „Ehe für Alle” lautet, sie opferten die Bedürfnisse von Kindern denen der Erwachsenen. „Wer ein Adoptionsrecht für Homosexuelle fordert, ist nicht primär am Wohl elternloser Kinder interessiert, sondern mit der – durchaus nachvollziehbaren – Sehnsucht von Erwachsenen nach einem Kind beschäftigt.“ (pro)

Von: al

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