Ein Prediger auf dem Weg ins Weiße Haus

L i t t l e R o c k (PRO) - Ein Baptisten-Prediger ist für viele evangelikale Christen in den USA zur neuen Hoffnung für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr geworden. Sollte der 52-jährige Mike Huckabee neuer Präsident der USA werden, übernähme das zweite Mal in der Geschichte ein Prediger das mächtigste Amt der Welt.
Von PRO

Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner beginnen demnächst mit den Vorwahlen der Kandidaten. Endgültig über ihren Kandidaten entscheiden die Republikaner auf dem Parteitag zwischen dem 1. und 4. September 2008; die Demokraten tun dies bereits zwischen dem 25. und 28. August 2008. Die 56. Wahl des Präsidenten der USA wird am 4. November 2008 stattfinden. Immer näher rückt daher der Termin, an dem sich die bisherigen Anhänger Bushs entscheiden müssen, wer für sie der richtige ist.

In den Umfragen schießt derzeit ein Mann nach oben, der, ebenso wie Amtsvorgänger Bill Clinton, aus dem kleinen Städtchen Hope („Hoffnung“) im US-Bundesstaat Arkansas kommt. „Vielleicht ist es ein gutes Omen“, schrieb ein Autor des Berliner „Tagesspiegel“ kürzlich.

Huckabee stammt aus einem christlich-konservativen Umfeld. Er studierte an der „Ouachita Baptist University“, einer Hochschule mit klar christlicher Ausrichtung, und schloss das Studium bereits nach zwei Jahren mit magna cum laude ab. Währenddessen moderierte er Sendungen beim lokalen christlichen Radio-Sender KVRC. Anschließend studierte er am „Southwestern Baptist Theological Seminary“ in Fort Worth, Texas. Im Alter von 21 Jahren leitete er eine christliche Werbeagentur, die auch Fernsehspots herstellte. Er rief einen 24-Stunden-Fernsehsender ins Leben und moderierte von 1984 an eine eigene Fernsehshow. Mit 23 kommt er zum christlichen Fernsehsender „LIFE Today“. Sein damaliger Chef, James Robison, sagte über ihn: „Seine Überzeugungen prägen seinen Charakter, und sein Charakter wird seine Politik prägen. Sein ganzes Leben wurde von moralischen Standards geprägt.“ Später, als Gouverneur von Arkansas, hat er Kampagnen zur Gewichtsreduzierung der Bürger seines Landes ins Leben gerufen. Die Bürger von Arkansas galten bis dato als die am wenigsten fitten im Land. Er ging mit gutem Beispiel voran, lief Marathon und verlor binnen eines Jahres 50 Kilo. „Ich fand schon immer, dass Leiter anderen nicht sagen sollten, was sie zu tun haben, wenn sie selbst nicht bereit sind, es auch zu tun.“

Schließlich wurde Huckabee Pastor in mehreren Gemeinden der Südlichen Baptisten. Von 1989 bis 1991 war er Präsident der „Arkansas Baptist State Convention“. 1996 wurde Huckabee zum Gouverneur von Arkansas gewählt. Das „Time Magazine“ nannte ihn einen der besten fünf Gouverneure der USA. Zuletzt war er Pastor in einer Baptisten-Gemeinde in Rock Creek. Sie begann 1996 mit 25 Menschen, heute zählen die Gottesdienste 5.000 Besucher. Wenn Huckabee gewählt würde, wäre er der zweite amerikanische Präsident, der früher Prediger war, nach James Garfield (1881).

Der Präsidentschaftskandidat, der Rock-Musik liebt

Huckabee selbst nannte sich einmal einen „paradoxen Republikaner“, vor allem wegen einiger Ansichten und Eigenschaften, die er nicht unbedingt als typisch für die „Grand Old Party“ ansieht. Als eine seiner Leidenschaften zählt er Musik, besonders Rock-Musik, und in einer Rockband spielt er Bassgitarre. In einem Interview mit dem Fernsehsender „abc“ sagte er: „Wenn ich Studenten sage, dass ich Musik und die Kunst liebe, fragen die verwundert, ob ich wirklich Republikaner sei, so als ob Republikaner keine Musik mögen.“

In einem Interview mit dem Wochenmagazin „Religion und Ethik“ betonte er, wie wichtig Gebet für ihn sei: „Gebet erinnert mich daran, dass es nicht nur um mich geht. Es geht um die Menschen, mit denen ich mir diesen Planeten teile, und die Gott alle geschaffen hat, und um die er sich genauso kümmert wie um mich. Er liebt mich nicht mehr als irgendeinen anderen.“

Es sei für einen Politiker wichtig, über den Glauben zu sprechen, weil er dabei helfe, einen Menschen und seine Wertvorstellungen besser kennen zu lernen. „Was die Menschen wollen, ist, dass die Kandidaten ehrlich sind.“ Deshalb wundere er sich, dass die Demokraten so oft Angst hätten, öffentlich über ihren Glauben zu reden. „Wenn ein Demokrat gläubig ist, regelmäßig betet und in die Kirche geht, warum sollte er uns das nicht mitteilen? Wenn ein Mensch ein Weltbild hat, bei dem Gott in der Mitte steht, und davon überzeugt ist, dass wir uns am Ende verantworten müssen und nicht nur untereinander, sondern vor einem Schöpfergott, der vor uns hier war und auch nach uns hier sein wird, dann wird das unser Leben beeinflussen, und das dürfte für den Wähler interessant zu wissen sein.“

Am 27. Januar 2007 beendete Huckabee sein Mandat als Gouverneur von Arkansas und offenbarte sein Interesse an einer Kandidatur für die US-Präsidentschaftswahlen. In einem Werbeclip spielt er mit den spaßigen „Fakten“ über den Action-Schauspieler Chuck Norris, der ihn im Wahlkampf unterstützt und selbst bekennender Christ ist. „Wenn Chuck Norris Liegestütze macht, drückt er sich nicht selbst nach oben, er drückt die Welt nach unten“, sagt Huckabee, und der beliebte Schauspieler kontert: „Mike ist ein authentischer Konservativer, der Prinzipien hat.“

„Politik und Glaube sind untrennbar“

Die „Washington Post“ fragte ihn einmal, wie viel Prediger in ihm stecke und wie viel Politiker, und er antwortete, er halte es für einen Fehler, dies zu trennen. „Manche Leute sagen: ‚Mein Glaube hat nichts mit meiner Politik zu tun.‘ Ich finde das problematisch. Das klingt für mich wie: ‚Mein Glaube hat ist für mein Leben nicht sehr bedeutungsvoll.‘ Ich würde sagen, mein Glaube hat vollständig etwas mit meiner Politik zu tun.“ Zudem finde er, dass die evangelikalen Christen zu wenig dafür getan hätten, ihren Glauben angemessen in der Öffentlichkeit darzustellen. Es sei der Eindruck erweckt worden, die Evangelikalen seien stets gegen etwas und nicht für etwas. „Ich glaube, wir haben unsere Arbeit miserabel gemacht und viel zu wenig Wärme und Herz gezeigt.“

Ansonsten vertritt der 52-Jährige die üblichen Ansichten eines Konservativen: er ist gegen Abtreibungen, lehnt die Evolutionstheorie ab, war für den Irak-Krieg, sagt Nein zur gleichgeschlechtlichen Ehe und Nein zu Pornografie. In seiner Amtszeit als Gouverneur von Arkansas setzte er eine besondere Art der Ehe durch: Bei der „Covenant Marriage“, die Ehepartner freiwillig schließen können, ist eine Scheidung nur bei schwerwiegenden Gründen wie Missbrauch oder Ehebruch erlaubt.

In Umfragen schießt er laut „Tagesspiegel“ wie von himmlischen Mächten geführt“ derzeit nach oben. Im richtungsweisenden Bundesstaat Iowa, wo am 3. Januar die Vorwahlen beginnen, liegt er laut einer aktuellen Umfrage der „Washington Post“ mit 24 Prozent parteiintern schon auf Platz zwei – im Vergleich zu nur acht Prozent wenige Monate zuvor. Huckabees Problem: Bis Oktober sammelte er nur 2,3 Millionen Dollar Wahlkampfspenden, sein Konkurrent Rudy Giuliani fast 50 Millionen, und Mitt Romney mehr als 60 Millionen. Doch selbst wenn er verlöre, sei für ihn Gewinnen nicht das einzig wichtige, wie er „Religion und Ethik“ anvertraute: „Manche würden sagen: ‚Die Präsidentschaft ist so wichtig‘. Ich weiß. Na und? Die Präsidentschaft ist aber nicht so wichtig wie unsere Werte und die Prinzipien, die wir im Herzen tragen. Es geht nicht nur ums Gewinnen, es geht darum, für unsere Überzeugungen einzustehen.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen