Politik – weder heilig noch schmutzig

Bundespräsident Joachim Gauck hat auf dem Katholikentag in Mannheim deutlich für ein verstärktes Engagement von Christen in der Politik geworben. Bei seiner Ansprache am Sonntag erklärte der ehemalige Pfarrer, Deutschland verdanke sein Wohlergehen auch dem christlichen Glauben, der politisches Handeln provoziert habe. 

Von PRO

Gauck appellierte an die Christen in Deutschland, sich stärker in der Politik zu engagieren. "Politik kann nicht heilig sein, aber sie ist auch keineswegs dazu verurteilt, schmutzig zu sein", sagte er beim Empfang der Erzdiözese Freiburg zum Abschluss des Katholikentages in Mannheim. Mit ihrem Einsatz könnten Christen dazu beitragen, dass die politische Welt nicht verachtet werde.

Der christliche Glaube gehört für Gauck in die Mitte der Gesellschaft: "Ich glaube auch, dass dieses Land seine Stärke und sein Wohlergehen auch daher hat, dass der christliche Glaube eben keine Privatsache war und ist, sondern immer wieder politisches Handeln provoziert hat", zitiert ihn die "Bild"-Zeitung.

Bereits jetzt gebe es etliche Christen in den deutschen Parlamenten, nicht wenige von ihnen seien durch die katholische Soziallehre geprägt worden. "Alles politische Handeln findet in der katholischen Soziallehre eine ganz gute Richtschnur", erklärte Gauck. "Ob es um die Gestaltung Europas, um Fragen der Bioethik oder um die gerechte Verteilung der Güter geht: Politisches Handeln und Entscheiden finden in der katholischen Soziallehre verlässliche Maßstäbe aus dem Glauben."

Auch beim Sturz des DDR-Regimes hätten Christen an der Spitze des gesellschaftlichen Wandels gestanden – "was für ein schönes Erinnerungsbild".

Die Politik brauche Menschen, die an eine Sache glauben, die größer ist als sie selbst, so der Bundespräsident. "Sie braucht Menschen, die eine Haltung haben und dafür mutig eintreten. Sie braucht jene überzeugten und deshalb überzeugenden Persönlichkeiten, wie sie oft und zu unserem Wohl aus kirchlicher Heimat und aus christlichem Engagement gekommen sind."

Wunsch nach gemeinsamer Eucharistie

Der Protestant und ehemalige Pfarrer Gauck machte sich zudem für die Ökumene stark. "Wir dürfen uns nicht vor Verschiedenheit fürchten." Protestanten und Katholiken sollten stärker Gemeinsamkeiten als Unterschiede herausarbeiten. "Ich träume davon, an Ihrer Eucharistiefeier einmal so teilzunehmen, dass ich Sie nicht störe, wenn ich hingehe", sagte er. Bislang dürfen Protestanten nicht das Abendmahl in der katholischen Kirche empfangen, umgekehrt ist dies möglich.

Allerdings müssten die Kirchen den Begriff Ökumene weiter fassen – bis zu denen, die nicht glauben. Die Kirchen dürften sich nicht einmauern, sondern müssten "mit denen, die uns noch nicht verstehen, in Dialog treten", sagte Gauck. Er sprach damit seine Erfahrungen in Ostdeutschland an, wo ein Großteil der Bevölkerung nicht mehr kirchlich gebunden ist.

Nicht zuletzt würdigte Gauck die Arbeit der Ehrenamtlichen. "Wie wäre es um die Kirche bestellt, wenn Sie nur durch das geistliche Amt repräsentiert wäre." Die katholische Kirche tue gut daran, den Dialog mit den Laien zu suchen. In der Abschlusspredigt des Katholikentages sei häufig die Rede vom Geist des Dialogs gewesen. "Ich habe zahlreiche Bischöfe gesehen, die dazu geklatscht haben", sagte Gauck. (pro/dpa)

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