Pionier und Missionar in der Arktis

John Sperry hat einen ungewöhnlichen Beruf. Doch für ihn war es viel mehr eine Berufung. Der Brite gilt als "Missionar der Arktis". Die Autorin Nicola Vollkommer hat in ihrem neuen Buch "Am Rande der gefrorenen Welt" die Lebensgeschichte eines Menschen beschrieben, der als junger Marinesoldat eigentlich einer gesicherten Zukunft entgegen ging. Doch dann kam für ihn – Gott sei Dank - alles ganz anders.


Von PRO

Seine Kindheit verbringt Sperry in Mittelengland. Als junger Mann erlebt er, wie die am Zweiten Weltkrieg beteiligten Nationen ihre Bevölkerung sinnlos verheizen. Für den Marinesoldaten steht ebenfalls an jedem Tag das eigene Leben auf dem Spiel. Vor allem die Ereignisse rund um den Abwurf der Atombombe in Hiroshima prägen ihn.


"Ihr sollt meine Zeugen sein bis ans Ende der Welt"



Die Autorin zeichnet nach, wie Sperry die Stimme Gottes hört und sich für einen neuen Weg entscheidet. Entgegen der anfänglichen Widerstände in der eigenen Familie, beschließt er, auf eine Bibelschule zu gehen. Dort wächst seine Überzeugung, dass sein Interesse am Volk der Eskimos eine besondere Bedeutung hat. Die Faszination der Arktis lässt ihn nicht los und er studierte Atlanten und Lexika, um immer mehr über die Region zu erfahren, in dem im Sommer permanentes Tageslicht und im Winter permanentes Dunkel herrscht.

Auf der Bibelschule lernt er auch seine spätere Ehefrau Elisabeth MacLaren kennen. Das Bibelwort "Ihr sollt meine Zeugen sein, bis ans Ende der Welt" wird zu einem der prägendsten für sein Leben. An einem Septembertag 1949 startet er zunächst nach Kanada, um ein "Stück Erde zu einem besseren Ort zu machen".


Die Probleme eines ungewöhnlichen Missionsortes



Nicola Vollkommer beschreibt eindrücklich, welche Probleme mit dem ungewöhnlichen Missionsort Arktis verbunden sind. Auch für den Lebensstil der Eskimos findet sie geeignete Worte: bodenständig, von feindlichen Kräften umgeben, ums Überleben ringend, abhängig von den Launen der Natur. Der Leser erfährt, dass der Abschiedsgruß der Eskimos nicht "Auf Wiedersehen", sondern "Falls wir uns wiedersehen" heißt.



Die kleine Siedlung Coppermine, in der Sprache der Eskimos als "Ort mit Stromschnellen" übersetzt, wird für 19 Jahre Sperrys Heimat. Bei der Ankunft mit dem Flugzeug wird ihm klar, dass die vielen Menschen nicht gekommen sind, um den neuen Pastor zu begrüßen, "sondern um die großen, blauen Postsäcke und die Kisten voller Vorräte in Empfang zu nehmen, auf die sie schon seit Wochen warteten."


Seine treuesten Mitarbeiter für die Missionsarbeit werden und bleiben seine 16 Huskys. Mit ihnen durchlebt er die Torturen der Besuchsdienste in der Weite der Arktis. Das Buch zeichnet die ersten Monate in seinem neuen Beruf und die Zeit seiner andauernden Hilflosigkeit nach. Auch die biblischen Geschichten in die Lebenswelt der Eskimos zu übertragen, erweist sich dabei als spannend.



Schicksalsschläge in der Familie



Seine Frau, die ihm nach zweieinhalb Jahren in die Arktis folgt, will er in Briefen auf die gemeinsame Arbeit vorbereiten: ihr Leben, schreibt er, würde  in keinem einzigen Punkt dem Leben einer normalen Pfarrfrau gleichen. "Wir sind beide hier, weil wir Jesus dienen, denn Christsein bedeutet, eine persönliche Entscheidung zu treffen, Jesus Christus zu folgen und ihm zu dienen", bekennen sie. Als Familie bleiben den Sperrys Rückschläge nicht erspart: Die erste Tochter Jacqueline stirbt nur zehn Stunden nach der Geburt, weil ihre Lunge zu schwach ist. Der unglaubliche Schmerz wird 1956 durch die Geburt ihrer zweiten Tochter Angela ein wenig geschmälert. 1959 kommt Sohn John zur Welt.



Auch die Ungewissheit der jungen Familie in der Zeit von Sperrys Reisen thematisiert das Buch – bis hin zur großen Wiedersehensfreude. Große Probleme die den "Missionar der Arktis" beschäftigten, waren Krankheiten wie Diphterie, Grippe, Tuberkulose und Mumps. Anfang der Siebzigerjahre brachten die Weißen dann auch sexuell übertragbare Krankheiten ins Land. "Doch die Eskimos sahen erst dann die Notwendigkeit einer aufwändigen Schlittenfahrt zur Ambulanz, wenn es schon zu spät war", heißt es in dem Buch.



Klare und einfache Predigten



Sperrys Ziel als Missionar war es, in klaren und einfachen Worten zu predigen und das Evangelium in einer Sprache verkündigen, die in die Lebenswelt der Menschen passte. Und auch der Traum einer eigenen Bibelübersetzung für die Eskimos war ihm inzwischen zu einem zwingenden Bedürfnis geworden. Der plötzliche Tod seiner Frau war noch einmal ein herber Schlag für ihn. Selbst bei seinem offiziellen Eintritt in den Ruhestand war dieser Begriff ein Fremdwort für Sperry. Seinen Lebensabend verbringt John Sperry in einem Seniorenheim im kanadischen Hay River.



In den Archiven des General-Gouvernments wurde Sperrys Vermächtnis treffend zusammengefasst: "Er hat ein besonderes Gespür für die Bedürfnisse der Inuit-Bevölkerung. Er respektiert ihre Kultur und ihre Lebensweise, lernte ihre Sprache, übersetzte ihre Gebetbücher und lebte wie einer von ihnen." Autorin Nicola Vollkommer kommt zu folgendem Fazit: John Sperry teilte mit den Menschen ihre Not, ihren Hunger und ihre Temperaturen bei bis zu minus 60 Grad. Und er übersetzte die Bibel in ihre Sprache, die keine Wörter für Baum, Schaf oder Acker kennt – und keines für Liebe. Das Strahlen der Eskimos, so Vollkommer, blieb dabei die einzige Belohnung nach der Sperry strebte.



Die Autorin ist gebürtige Engländerin und lebt in Baden-Württemberg. Dort engagiert sich die verheirateten Mutter von vier Kindern in der christlichen Gemeinde.

Nicola Vollkommer, Am Rande der gefrorenen Welt: Die Geschichte von John Sperry, Bischof der Arktis, SCM Hänssler, 14,95 Euro. (pro)

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