Pfarrerin vergleicht evangelische Landeskirche mit DDR-System

Die Pfarrerin Astrid Eichler hat sich im Streit von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) getrennt. In einem offenen Brief vermutet sie ihre „evangelikale Prägung“ als eine der Ursachen. Die Darstellung der Kirche sieht anders aus.
Von PRO
Astrid Eichler ist ab 2014 nicht mehr Pfarrerin ihrer Kirche

Eichler, die auch dem Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz angehört, war nach ihrer Ordination 1988 16 Jahre lang als Gemeindepfarrerin in Prignitz in Brandenburg tätig. Anschließend arbeitete sie mit kirchlichem Auftrag als Seelsorgerin in Berliner Gefängnissen und baute gemeinsam mit Ehrenamtlichen einen missionarischen Dienst für die Häftlinge auf. Im Januar 2011 ließ sie sich beurlauben, um sich vollzeitlich ihrer Arbeit im Verein „Es muss was Anderes geben“, einer christlichen Single-Arbeit, widmen zu können.
Über Eichlers Entlassung aus der EKBO, die Ende Dezember wirksam wird, gehen die Angaben von Pfarrerin und Kirche auseinander. Fest steht, dass Eichler die Entlassung selbst beantragt hat. Am 4. November veröffentlichte sie einen offenen Brief an die Mitglieder der Kirchenleitung, in dem sie von großen Kommunikationsschwierigkeiten mit der Kirchenleitung berichtet. Diese habe ihr im Februar 2012 in einem Brief mitgeteilt, dass es eine „grundlegende theologische Differenz“ zwischen den beauftragten Seelsorgern und Eichler gebe. Diverse Rückfragen, worin diese Unterschiede bestünden, seien ohne Antwort geblieben, so Eichler. Ihre Bitten um ein klärendes Gespräch seien vergeblich gewesen.
Laut der Evangelischen Nachrichtenagentur idea vermutete Eichler, dass ihre evangelikale Prägung und ihre Zusammenarbeit mit Freikirchlern bei der Gefängnisseelsorge damit zusammenhängt: „Wir waren den Zuständigen wohl zu fromm“, mutmaßte sie. In ihrem offenen Brief schreibt sie, ihre Annahme, in einer pluralistischen Kirche hätten verschiedene theologische Überzeugungen Platz, sei offenbar falsch gewesen. Eichler weiter: „Nach meinem Ausscheiden aus dem hauptamtlichen Dienst wurde mir, im Widerspruch zu vorher getroffenen Vereinbarungen, das ehrenamtliche Engagement durch Verantwortliche der EKBO untersagt und das Engagement der Ehrenamtlichen erheblich behindert. Offenbar, weil wir nicht auf der Linie der EKBO sind.“ Die Kirche habe Eichler zum Ende ihrer Beurlaubung vor die Wahl gestellt, entweder die ehrenamtliche Nebentätigkeit einzustellen, oder um ihre Entlassung zu bitten.

Kirche: „Hätten Eichler gerne behalten“

Die EKBO sieht die Kündigung Eichlers anders: „Wir haben in unserer pluralistsichen Kirche sehr viele Profile, die alle in der Landeskirche willkommen sind“, erklärte eine Sprecherin gegenüber pro. „Wir hätten Frau Eichler gerne dabei begleitet, die richtige Stelle zu finden, da es auch Gemeinden gibt, die Frau Eichlers Profil gerne gehabt hätten.“ Eichlers vermeintlichen Kündigungsgrund weist die Kirche zurück: „Frau Eichlers Beurlaubung war nur befristet. Es wäre möglich gewesen, die Vereinsarbeit neben dem hauptamtlichen Pfarrdienst ehrenamtlich oder in einer genehmigten Nebentätigkeit in geringem Umfang fortzusetzen.“ Eichler habe sich statt einer neuen Pfarrstelle für ihre ehrenamtliche Tätigkeit entschieden, da sie hier ihre Berufung gesehen hätte. Zu Eichlers Ärger darüber, mit der Entlassung auch die Ordinationsrechte zu verlieren, erklärt die Kirchenleitung: „Frau Eichler hat sich aus freien Stücken aus ihrem Dienst entlassen lassen. Dies hat sie selbst beantragt, und sie hat nicht gleichzeitig beantragt, ihre Ordinationsrechte beizubehalten. Dies wäre möglich gewesen.“
Bezug nehmend auf die Stellungnahme der Kirche erklärte Eichler gegenüber pro, sie frage sich, „warum ein neuer, innovativer Dienst für eine ständig wachsende Personengruppe in Gesellschaft und Kirche, nämlich Singles, weder von der EKBO noch von der EKD wahrgenommen werden will“. Sie habe eine klare Berufung für diese Arbeit, wohingegen die EKBO ihr mitgeteilt habe: „Unsere unbesetzten Stellen sind doch auch ein Ruf.“
Eichler kritisierte zudem den mangelnden Willen zur Diskussion innerhalb der Kirche. So sei es beispielsweise nicht möglich, die eigene Sorge um den Kurs der Kirche zum Ausdruck zu bringen: „Kann es wirklich sein, dass es mir nicht erlaubt ist, mir Sorgen um meine Kirche zu machen?“ fragt sie in ihrem offenen Brief. „Ich mache mir Sorgen um die DDR – das war einer der Sätze, durch die man zum Staatsfeind werden konnte.“ So, wie sich in der DDR nur die Führungsspitze sorgen dürfe, sei es beinahe auch in der Kirche, bemüht Eichler einen extremen Vergleich. Auch in der DDR hätten die Behörden dann angeboten: „Sie können die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR beantragen.“ Von ähnlicher Qualität ist für Eichler das, was ihr widerfahren ist. (pro)

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