Pfarrer: „Kirche im Westen hat viel von der im Osten zu lernen“

Der MDR geht dem Bedeutungsverlust der Kirchen nach. Pfarrer Justus Geilhufe vertritt die Ansicht, dass die Kirche in Westdeutschland viel von der im Osten lernen muss, um in einer säkularen Gesellschaft weiter zu bestehen.
Von Norbert Schäfer
MDR „Fakt ist!"

Am Montag hat sich der MDR in der Sendung „Fakt ist!“ mit dem Mitgliederschwund und dem Bedeutungsverlust der Kirchen in den neuen Bundesländern beschäftigt. Der Pfarrer Justus Geilhufe rechnet damit, dass sich die Mitgliederzahlen der Kirchen in den alten Bundesländern sich denen in den neuen Bundesländern angleichen werden. „Der einzige Erfolg der DDR war, die Kirche zu ruinieren“, erklärte der Pfarrer im sächsischen Großschirma. Die DDR habe als religions- und kirchenfeindliches Regime den Christen 40 Jahre lang Gewalt angetan.

Zahlen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz zeigen, dass 2022 noch jeder Zweite (52 Prozent) Mitglied einer christlichen Konfession in Deutschland war. In Ostdeutschland traf das 2022 nur noch auf jeden Fünften zu. Weniger als 15 Prozent der Ostdeutschen waren im Jahr 2022 noch Mitglied in einer evangelischen Landeskirche, weniger als fünf Prozent gehörten der katholischen Kirche in den neuen Bundesländern an.

Keine christliche Sozialisation zur DDR-Zeit

Geilhufe geht in der Sendung mit den beiden Moderatoren Lars Sänger und Andreas Menzel davon aus, dass die Bindung an die Kirchen auch in den neuen Bundesländern weiter nachlassen wird. „Ich glaube, dass die Kirche im Westen deshalb sehr viel von der Kirche im Osten zu lernen hat“, erklärte Geilhufe. Die Kirche im Osten habe 30 Jahre Erfahrung mit einem entkirchlichten Land. Darin liege ein „immenser Erfahrungsschatz“. In einer mehrheitlich atheistisch geprägten Gesellschaft zu leben, fechte ihn nicht an, erklärte Geilhufe. Seine Arbeit als Pfarrer trage „große Frucht“. Die Taufen würden die Austritte aufwiegen, sagte er in der Sendung. Seinen Optimismus schöpft der Pfarrer nach eigenem Bekunden aus seinem Glauben.

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Als einen Grund für das schwindende Interesse an der Kirche in den neuen Bundesländern nannte Anja Siegesmund, Präsidentin des Evangelischen Kirchentags 2025, die mangelnde christliche und kirchliche Erziehung in den Familien zur DDR-Zeit. Die Kirche habe zudem nach der Wende nicht verstanden, die Jugendlichen auf kommunikativem Weg zu erreichen und den Menschen das zu senden, was sie brauchten.

Der Soziologe Hartmut Rosa machte die Generationenfolge verantwortlich für den Glaubensschwund im Osten. Die christliche Sozialisation schleife sich nach zwei oder drei Generationen in einer zunehmend säkularen Gesellschaft ab. Zur Zeit der Wende habe die Kirche einen „Schutzraum“ zur Verfügung gestellt und damit eine große Rolle gespielt. Diesen Raum zur politischen Betätigung hätten die Menschen nach der Wende auch an anderen Orten gefunden und die Kirche habe an Bedeutung verloren.

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