Es wirkte fast gemütlich, wie Margot Käßmann und Kabarettist Erwin Pelzig sich am 17. Dezember bei Weihnachtspunsch in der ARD-Sendung "Aufgemerkt! Pelzig unterhält sich" mit dem Unterschied zwischen katholisch, evangelisch und orthodox oder dem Thema Frauen hinter der Kanzel auseinander setzten. Während Käßmann in den letzten Tagen eher durch sozialkritische Forderungen von sich reden machte -, mehr Klimaschutz, weniger Konsum – zeigte sie sich bei der ARD locker und schlagfertig – auch wenn es um schwierige Themen, etwa die Stellung des Islam in Deutschland, ging.
Lange Haare, keine Absätze
Zumindest das Punschtrinken sei für sie nicht allzu ungewöhnlich, erklärte Käßmann. Auch bei Gesprächen mit Kollegen, etwa dem Münchner Bischof Reinhard Marx, stoße man mal mit einem Gläschen Wein an. Schwieriger bis unmöglich würden hingegen künftig Treffen mit russisch-orthodoxen Vertretern. Was Pelzig kabarettistisch als "talibanös" verpackte, ist leicht erklärt: Die russisch-orthodoxe Kirche lehnt die Stellung der Frau als Kirchenvorsitzende ab. Daher wird es künftig zu keinen Treffen zwischen Patriarch und Bischöfin kommen. Als Frau in einem hohen Kirchenamt sei sie immer wieder mit "kurioser" Kritik konfrontiert, sagte Käßmann. Sie erhalte etwa Briefe, in denen – mit biblischen Begründungen – gefordert werde, sie solle sich die Haare lang wachsen lassen oder keine Absätze tragen.
Man könne sich aus der Bibel ja alles zurechtlesen, erklärte Pelzig und fragte, wie beliebig die Schrift eigentlich sei. Käßmann antwortete: "Gott liebt die Menschen mit ihren Schwächen." Diese eine Botschaft könne man eindeutig aus der Bibel lesen, wenn man sie als Ganzes verstehe. "Ich bin ja schon froh, dass Sie überhaupt noch biblische Bildung haben, dem Gideon-Bund sei Dank", sagte Käßmann weiter. Viele Menschen in Deutschland wüssten nichts mehr über das Wort Gottes.
"Keine Angst vor dem Islam"
Was sie von Saisonchristen halte, fragte Pelzig weiter. "Ich freue mich über jeden, der kommt", entgegnete Käßmann. Sie hoffe, dass so mancher an Heiligabend in der Kirche spüre, dass der Gottesdienst seiner Seele gut tue und so vielleicht wiederkomme. Die Kirche müsse deutlich machen: "Wir sind auch für dich da, wenn du sonst im Jahr nicht kommst." Der Kirchgang demonstriere aber auch die eigene innere Haltung. Käßmann appellierte: "Zeigt, das ihr echte Christen seid, dann braucht ihr auch keine Angst vor dem Islam zu haben."
Sie sei dankbar für die Religionsfreiheit in Deutschland, diese mache es Anhängern verschiedener Religionen möglich, miteinander ins Gespräch zu kommen. Derzeit verzeichne die Evangelische Kirche in Deutschland jährlich 60.000 Eintritte, 9.000 davon seien katholische Konvertiten. Von Abwerben wollte Käßmann dennoch nicht sprechen. Die Konfessionen verbinde mehr als sie trenne. In der Adventszeit treibt Käßmann vor allem ein Thema um: Die Menschen müssten "irgendwann mal aufhören zu shoppen" und nachdenken, warum Advent eigentlich gefeiert werde. (pro)