Partygirls im Kloster: Begegnung mit Folgen

Wenn jugendliche Partygirls ins Kloster einziehen, könnten die Lebenswelten kaum gegensätzlicher sein. Das Reality-Format „Ab ins Kloster!“ setzt genau darauf. Auch wenn es auf Konflikte angelegt ist, hat es doch eine bedenkenswerte Botschaft und macht gelebtes Christsein sichtbar. Eine TV-Kritik von Jonathan Steinert
Von PRO
Die vier Teenager wollen kaum glauben, was die Schwestern von ihnen verlangen: das Smartphone für 24 Stunden abzugeben und morgens um 6:30 Uhr zur Andacht zu erscheinen

Vier Teenager-Mädchen, deren Leben sich nur um ihr Aussehen und Instagram, Alkohol und Partys dreht, für eine Woche im Kloster – da liegt die Spannung schon in der Versuchsanordnung. Die hat sich die TV-Produktionsfirma Imago TV ausgedacht. „Ab ins Kloster! Rosenkranz statt Randale“ heißt das Format, dessen erste Folge am Montag auf Kabel 1 ausgestrahlt wurde und auch online zu sehen ist.

Emy, 19 Jahre, langes blondes Haar, sagt in einem Selfie-Video über sich: „In meinem Leben gibt es keine Regeln und die wird es auch nie geben.“ Partys und Shoppen – also nicht das „normale, trashige H&M oder so was“, sondern es muss schon etwas Luxus sein –, das sind so die Dinge, mit denen sie ihr Leben füllt. Ihren mehr als 34.000 Followern auf Instagram präsentiert sie sich sexy und lasziv. Auch die 16-jährige Alessia ist ein Partygirl, das Shoppen liebt und mit seinen Eltern so lang diskutiert, bis es seinen Willen – und das nötige Geld dafür – bekommt. Im Zweifel schlägt sie auch mal zu. Vivien, ebenso alt, trinkfest und drogenerfahren, will einmal Model werden. Ihre Eltern haben sich gerade getrennt. Emma, 18, betrinkt sich gern, ist deshalb auch schonmal im Krankenhaus gelandet. Sie liebt die Gothic-Mode, findet den Satan gut und hat ein großflächiges Pentagramm oberhalb ihrer Brust tätowiert.

Es ist ein soziales Experiment: Die vier Mädchen wissen, dass sie für ein paar Tage in ein völlig fremdes Umfeld kommen werden, begleitet von der Kamera. Aber wo genau sie landen, erfahren sie erst, als sie da sind: bei den Franziskanerinnen vom göttlichen Herzen Jesu im Kloster Gengenbach. Dort sollen sie mit den Schwestern und ihrem strengen Tagesrhythmus leben, mitarbeiten und dabei erfahren, dass im Leben mehr zählt als Handy, Geld, Party, Schminke und Klamotten.

Die Eskalation muss kommen

Die Herausforderung beginnt spätestens mit der Bitte, die Handys zumindest für 24 Stunden abzugeben. Die Teenies lassen sich widerwillig darauf ein, eine Verlängerung der Abstinenz können die Schwestern ihnen nicht abringen. Die nächste Spannung liegt im frühen Aufstehen: 6:30 Uhr ist die Morgenandacht, zu der auch die Mädchen erscheinen sollen. Regeln, Disziplin, Struktur – das alles ist ihnen offenbar völlig fremd, glaubt man dem, was sie selbst über ihr Leben erzählen. Folglich tun die vier sich auch schwer damit, dass die Schwestern ihnen Dinge vorschreiben und auch darauf bestehen, dass Regeln eingehalten werden.

Zu den Konfliktlagen zwischen den Mädchen und den Ordensschwestern kommt die zwischen den Teenies. Die IT-Girls Emy und Alessia können mit den anderen beiden wenig anfangen, vor allem nicht mit Emma, ihrem Gothic-Style und den schwarz bemalten Lippen. Die fühlt sich irgendwann von den drei Stunden Arbeit und der Disziplin überfordert und fürchtet einen Burn-Out. Alessia macht die Birnen- und Kürbisernte im Klostergarten Spaß, auch wenn sie Angst um ihre Fingernägel hat, und sie ist motiviert, am nächsten Morgen auch pünktlich zum Gottesdienst zu erscheinen. Was natürlich nicht gelingt. Vivien bleibt dem Arbeitseinsatz gleich ganz fern, weil sie tief traurig ist und keine Lust mehr auf das Leben hat. Das finden die anderen ungerecht. Insta-Star Emy meint, dass sie das alles ohnehin nicht nötig habe, und fängt an, die Schwestern zu provozieren und Regeln bewusst zu brechen.

Alessia und Emy brechen das Experiment vorzeitig ab Foto: kabel eins
Alessia und Emy brechen das Experiment vorzeitig ab

Es kommt, wie es kommen muss, zur Eskalation: Emy und Alessia steigen vorzeitig aus. Während die erste grußlos das Klostergelände verlässt, müssen Alessias Eltern erst einwilligen, da sie noch minderjährig ist. Weil die Schwestern sie nicht vorher gehen lassen wollen, wird sie aggressiv und geht sogar auf einen Kameramann los. Aber am Ende entschuldigt sie sich noch bei den Schwestern und nimmt halbwegs versöhnlich Abschied.

Bedingungslose Nächstenliebe statt Social-Media-Likes

Die anderen beiden scheinen in den verbleibenden Tagen richtig aufzublühen. Die Schwestern schaffen es, Begabungen in ihnen zu entdecken und sie ganz gezielt zu fördern. Vivien bekommt Freude daran, kreativ Kerzen und Engelfiguren zu gestalten. Emma hilft in der Kleiderkammer mit und lässt sich sogar schweren Herzens darauf ein, ihr Pentagramm-Tattoo auf die Bitte der Schwestern hin mit einem Schal zu bedecken. Eine Schlüsselerfahrung ist für sie die Betreuung älterer Schwestern. Die beiden Teenies spielen mit ihnen Mensch-ärgere-dich-nicht, die Alten singen Volkslieder. Das erinnert das Mädchen mit der ausgefallenen Mode an ihre verstorbene Oma, deren Tod sie sehr mitgenommen hatte. Sie vertraut sich einer Schwester an und entzündet sogar eine Kerze in der Kirche. Das ist eine der stärksten Szenen in dieser Episode.

Und auch der Abschied wird emotional. Trotz aller Vorbehalte und Spannungen sind den beiden Mädchen, die bis zum Schluss durchgehalten haben, die Schwestern ans Herz gewachsen – und umgekehrt. Und es wird deutlich, dass die Teenies sich verändert haben. „Da ist ein Strahlen auf Ihren Gesichtern“, sagt eine der Schwestern beim abschließenden Gespräch zu ihnen. Und das wirkt echt. Emma nimmt sich vor, ehrenamtlich in der Altenpflege zu arbeiten. Viviens Vater bemerkt: Seine Tochter grinst ihn an und lacht, das habe sie zu Hause lange nicht gemacht.

Vivien (links) und Emma bleiben die ganze Woche im Kloster und entdecken ganz neue Seiten an sich Foto: kabel eins
Vivien (links) und Emma bleiben die ganze Woche im Kloster und entdecken ganz neue Seiten an sich

Das Reality-Format fokussiert natürlich die Konflikte dieser Konstellation. Aber es hat einen erkennbaren pädagogischen Sinn, der über reine Unterhaltung und Lust an der Konfrontation hinausgeht. Es geht um die Suche danach, was im Leben wichtig ist. Wie es für ein solches Format üblich ist, gibt es immer wieder kurze Einzelaufnahmen der Beteiligten, in denen sie reflektieren, wie sie diese oder jene Situation gerade fanden, was sie über andere denken oder wie sie sich selbst sehen. Der Zuschauer ist auch dabei, wie die Schwestern über die Schwierigkeiten des Experiments sprechen und über den Umgang mit den Teenies, wie sie erschrecken über die Handy-Abhängigkeit der Mädchen, über ihre Orientierungslosigkeit im Leben. Und wie sie mit Ernsthaftigkeit, aber sehr viel Wertschätzung und Liebe einerseits auf ihren Regeln beharren, andererseits den Mädchen immer wieder helfen, durchzuhalten und Schritte zu gehen, um sich selbst und einen Sinn im Leben zu finden. Papst Franziskus gehe zu den Rändern der Gesellschaft, nun seien die Ränder zu ihnen gekommen, stellen sie in einer Besprechung fest.

Die an dem Projekt beteiligten Schwestern investieren viel persönliche Energie, um die Mädchen zu erreichen. Bedingungslose Nächstenliebe, das ist ihr Motto – und das wird sichtbar. Der tränenreiche Abschied, der sowohl den Mädchen als auch den Schwestern schwer zu fallen scheint, zeigt, dass diese Art von Beziehung und Zuwendung mehr bietet als das eher oberflächliche Party- und Social-Media-Leben, das die Mädchen bisher führten. Schade nur, dass der Glaube der Schwestern und ihre Spiritualität ansonsten kaum Raum gefunden haben in der Episode.

Den Schwestern gebührt Respekt

In einem Interview von katholisch.de sagt die Generaloberin des Klosters, Schwester Michaela Bertsch, noch einmal werde der Orden so ein Projekt nicht machen – auch wenn die Erfahrung an sich gut gewesen sei. „Es waren einfach Welten zwischen uns und den Mädchen. Wir haben der Produktionsfirma immer gesagt, das passt nicht zusammen. Das ist eine zu große Herausforderung für beide Seiten. Da sind Konflikte vorprogrammiert und vielleicht sogar einkalkuliert. Und dafür wollten wir eigentlich keine Plattform bieten.“ Sie hätten auch Angst gehabt, wie sie als Kloster in der Öffentlichkeit bei so einem auf Konflikt angelegten Format rüberkommen. Das ist nachvollziehbar.

Aber diese Angst dürfte sich nicht bestätigt haben. Der Film stellt das klösterliche Leben mit seiner Spiritualität, den Regeln, der Disziplin, der etwas weltfremd wirkenden Mode und Lebensweise als einen Ort dar, wo Menschen angenommen sind, Sinn, Halt und Orientierung finden können. Es gehört großer Mut dazu, sich als Klostergemeinschaft so einem Format auszusetzen. Und sicher wird es Spuren hinterlassen – im Leben der Schwestern wie auch der Mädchen und vielleicht bei manchen Zuschauern. Auf jeden Fall haben die Schwestern damit ein öffentliches Zeugnis gelebten Christseins gegeben. Dafür gebührt ihnen Dank und Respekt.

Diese erste Staffel von „Ab ins Kloster!“ hat noch drei weitere Episoden in anderen Klöstern, noch eine mit vier Mädchen und zwei mit je vier Jungs. Sendetermine: 7. April, 18:05 Uhr; 11. April, 20:15 Uhr; 14. April, 18:05 Uhr, jeweils auf Kabel 1.

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