Auf dem derzeit stattfindenden Parteitag der US-Republikaner in Charlotte, North Carolina, nehmen Trump und seine Parteikollegen die evangelikalen Wähler ins Visier ihrer Wahlkampfstrategie. Das zeigen das Programm und die eingeladenen Persönlichkeiten, berichtet die Zeitung Christianity Today.
Zwischen den Reden und in den Ausschüssen seien immer wieder Zeiten für Gebete und individuelle Anbetungszeiten eingeplant. Das sei ein Zeichen dafür, dass das Thema Glaube ein wichtiger Bestandteil des Wahlkampfes sei, berichtet die amerikanische Zeitschrift. So habe die Trump-Beraterin und ehemalige Staatsanwältin Kimberly Ann Guilfoyle eine „leidenschaftliche Rede“ über Trumps Vision für sein Land gehalten, „das im Gebet niederknie und für seine Flagge eintrete“. Der ehemalige Footballstar Herschel Walker habe ebenfalls auf dem Parteitag erklärt, wie oft er für den Präsidenten bete: „Ich bete jede Nacht, dass Gott ihm mehr Zeit in seinem Amt gibt. Gebt ihm vier weitere Jahre.“ Der Pastor der Megachurch „Harvest Christian Fellowship“, Greg Laurie, der schon oft bei Trump im Weißen Haus zu Besuch war, erklärte, man müsse „biblisch denken und wählen“.
Auftritt von Billy Graham am Donnerstag
Auch die „Billy Graham Evangelistic Association“ (BGEA) hat Trump auf seiner Seite. Geistliche der Vereinigung, die aus der Arbeit des bekannten Evangelisten Billy Graham entstand, seien auf den Straßen in Charlotte in der Nähe des Kongresszentrums unterwegs, wo der Parteitag der Republikaner stattfindet. Die Geistlichen böten dort Gebete an. Der 2018 verstorbene Billy Graham war 1918 in Charlotte zur Welt gekommen.
Der Vorsitzende der BGEA und Sohn von Billy Graham, Franklin Graham, soll am Donnerstag auf dem Parteitag ein öffentliches Gebet sprechen. Er hatte schon bei der Vereidigung Trumps im Jahr 2017 gebetet. Graham sei „der größte evangelikale Name“, der auf dem Programm des Parteitags auftauche, aber nicht der einzige, schreibt Christianity Today. Myron Lizer, Vizepräsident des größten Indianerreservats Navajo Nation in den USA und ehemaliger Pastor einer Freikirche in Arizona, sprach am Dienstag. Er habe Trumps Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus gelobt, obwohl amerikanische Ureinwohner eigentlich zu den größten Opfern der Pandemie gehören, berichtet die Wiener Zeitung. Viele andere Navajos würden Trump als Präsidenten ablehnen, berichtet auch Christianity Today. So sei der Präsident der Navajo Nation, Jonathan Netz, Demokrat.
Am Montagabend trat der evangelikale Pastor Andrew Brunson auf. Brunson war früher Missionar in der Türkei und wurde dort 2016 inhaftiert. 2018 wurde er auf Druck des US-Präsidenten freigelassen und konnte ausreisen. Zusammen mit anderen Amerikanern, die in Übersee gefangen gehalten und befreit worden waren, dankte er Trump für dessen Engagement bei den Befreiungsaktionen.
Trump habe eine Vision für Amerika, in der jeder Gläubige seine Religion ohne Angst ausleben könne, sagte die Republikanerin Nikki Haley. Es gehe ihm um ein Land, „in dem jedes Mädchen und jeder Junge, jede Frau und jeder Mann egal welcher Herkunft und Religion“ die bestmöglichen Chancen auf „das beste Leben“ bekomme.
US-Außenminister Mike Pompeo habe die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem gelobt, was besonders bei den Evangelikalen gut ankomme, berichtet Christianity Today. Allerdings habe er damit gegen die diplomatische Praxis verstoßen, als Außenminister seine Position im Kabinett nicht zu missbrauchen und sich aus Wahlkämpfen herauszuhalten. Das hätten ihm die Demokraten anschließend vorgeworfen, berichtet tagesschau.de.
Das Pew Research Center veröffentlichte in der vergangenen Woche eine Studie, wonach 82 Prozent der weißen Evangelikalen planen, Trump wieder zu wählen. Unter allen US-Christen seien es 55 Prozent. Schwarze Protestanten hingegen unterstützten zu 88 Prozent den Kandidaten der Demokraten, Joe Biden.
Von: Swanhild Zacharias