Papst-Rede im Bundestag: Linke gespalten

Am 22. September spricht der Papst im Bundestag. Viele Abgeordnete betrachten die Rede des Pontifex mit Argwohn, ja Ablehnung. Gar die Hälfte aller Abgeordneten der Linksfraktion wird der Bundestags-Rede fernbleiben. Darauf macht die "Mitteldeutsche Zeitung" in ihrer Ausgabe vom heutigen Dienstag aufmerksam.
Von PRO

Man habe sich in der Fraktion darauf verständigt, auf Proteste im Plenarsaal zu verzichten, sagte die Abgeordnete Petra Sitte dem Blatt. Die eine Hälfte der Fraktion werde der Rede lauschen. Darunter auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden Gesine Lötzsch, Klaus Ernst und Gregor Gysi. Die Rest werde an der Gegendemonstration in der Hauptstadt teilnehmen, zu der etwa 20.000 Menschen erwartet werden.

Die "Mitteldeutsche Zeitung" beschreibt in ihrem Beitrag, wie die einzelnen Fraktionen die Papstrede wohl aufnehmen dürften. So seien von der CDU und CSU keine Proteste zu erwarten. Die FDP verstehe sich als freiheitliche Partei. "Nicht alle Liberalen werden dem Papst innerlich wohl gesonnen sein. Doch das wird man kaum merken", heißt es in dem Bericht. Ungeachtet der Tatsache, dass Benedikt vom Ältestenrat des Bundestages einvernehmlich eingeladen worden sei, sehe die Sache bei der Opposition anders aus.

Fraktionen füllen leere Plätze mit externen Gästen

So meldet die Nachrichtenagentur dpa, dass auch bei SPD und Grünen zahlreiche Abgeordnete nicht zu der Rede kommen wollen. Konkrete Zahlen lägen noch nicht vor, weil die Abfragen bei den Abgeordneten noch laufen. Bei den Sozialdemokraten werde damit gerechnet, dass mindestens ein Viertel ihrer 146 Parlamentarier – vor allem aus Ostdeutschland – die Rede boykottiert. Bei den Grünen halte man es für möglich, dass sogar ein Drittel ihrer Abgeordneten nicht kommt. Alle Fraktionen hätten sich darauf verständigt, leere Plätze durch ehemalige Abgeordnete aufzufüllen. Dazu sei bereits eingeladen worden.

Bei den Sozialdemokraten mache der Abgeordnete Rolf Schwanitz von sich reden, schreibt die "Mitteldeutsche Zeitung". Der konfessionslose Parlamentarier, der in Thüringen geboren wurde und für den sächsischen Vogtlandkreis im Bundestag sitzt, ist Sprecher der Gruppe "Laizisten in der SPD", die die rigorose Trennung von Kirche und Staat fordert. Der Ex-DDR-Bürger bescheinige sich eine größere Sensibilität als anderen, da er in einem Staat gelebt habe, in dem die ideologische Indoktrination zum Tagesgeschäft gehörte. Schwanitz werde nicht da sein, wenn der Papst spricht. Er will sich einer Demo anschließen.

Solch ein Verhalten sieht der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende Hans-Jochen Vogel gelassen. Im Gespräch mit derselben Zeitung antwortet er auf den Hinweis, dass manche Abgeordnete der Meinung sind, ein Religionsführer habe im Bundestag nichts zu suchen: "Das ist eine höchst persönliche Entscheidung, die ich nicht kommentiere." Im Übrigen sei es aber nicht das erste Mal, dass ein Papst vor einem Parlament spricht. Nicht in der Bundesrepublik, aber in vielen vergleichbaren Ländern habe es solche Reden schon gegeben. Auch bei den Vereinten Nationen sei der Papst bereits als Redner eingeladen gewesen und habe gesprochen.

Die "Mitteldeutsche Zeitung" vermutet, dass bei den Grünen deren Parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck wohl die größte Spannung in sich selbst auszuhalten hätte. Beck sei schwul und fühle sich wegen der ablehnenden Haltung des Vatikan zur Homosexualität verständlicherweise auch persönlich betroffen. Er habe anfangs den geplanten Auftritt kritisiert. Jetzt versuche er den Spagat. "Wir gehen selbstverständlich hin und behandeln ihn als Gast mit dem gebührenden Respekt", zitiert das Blatt Beck. Zugleich mache er sich stark dafür, dass außerhalb des Plenarsaals Proteste stattfinden können.

Auch seine Fraktionskollegin und Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt findet den Protest zum Papst-Besuch "gut und richtig". Gegenüber der "Wetzlarer Neuen Zeitung" sagt sie, niemand solle damit hinter dem Berg halten, was ihn bewegt. "Ich finde, der Papst sollte wahrnehmen, dass er in ein Land kommt, in dem sich zum Beispiel Homosexuelle durch die Sexualmoral der Katholischen Kirche verletzt fühlen." Sie selbst sei neugierig auf das, was der Papst zu sagen habe. "Andere nicht. Dafür habe ich volles Verständnis. Es steht jedem Abgeordneten frei, der Papst-Rede zuzuhören oder eben nicht. Und sollte sich jemand entscheiden, während der Rede zu gehen, ist das auch seine Freiheit. Das wird den Papst nicht aus der Fassung bringen." Göring-Eckardt wird als Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland auch an dem halbstündigen Gespräch des Papstes mit evangelischen Kirchenvertretern am 23. September in Erfurt teilnehmen. (pro/dpa)

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