Papst-Enzyklika: „Echte Weltautorität dringend nötig“

Am heutigen Dienstag erscheint die dritte Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI. In seiner neuen Schrift "Caritas in veritate" (In der Liebe ist Wahrheit) äußert er sich zur ethischen Verantwortung in Zeiten der Globalisierung. Ein Themenschwerpunkt ist die Wirtschaftskrise.
Von PRO

Ethische Normen und die Entwicklung der Menschen in einer globalisierten Welt sind Thema des neuen Schreibens des Papstes. „‚Caritas in veritate‘ nimmt soziale Themen auf, die in der Enzyklika meines Vorgängers Paul VI. mit dem Titel Populorum progressio 1967 beschrieben worden sind. Mein Schreiben soll einige Aspekte der allgemeinen Entwicklung unserer Zeit vertiefen – im Licht von Liebe und Wahrheit“, erklärte das katholische Oberhaupt laut „Tagesschau“ vor einer Woche. Die Enzyklika wurde am heutigen Mittag in Rom vorgestellt und wird nun an Buchhandlungen in der ganzen Welt versandt. Rund 600.000 Exemplare sind bereits gedruckt.

Der Papst fordert in ihr nichts geringeres, als die Schaffung einer „Weltautorität“. Diese sei „dringend nötig“, um die Weltwirtschaft zu steuern, zitiert „Spiegel Online“ aus dem Schreiben. „Die ganzheitliche Entwicklung der Völker und die internationale Zusammenarbeit erfordern, dass eine übergeordnete Stufe internationaler Ordnung von subsidiärer Art für die Steuerung der Globalisierung errichtet wird“, so der Papst. Diese Autorität müsse jenseits von UN und WTO liegen und befugt sein, sich „gegenüber den Parteien, den eigenen Entscheidungen wie auch den in den verschiedenen internationalen Foren getroffenen abgestimmten Maßnahmen Beachtung zu verschaffen.“

Pro Globalisierung – aber nur mit klaren Regeln

Einen Mangel an Ethik sehe der Papst, berichtet die „Tagesschau“. Zum Thema Globalisierung heißt es, er lehne sie nicht grundsätzlich ab, sondern fordere klare Vorgaben. Man brauche neue Regeln und einen allumfassenden ethischen Konsens, um die Welt und ein Wirtschaftssystem zu regieren, in dem alles mit allem zu tun habe, hieß es gestern vonseiten der italienischen Bischofskonferenz. Die Enzyklika soll schon lange fertig gewesen sein, als der Papst die Veröffentlichung im Herbst noch einmal zurückzog und wichtige Passagen zur Krise ergänzte. So äußerte er sich in jüngster Vergangenheit: „Ich wünsche mir, dass es von allen Seiten ein neues Engagement gibt, um effektiv gegen Wucher und Erpressung vorzugehen. Beides schafft ein demütigendes Sklaventum“, zitiert ihn die „Tagesschau“ und vermutet: „Das neue Lehrschreiben des Papstes erscheint sicher nicht zufällig einen Tag vor dem G8-Gipfel in L’Aquila.“

Andere Passagen der Enzyklika beschäftigen sich mit der Arbeitslosigkeit: „Die Wunde der Arbeitslosigkeit muss alle Verantwortlichen dazu bringen, egal ob im öffentlichen Dienst oder Unternehmer, mit der Hilfe aller nach echten Lösungen der Beschäftigungs-Krise zu suchen – indem sie zum Schutz der Familien neue Arbeitsplätze schaffen“, hatte Benedikt XVI. bereits öffentlich erklärt. Die „Tagesschau“ berichtet von Auszügen der neuen Enzyklika, in denen stehe: Den Hungernden Essen zu geben sei eine ethische Verpflichtung der Kirche. Der Zugang zu Lebensmitteln und Trinkwasser seien universelle Rechte.

„Ohne Wahrheit gibt es kein Gewissen“

Vor allem aber gehe es dem Papst um die Nächstenliebe und ein daran orientiertes ethisches Verhalten. „Spiegel Online“ zitiert: „Die gesamte Wirtschaft und das gesamte Finanzwesen“ müssen ethisch sein, „und das nicht nur durch eine äußerliche Etikettierung, sondern aus Achtung vor den ihrer Natur selbst wesenseigenen Ansprüchen.“ „Ohne Wahrheit, ohne Vertrauen und Liebe gegenüber dem Wahren gibt es kein Gewissen und keine soziale Verantwortung: Das soziale Handeln wird ein Spiel privater Interessen und Logiken der Macht, mit zersetzenden Folgen für die Gesellschaft, um so mehr in einer Gesellschaft auf dem Weg zur Globalisierung und in schwierigen Situationen wie der Augenblicklichen.“ Weiter heißt es: „Die ‚Stadt des Menschen‘ wird nicht nur durch Beziehungen auf der Grundlage von Rechten und Pflichten gefördert, sondern noch mehr und zuerst durch Verbindungen, die durch Unentgeltlichkeit, Barmherzigkeit und Gemeinsamkeit gekennzeichnet sind.“

Eine „Enzyklika“ ist ein kirchliches Rundschreiben. Seit dem 18. Jahrhundert gilt es als Lehrschreiben des jeweiligen Papstes an die katholische Kirche. „Caritas in Veritate“ ist das achte derartige Schreiben eines Papstes zur katholischen Soziallehre. Benedikts erste Enzykliken hatten die christliche Liebe und die Hoffnung zum Thema. „Spiegel Online“ nannte die aktuelle Enzyklika eine „Generalabrechnung mit den Götzen Liberalismus, Profit und der allgemeinen Haltung, ’niemandem etwas schuldig zu sein außer sich selbst'“.

„Freiheit & Verantwortung“ ordnet Sozialenzyklika ein

Die Enzyklika erscheint hierzulande etwa als Beiwerk des Buches „Freiheit & Verantwortung – Wegweisungen in Zeiten der Wirtschaftskrise“ im St. Benno-Verlag. Das 160 Seiten umfassende Buch zeigt Joseph Ratzingers sozialethische Entwicklung bis hin zur neuen Sozialenzyklika. Das Buch beinhaltet außerdem christliche Lösungsansätze und Kommentare zur Krise in der Wirtschafts- und Arbeitswelt, etwa von Erzbischof Robert Zollitsch oder Erzbischof Reinhard Marx. Letzterer plädiert für ein gesundes Gewinnstreben, eine Bankenaufsicht und einen steten kritischen Blick auf die Zinspolitik. „In der aktuellen Situation sind wir gefordert, der Gesellschaft Richtschnur zu geben! Selten gab es in der Gesellschaft so fruchtbaren Boden für christliche Werte und Grundhaltungen“, schreibt Marx. (PRO)

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