„Panorama“: Über ein Missionswerk, Evangelikale und die Kirche
Das ARD-Magazin "Panorama" hat sich am Donnerstag in einer Reportage dem Thema Mission, Evangelikale und Kirche gewidmet. Drei Reporterinnen gaben sich als "strenggläubige Christinnen" aus, filmten etwa in einer Einrichtung des charismatischen Missionswerkes "Jugend mit einer Mission" mit versteckter Kamera.
Von PRO
Foto: ARD/pro
Das ARD-Magazin "Panorama" wollte nach eigenen Angaben herausfinden, "wie junge Menschen dazu gebracht werden, sich in Lebensgefahr zu begeben". Mit versteckter Kamera drehen drei Journalistinnen für das Magazin in der "Jüngerschaftsschule" der Organisation "Jugend mit einer Mission" im sächsischen Herrnhut. Die Reporterinnen tarnen sich als "fromme Christinnen" – denn "den Medien gegenüber schottet sich die Gruppe ab, auch uns will sie dazu kein Interview geben". Sie filmen mit versteckter Kamera, ohne Ton. Gezeigt werden Bilder etwa eines Lobpreisabends, an dem junge Menschen mit erhobenen Händen singen, ein junger Mann predigt. "Stundenlang beten die Schüler ekstatisch, bis einige von ihnen überwältigt zusammenbrechen", heißt es in der Reportage zu den entsprechenden Bildern.
Ausschnitte aus Videos
Neben den Aufnahmen mit versteckter Kamera zeigt "Panorama" zudem Ausschnitte aus Filmen, die von "Jugend mit einer Mission" gedreht wurden. In einem Video heißt es: "Dies ist ein Krieg und wir sind Soldaten. Ist es nicht wert, dafür zu kämpfen? Ist es nicht wert, dafür zu sterben?" Zu Aufnahmen eines hinduistischen Tempels heißt es in einem weiteren Video-Ausschnitt etwa: "In diesem Gebiet hat Satan einige seiner größten Festungen aufgebaut. Durch die Jahrhunderte haben Religionen in diesen Gebieten die Augen der Menschen verblendet." Ein weiterer Film zeigt Jugendliche, die offenbar in einem afrikanischen Land im Geländewagen unterwegs sind. "Gefährliche Missionseinsätze, im Werbevideo verpackt als spannende Abenteuertrips. Eine fatale Verharmlosung", wie die Reporter sagen. Und sie fügen hinzu: "Bei weitem nicht alle bibeltreuen Christen sind so radikal, das Spektrum der Bewegung ist groß."
Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Landeskirche Sachsen, Harald Lamprecht, berichtet in dem Beitrag von Eltern, die sich in Sorge um ihre Kinder an ihn gewandt haben. Es sei etwa für Eltern beängstigend, wenn ihre Kinder die Schulungen besuchten, ohne aber zu wissen, in welches Land sie zu Missionseinsätzen reisen. "Jugend mit einer Mission" in Herrnhut, so sagte Lamprecht weiter, habe "in dem Sinn Anklänge an den Fundamentalismus, als dass ich dort eine Vereinfachung der Weltsicht feststelle. Es scheint relativ klar, was Gut und was Böse, welche Religion gut und welche böse ist und wo Gott und wo die Dämonen wirken." Diese "Vereinfachung in der Struktur" halte er für gefährlich.
Auch ein Thema: Die "Frontal 21"-Reportage
Zu Wort kommt auch Maria Jepsen, Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. "Evangelikal heißt ja, vom Evangelium her in konsequenter Weise zu leben." Solche Christen brauche die Landeskirche auch, weil sie eine Frömmigkeit pflegten, "die wichtig ist". Die "Panorama"-Reporter widmeten sich außerdem der Debatte um den Beitrag der ZDF-Sendung "Frontal 21", der am 4. August unter dem Titel "Sterben für Jesus – Missionieren als Abenteuer" ausgestrahlt wurde. Die Reportage hatte nicht nur unter evangelikalen Christen, sondern auch bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Widerspruch provoziert. "Viel überraschender als der Aufschrei der Evangelikalen: Nach der Ausstrahlung des Beitrags protestiert die Amtskirche – und stellt sich damit auch vor ‚Jugend mit einer Mission’", heißt es in der "Panorama"-Reportage.
Zitiert wird aus der Stellungnahme des Rates der EKD vom 5. September. Darin hatte das oberste Leitungsgremium der evangelischen Landeskirche den "Frontal 21"-Beitrag deutlich kritisiert.
"Panorama" zitiert aus der Stellungnahme einen kurzen Passus: "Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland … nimmt diese Mitchristen gegen Verunglimpfung in Schutz. Viele von ihnen gehören mit ihrer tiefen persönlichen Frömmigkeit … zum Kern unserer evangelischen Gemeinden." Bischöfin Jepsen sagt dazu: "Wir sind nicht das Sprachrohr der Evangelikalen, aber wir haben auch Evangelikale in unseren Reihen. Wir merken, wenn die so pauschal angegriffen werden, dass wir auch mit angegriffen werden." Dies sei der Versuch, alles Religiöse in eine "bestimmte Ecke zu packen", so Jepsen. Dann werden der Bischöfin Ausschnitte aus den "Jugend mit einer Mission"-Filmen vorgeführt. Jepsen zeigt sich schockiert: "Das ist fundamentalistisch, das ist krank. Denen muss man das Handwerk legen." Die "Panorama"-Autoren meinen dazu: "Der Schock der Bischöfin: Vielleicht bewegt er die Evangelische Kirche zur Umkehr."
Ausschnitte aus Filmen von "Jugend mit einer Mission" hatten Reporter auch in dem "Frontal 21"-Beitrag gezeigt. Und auch der Rat der EKD hatte sich dazu geäußert: "Das Grundübel dieses Beitrags (die ZDF-Reportage, d.Red.) ist der undifferenzierte Umgang mit der Kategorie des Fundamentalismus. So wird eine Aussage der Organisation ‚Jugend mit einer Mission‘ ohne weitere Begründung dem gesamten evangelikalen Lager zugerechnet, um dann die Folgerung anzuschließen: ‚Derartiger evangelikaler Fundamentalismus liefert den Fundamentalisten der anderen Seite Argumente – gegen den verlogenen Westen.’" Der Beitrag sei daher "ein besonders markantes Beispiel für eine mediale Berichterstattung, die notwendige Unterscheidungen vermissen lässt und sich fragwürdiger journalistischer Mittel bedient", so der EKD-Rat damals. (PRO)
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