Schüler wollen freiwillige AG’s statt Religionsunterricht

Die Landesschülervertretung in Rheinland-Pfalz möchte den Religionsunterricht in seiner bisherigen Form abschaffen. Dieser widerspreche der Trennung von Kirche und Staat. Stattdessen sollen die Schüler in freiwilligen Arbeitsgemeinschaften Glaubensthemen erörtern.
Von PRO
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Für die Schüler in Rheinland-Pfalz haben die Kirchen einen zu großen Einfluss an Schulen. Deswegen fordert die Landesschülervertretung (LSV), dass der Religionsunterricht prinzipiell abgeschafft wird. Eine Alternative könnten freiwillige Arbeitsgemeinschaften sein, die über alle Religionen und Weltanschauungen informieren. Dagegen wehren sich das zuständige Ministerium und die Kirchen.

Stein des Anstoßes ist laut SWR3 Artikel 33 der Landesverfassung. Die Schüler stören sich daran, dass der Religionsunterricht „zur Gottesfurcht“ erziehen soll. Das widerspreche einer angstfreien Erziehung. Darüber hinaus kritisieren sie, dass viele Lehrkräfte mit kirchlicher Bindung, aber ohne pädagogische Ausbildung unterrichteten.

„Weder erforderlich noch zielführend“

Ihre Forderungen hat die LSV an die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) weitergeleitet. „Den bekenntnisorientierten Religionsunterricht abzuschaffen, halten wir weder für erforderlich noch für zielführend“, teilte das Bildungsministerium in Mainz mit. Dafür müssten Grundgesetz, Landesverfassung und etliche Schulgesetze geändert werden.

Gereon Geissler, Bildungsdezernent des Bistums Mainz, sagte gegenüber SWR3, dass es dem konfessionellen Religionsunterricht gelinge, „junge Menschen zu einem verantworteten religiösen Bekenntnis und zu einer kenntnisreichen Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu befähigen“.

Laut Spiegel Online stört sich die Landesschülervertretung auch daran, dass rheinland-pfälzische Schulen grundsätzlich „christliche Gemeinschaftsschulen“ sind. Laut Bildungsministerium sollten „bekenntnisfreie Schulen nach dem Willen des Verfassungsgebers die Ausnahme sein“. Das sei nicht damit vereinbar, alle öffentlichen Schulen zu bekenntnisfreien Schulen zu erklären. Artikel 29 der Landesverfassung stelle sicher, dass die Schulen allen offen stünden, unabhängig vom Glauben.

Knackpunkt Artikel 29 der Landesverfassung

Genau an diesen Artikel 29 möchte Schülersprecherin Lucia Wagner ansetzen, um die christlichen Gemeinschaftsschulen in ihrer bisherigen Form abzuschaffen. LSV-Vorstandsmitglied Lucas Fomsgaard kritisiert gegenüber n-tv: „In einer pluralistischen Gesellschaft mit säkularem Staat kann es nicht sein, dass öffentliche, staatliche Schulen per se christlich sind.“

In Artikel 29 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung heißt es: „Die öffentlichen Grund-, Haupt- und Sonderschulen sind christliche Gemeinschaftsschulen“. Diese Festsetzung hat historische Gründe. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten in dem Bundesland sehr unterschiedliche Schultraditionen vereint werden. Die Verankerung sorgte schon damals für heftige öffentliche Auseinandersetzungen.

Wagner erklärte im Gespräch mit Spiegel Online: „Mir war nicht klar, dass noch so viel Kirche in der Verfassung und in den Schulen steckt (…) und dass alle Gemeinschaftsschulen offiziell christlich sind.“ Das dürfe ein Staat, der Staat und Kirche trennen wolle, nicht zulassen: „Das ist diskriminierend für Menschen aller anderen Religionen oder ohne Glauben.“

Ähnlich wie in Brandenburg fordert sie ein verpflichtendes Schulfach, bei dem alle Schüler gemeinsam unterrichtet und umfassend über verschiedene Religionen, Weltanschauungen und Kritik daran aufgeklärt würden: „Im Optimalfall erledigen das staatliche Lehrer und keine Gemeindereferenten, die die Kirche schickt.“ Den öffentlichen Diskurs hält Wagner für den einzig gangbaren Weg: „Wir beobachten, dass die Kirchen noch einen großen Einfluss auf die Politik ausüben, deshalb wird sich so schnell vermutlich nichts ändern.“

Von: Johannes Blöcher-Weil

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