Wie Fernschul-Unterricht Schulverweigerern hilft

F r e i b u r g (PRO) – Homeschooling ist und bleibt in Deutschland ein umstrittenes Thema. In der Vergangenheit sorgten immer wieder Fälle für Schlagzeilen, in denen Eltern ihre Kinder aus religiösen Gründen zu Hause unterrichten wollten. Befürworter von Homeschooling wurden daher oft in die Ecke religiöser Fanatiker gerückt. Doch das Lernen zu Hause hat durchaus seine Vorteile. Die Wochenzeitung "Die Zeit" berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe über ein alternatives Schulmodell, das Kindern, die die Schule verweigern, dabei hilft, einen Abschluss zu schaffen.
Von PRO

Zielgruppe der so genannten „Flex-Fernschule“ sind Kinder, die gelegentlich, regelmäßig oder dauerhaft die Schule schwänzen. Denn ohne Schulabschluss gibt es keine Ausbildung und kaum Zukunftsperspektiven.

Oft folgen bei den Betroffenen Depressionen, Ängste und psychosomatische Störungen und der Gang zum Psychologen oder Jugendamt. Die „Flex-Fernschule“ in Oberrimsingen bei Freiburg hilft diesen Kindern und Jugendlichen bei ihren Schulproblemen, indem sie zu Hause unterrichtet werden.

Das Konzept

Der Fernunterricht findet allerdings außerhalb des Schulsystems statt, das heißt, die Jugendlichen erfüllen damit nicht die Schulpflicht. Um an dem Fernunterricht teilnehmen zu können, muss die Schulverwaltung bei schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen dem Lernen mit „Flex“ zustimmen. Dann bekommen die Schüler Anfang jeder Woche mit der Post Lernmaterial ins Haus geliefert. Lernbriefe, Arbeitshefte und Lehrbücher. Die Aufgaben sollen bis zum Wochenende erledigt und an die Schule zurückgeschickt werden. Dort werden die Materialien korrigiert und den Schülern zurückgesandt.

Dabei wird die Lernhilfe von „Flex“ normalerweise als „Hilfe zur Erziehung“ in Verbindung mit „Jugendsozialarbeit“ durch die örtlich zuständigen Jugendämter gewährt. Allerdings muss ein „entsprechender Hilfebedarf im Sinne persönlicher oder sozialer Problemlagen vorliegen“, heißt es auf deren Internetseite. Schulprobleme alleine genügten nicht. Zahlreiche Ämter gewährten die Lernhilfe nur in Verbindung mit weiteren Hilfen zur Erziehung.

Lernen zu Hause berücksichtigt die Lebenswelt der Schüler

Derzeit lernen etwa 150 junge Menschen aus ganz Deutschland mit der „Flex-Fernschule“, die meisten sind im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Dass das Lernen zu Hause durchaus Erfolg hat, zeigen die Zahlen: „Von allen 350 Schülern, die bei uns in den vergangenen acht Jahren gelernt haben, sind genau vier durchgefallen“, sagte der Leiter der Schule, Thomas Heckner. Die meisten Schüler brauchen etwa 17 Monate bis zum Abschluss, manch einer auch drei Jahre. Die Lehrer der „Flex-Fernschule2 passen sich eben den Lebenswelten ihrer Schüler an. „Würden wir das nicht tun, könnten wir dicht machen“, erklärt Heckner. Seiner Meinung nach „machen Schulen oft den Fehler, dass sie vieles missachten, was die Jugendlichen aus ihrer Welt hereinbringen. Deshalb hat die Schule oft kaum noch etwas mit dem Leben ihrer Schüler zu tun und wird ihnen völlig fremd“.

Heckner kann sich freuen: Manche seiner Schüler, die frech, aggressiv und provozierend zum Einstufungstest kamen, meistern nach ein bis zwei Jahren plötzlich Aufgaben, die ihnen vorher keiner zugetraut hätte. Einige der ehemaligen Schulverweigerer möchten ihrem Abschluss bei der „Flex-Fernschule“ sogar noch eines drauf setzen und nach dem Hauptschulabschluss die Realschule nachholen oder gar das Abendgymnasium besuchen.

Homeschooling in den USA erfolgreich

In den USA und in einigen europäischen Staaten wie Österreich, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Ungarn, Belgien, Irland, Italien oder Dänemark ist Homeschooling erlaubt. Mit dieser Form des Lernens wurden dort gute Erfolge erzielt. In den USA beispielsweise werden seit über 25 Jahren Kinder von ihren Eltern unterrichtet. Die Lehrmaterialien beziehen sie von Fernschulen. In Österreich und benachbarten Ländern werden Familien oftmals sogar vom Staat unterstützt, etwa indem sie Zugang zu Schulprojekten oder Lehrbibliotheken erhalten.

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