Kindergipfel: Mehr Bildung für die Jüngsten

B e r l i n (PRO) – Im deutschen Bildungssystem hat die frühkindliche Bildung in Kindertagesstätten und Familien einen zu geringen Stellenwert, darin waren sich die Teilnehmer des Kindergipfels in Berlin einig. Unter dem Motto: "Kinder bilden! Deutschlands Zukunft" hatten die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Robert-Bosch-Stiftung und die Vereinigung der Arbeitgeberverbände zu der Veranstaltung anlässlich des Weltkindertages am gestrigen Mittwoch eingeladen.
Von PRO

„Kinder sind von Geburt an wissbegierig und aufnahmebereit. Dies muss in stärkerem Maß gefördert und unterstützt werden“, forderte Arbeitgeberpräsident Dieter Hund. Was in der frühen Kindheit versäumt werde, könne man später nur schwer wieder aufholen. Schon im Kindergarten werden also die Weichen für spätere Bildungs- und Erwerbsbiographien gelegt.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen sieht die deutsche Bildungsfinanzierung „auf den Kopf gestellt“. Während die Universitäten bisher mit hohem Engagement gefördert wurden, sei die Finanzierung frühkindlicher Bildung bisher auf geringstem Niveau betrieben worden. Deutschland sei außerdem das einzige europäische Land, das keine akademische Erzieherausbildung habe. „Im europäischen Vergleich haben wir noch eine riesige Strecke vor uns“, so die Familienministerin.

Sie sprach sich außerdem dafür aus, verpflichtende Sprachtests bereits für Vierjährige einzuführen und bei Bedarf eine verpflichtende Sprachförderung zu beginnen. Diese Maßnahmen würden sicher stellen, dass Kinder bei Eintritt in die Grundschule über ausreichende Sprachfähigkeiten verfügen. „Sprache ist der Schlüssel zu Integration und Bildung“, so von der Leyen. „Nur wenn die Kinder verstehen, was in der Schule gesprochen wird, können sie lesen, schreiben oder rechnen lernen. Nur dann können sie Freundschaften knüpfen und andere Kulturen kennen lernen.“

Beitragsfreier Kindergarten und bundeseinheitliche Bildungspläne

Die Veranstalter sprachen sich in einem gemeinsamen Memorandum dafür aus, Kindergärten als erste Stufe des Bildungssystems aufzuwerten. Sie plädieren für die Entwicklung bundeseinheitlicher Bildungspläne und fordern den Kindergartenbesuch aller Kinder ab drei Jahren bis zur Einschulung. Dieser solle für Eltern schrittweise beitragsfrei gestellt werden. Nur so erhielten alle Kindern gleiche Chancen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Mit diesen Maßnahmen müsse eine Reform der Ausbildung von Frühpädagogen und eine Professionalisierung des Berufes einhergehen.

Kindertagesstätten als Lernorte für Kinder und Erwachsene

„Bildungspläne für frühkindliche Bildung bedeuten nicht, schulische Inhalte vorzuverlagern, sondern Kinder individuell und altersentsprechend zu fördern“, erklärte Professor Klaus Fröhlich-Gangloff von der Evangelischen Fachhochschule in Freiburg. Frühförderung müsse außerdem in Elternhaus und Kinderbetreuungseinrichtung stattfinden. Kindertagesstätten sollten zu zentralen Lernorten für Kinder und Eltern werden. Erzieherinnen könnten Eltern Orientierung und Beratung in Erziehungsfragen bieten. Durch ein derartiges partnerschaftliches Vorgehen würden Kinder bestmöglich gefördert. Dafür seien verbesserte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Erzieher dringend erforderlich. Die Verbindung zwischen Praxis, Forschung und Ausbildung sei in Deutschland im europaweiten Vergleich im Rückstand.

Eltern in der Erziehungskompetenz stärken

Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Konrad-Adenauer-Stiftung, sieht die Familie als Basislager für frühkindliche Bildung. Häufig seien Eltern aber verunsichert und erleben ihre Erziehungskompetenz als unzureichend. Sie müssten in der Erziehungsarbeit gestärkt werden. Professor Wassilios Fthenakis, Familienforscher an der Universität Bozen, plädierte dafür, Familien als außerinstitutionelle Lernorte finanziell stärker zu unterstützen. Statt Institutionen in den Mittelpunkt zu stellen, müssten die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt gestellt werden. Bildungspläne müssten daher Länder- und Institutionen- übergreifend vereinbart werden und gesetzlich verankert werden.

Ilse Wehrmann, Vorsitzende der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder, prangerte die schlechten Rahmenbedingungen für Erzieherinnen, zu große Gruppen und unzureichende Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Erzieherinnen an. „Wenn wir nicht den Mut haben, die Rahmenbedingungen in den Betreuungseinrichtungen zu ändern, werden alle Bildungspläne nichts nutzen“.

Die Veranstaltung fand  unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel statt. Rund 500 Teilnehmer waren in die Französische Friedrichstadtkirche gekommen. 

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