ORF würdigt „wichtigstes Fest der Christenheit“ – nicht ohne Protest

Der österreichische öffentlich-rechtliche Sender ORF widmet sich in der Karwoche und an den Oster-Feiertagen traditionell verstärkt christlichen Themen. Dass es zum "wichtigsten Fest der Christenheit" besonders christlich zugeht, passt einer Initiative namens "Religion ist Privatsache" gar nicht.
Von PRO

In der Karwoche und zu den Osterfeiertagen stehen die TV- und Radioprogramme des ORF im Zeichen "des wichtigsten Fests der Christenheit", wie es in der Ankündigung des österreichischen Senders heißt.  Gottesdienste werden live übertragen, Dokumentationen handeln ebenso von christlichen Themen wie Spielfilme, wie etwa der Film "Vision – Aus dem Leben der  Hildegard von Bingen" von Margarethe von Trotta oder "Barabbas" (1961) mit Anthony Quinn. Doch die Initiative "Religion ist Privatsache" hat sich am Dienstag mit einem Brief beim ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz beschwert. Besonders anstößig ist für sie die Schweigeminute am Karfreitag.

Traditionell wird im Fernsehsender ORF-2 das Programm am Karfreitag um 15 Uhr für eine Minute unterbrochen, in Gedenken an den Tod Jesu. Laut der österreichischen Zeitung "Der Standard" reicht dieses Ritual bis in die 70er Jahre zurück. In ihrem Brief an ORF-Chef Wrabetz schreiben die Protestler, die sich für die Entflechtung von Staat und Religion einsetzen: "Neben Gottesdienst-Liveübertragungen findet sich eine Fülle an Programmpunkten, die ein Bild der intensiven und überwiegend bejahenden Beschäftigung nicht nur mit dem Osterfest sondern mit dem Christentum im Allgemeinen anmuten lässt." Das sei "nicht nachvollziehbar", da die christliche Religion in Österreich nur eine "untergeordnete Rolle" spiele. Die Sendeunterbrechung stelle zudem die Kreuzigung und die Auferstehung Jesu als Tatsache dar, und dem widersprechen die Unterzeichner.

Alle Zahler der Rundfunkgebühren in Österreich würden "einer Mischung aus Oster-Kitsch, Kirchen-PR und mehr oder weniger sanfter Missionierung" ausgesetzt. Weiter heißt es in dem Brief, die Ausstrahlung von Sendungen mit religiösem Bezug während der Karwoche und in den Osterferien habe keinen erkennbaren journalistischen oder bildenden Zweck. Das ORF-Gesetz definiere dies jedoch als Kernaufgabe des ORF. Die "explizite weltanschauliche Positionierung des ORF" verstoße gegen die gebotene Trennung von Staat und Kirche, so die Autoren.

ORF muss Religion abdecken

Andererseits zitieren die Autoren aus dem ORF-Gesetz (§4 Abs1 Z.12), demzufolge der öffentlich-rechtliche Sender für die "angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften" zu sorgen hat. Etwa 70 Prozent der Menschen in Österreich gehören einer der beiden christlichen Denominationen an. Doch die Autoren des Briefes finden, dass die "intensive und offensichtlich einseitige Programmgestaltung" des ORF während der Karwoche und der Osterferien – und insbesondere die geplante Schweigeminute – "weder angemessen noch sachlich" sei.

Die Initiative forderte Wrabetz auf, diese "quasi-staatliche Schweigeminute" aus dem Programm zu streichen. Sollte sie dennoch stattfinden, werde man sich bei der Medienkontrollbehörde "KommAustria" beschweren. Der ORF hat bislang noch nicht reagiert. (pro)

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