Jeder Dritte nervös, wenn er seine Emails nicht lesen kann
70 Prozent der befragten Jugendlichen glauben, dass Internet süchtig machen kann, drei Prozent bezeichnen sich selbst als onlinesüchtig, 12 von 100 Befragten erkennen bei sich selbst Symptome der Onlinesucht. Konkret gaben über ein Drittel der Jugendlichen zu, nervös zu werden, wenn "sie ihre Emails und Online-Kontakte nicht checken können".
Männliche Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren scheinen empfänglicher für die Faszination virtueller Parallelwelten zu sein als junge Frauen: jeder Fünfte empfindet sich selbst als Onlinesucht gefährdet. Zwar gaben 33 Prozent der Jugendlichen an, schon einmal gewalttätige Inhalte im Netz angeschaut zu haben, 28 Prozent gaben zu pornografische Inhalte gesehen zu haben. Dies schätzt der Leiter der Studie, Axel Dammler, jedoch weniger problematisch ein. Die Nutzung solcher Inhalte habe gerade bei Jungen mit altersbedingter Provokation und auch Mutproben zu tun. Er erwarte jedoch keine "Spätfolgen", da der Einfluss solcher Inhalte durch die Einflüsse im persönlichen Nahbereich kompensiert werde. "Nur wenn diese Inhalte nicht durch das soziale Umfeld korrigiert werden, sind negative Folgen zu erwarten", so der Jugendforscher in der Pressemitteilung.
"Negative Folgen für viele Lebensbereiche"
Für Dammler ist die Onlinesucht das größte Risiko für Jugendliche bei der Internetnutzung: "Hier geht es definitiv (…) um das Entstehen langfristig gefährlicher Gewohnheiten bis hin zur krankhaften Sucht mit negativen Folgen für alle Lebensbereiche." Dabei bestehen Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Männliche Heranwachsende werden stark angesprochen von actionhaltigen Spielangeboten aber auch von hochspezialisierten Internetcommunities aus dem technischen Bereich wie Video- oder Musik-Communities. Dort erwerben sie schnell einen Status, den sie sich im Alltag wünschen, aber nicht erhalten. Es kann manchmal eben leichter sein, im Onlinerollenspiel ein Held zu werden, als in der Schule gute Noten zu bekommen.
Mädchen seien bei ihren Online-Aktivitäten beziehungsorientiert. Dies zeige sich in der Bedeutung der Soziale Netzwerke wie SchülerVZ oder Facebook. Dammler befürchtet, dass Social Communities künftig immer mehr zu mädchengerechten Erlebniswelten entwickelt werden und dann bei Mädchen eine Sucht nach virtuellen Beziehungen entstehen könne.
Die Sucht nach einer virtuellen Ersatzwelt könne bei einem kleinen Prozentsatz der jungen Menschen erwachsen, besonders bei Jugendlichen, die mit ihrem Umfeld und Alltag unglücklich sind. Auf diese Art könnten sich junge Menschen ein verzerrtes Weltbild basteln – ein Nährboden für politische Extremisten. 17 Prozent der Jugendlichen sind bereits mit Seiten von Neo-Nazis in Kontakt gekommen. Auch Magersuchtseiten, so genannte pro-Ana Seiten können eine einseitige und verdreht Weltsicht abbilden und damit zu einer ernst zu nehmenden Gefahr werden. (PRO)