Online trauern per Chat-Andacht

Der kommende Sonntag dient in der Evangelischen Kirche als Gedenktag für Verstorbene. Dies soll nicht nur auf den Friedhöfen und in Gottesdiensten passieren, sondern auch digital im Netz. pro hat sich mit dem Pfarrer Ralf Peter Reimann unterhalten, der die Chat-Andacht hält.
Von Johannes Blöcher-Weil
Die Kirche versucht auch online Orte zu schaffen, an denen Angehörige trauern können. Einer von ihnen ist trauernetz.de.

Evangelische Christen gedenken am Ewigkeitssonntag ihrer verstorbenen Angehörigen. Dazu gibt es auch Gottesdienste im Internet, die als Chat-Andachten gestaltet werden. Auf www.trauernetz.de findet ab 18 Uhr eine Online-Andacht statt. „In den Kirchen werden oft nur die Namen des vergangenen Jahres vorgelesen. In der Chat-Andacht können Angehörige und Freunde auch der Menschen gedenken, die schon länger tot sind“, betont Ralf Peter Reimann im Gespräch mit pro. Er gestaltet die Andacht gemeinsam mit seiner Kollegin Maike Roeber.

Darüber hinaus richtet sich die Andacht an Trauernde, die aufgrund der Entfernung nicht am Gottesdienst am Wohnort der Verstorbenen teilnehmen können. Dafür können sie ab sofort die Namen in ein Trauerbuch eintragen. Diese Namen werden während der Online-Andacht im Chat eingeblendet und im Gebet vor Gott gebracht.

Gedenkseiten für Verstorbene möglich

Im Anschluss beten die Chat-Teilnehmer gemeinsam das Vaterunser und bitten um Gottes Segen. Die Online-Andacht gibt es seit acht Jahren. Seit zwei Jahren können Interessierte dort auch eine Gedenkseite für Verstorbene anlegen. „Sowohl mit der Chat-Andacht am Ewigkeitssonntag als auch mit den Online-Gedenkseiten wollen wir als Kirche für die Menschen da sein, für die das Internet ein Trauerort ist“, erklärt Reimann.

Der Chat wird um 17.45 Uhr freigeschaltet. Um 18 Uhr beginnt die Andacht mit einer kurzen Liturgie. Danach werden die Namen der Verstorbenen eingeblendet. „In dieser Zeit schweigen die Chat-Teilnehmer und tippen nichts. Wer möchte, kann ein kurzes Gebet oder einen Gedanken formulieren, wenn der Name seines Angehörigen angezeigt wird“, machte Reimann deutlich. „Die anderen tragen dies schweigend mit.“

Spiritualität im Internet ein weites Feld

Die Andacht schließt mit einem Vaterunser, das alle gemeinsam tippen, und dem Segen. Einige haben schon häufiger an der Andacht teilgenommen, andere sind zum ersten Mal dabei. Reimann selbst stellt während der Andacht eine Kerze neben das Notebook und lässt besinnliche Musik laufen: „Spiritualität im Internet ist ein weites Feld. Es gibt sehr unterschiedliche Erfahrungen dazu. Persönlich erlebe ich eine besondere Art der Verbundenheit, gemeinsam mit Menschen das Vaterunser zu beten. Obwohl jeder sich an einem anderen Ort befindet, sind wir doch in der Gebetsgemeinschaft verbunden.“

Meistens sind es zwischen vierzig und achtzig Menschen, die schweigend gedenken. Für Reimann ist die online versammelte Gemeinde ein Symbol dafür, dass vor Gott Ort und Zeit keine Grenzen haben. Falls Menschen nicht rechtzeitig ihre Namen gemeldet haben, können sie das auch während des Chats noch tun.

Die Internetseite ist eine Kooperation der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Evangelischen Kirche im Rheinland sowie der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.

Von: Johannes Weil

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Geschrieben mit Tränen

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