Online-Eheschließung: Sie dürfen den Bildschirm jetzt küssen

In Amerika heiraten Einwanderer vermehrt über das Internet. Vom neuen Trend, online zu heiraten, berichtete die Tageszeitung New York Times: Bei dieser „Fernheirat“ geben sich Braut und Bräutigam via Skype und Web-Cam das Ja-Wort – von zwei verschiedenen Orten aus.
Von PRO

Mit einem schüchternen Lächeln schauten sich Braut Punam Chowdhury und ihr Bräutigam über die Web-Cam an, als sie sich vor einem Monat das Ja-Wort gegeben hatten, das sie in diesem Moment offiziell zu Mann und Frau machte. Die Gäste applaudierten. Weil die Internetverbindung plötzlich abbrach, fand die Hochzeitszeremonie abrupt ein Ende. Das Brautpaar hatte seine Beziehung, wie viele andere auch, bis zu diesem Zeitpunkt nahezu ausschließlich über das Internet gepflegt. Lediglich einmal sahen sie sich vor einem Jahr persönlich, und das auch nur flüchtig.

Die amerikanische Staatsbürgerin Punam Chowdhury gab ihr Ja-Wort in einer Moschee im Stadtteil Queens von New York, ihr neuer Ehemann Tanvir Ahmed seines in seinem Wohnzimmer in Bangladesch. Ein islamischer Richter war bei der Eheschließung dabei. Gesetzlich eingetragen wurde diese in Bangladesch. In New York wird die Durchführung solch einer Eheschließung gesetzlich nicht anerkannt.

Diese virtuelle Eheschließung wurde bisher selten in den USA angewendet. In der Regel waren es Militärbedienstete, die die Möglichkeit der Eheschließung nutzten, aus Angst, im Krieg zu fallen und die geliebten Hinterlassenen ohne finanziellen Nutzen zurücklassen zu müssen. Inzwischen finde die Methode aber auch bei Einwanderern Anklang, ermöglicht sie es doch,  ohne Unkosten über die Distanz zwischen den USA und dem Heimatland zu heiraten.

Dem Bericht der New York Times zufolge gibt es einen neuen Trend, Technik zum Heiraten einzusetzen: Im Internet werden Lebenspartner inzwischen nicht nur gefunden, sondern auch geheiratet. Diese moderne Art zu heiraten nenne sich „proxy marriage“, zu Deutsch „Fernheirat“. Sie sei eine Absprache, bei der einer oder auch beide der Ehegatten abwesend sein dürfen.

George Andrews, Manager des Unternehmens Proxy Marriage Now sagte, dass in seinem Geschäft in den vergangenen sieben Jahren die Anzahl von 400 auf 500 Eheschließungen pro Jahr angestiegen sei. Der Anteil, an dem kein Militärbediensteter beteiligt gewesen sei, sei bis zur 40-Prozent-Marke herangewachsen.

Neuer Trend ortsgebunden

Nur in wenigen Staaten der USA ist die Fernheirat zugelassen, zum Beispiel in Kalifornien, Colorado, Texas und Montana. Ob die Heirat anerkannt wird, sei von Fall zu Fall sowie von Staat zu Staat verschieden, ist auf der Internetseite Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.marriage.about.com zu lesen: „Ob ein Staat oder Land eine Eheschließung anerkennt, ist eine verzwickte Frage, welche davon abzuhängen scheint, ob das Gesetz des Ortes fordert, dass beide Parteien anwesend sein müssen, um eine Genehmigung zu beantragen oder um bei einer Zeremonie zuzustimmen. Manche Staaten erkennen eine Fernheirat an, wenn sie in einem anderen Staat durchgeführt wurde.“ Alle Staaten akzeptieren sie aber als „eheähnliche Gemeinschaft“.

In Deutschland ist eine rechtlich anerkannte Eheschließung ausschließlich durch das Standesamt und mit Anwesenheit beider Partner möglich: Laut § 1310 des Bürgerlichen Gesetzbuches wird eine Ehe „nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen“. Beide Partner müssen vor Ort ihr Ja zur Eheschließung geben und unterschreiben.

Bedenken: Ein Schlupfloch für den Frauenhandel?

Nach Angaben der New York Times sei der neue Heiratstrend bedenklich: Er vereinfache Heiratsbetrug, welcher die Einwanderungsbehörden bereits herausfordert. Außerdem fördere er den Frauenhandel. Es habe Fälle gegeben, in denen die Fernheirat missbraucht wurde, um Frauen als Prostituierte ins Land zu locken. Die Fernheirat werde nicht nur in den USA, sondern auch verbreitet in islamischen Ländern angewendet, wo sie vom Koran befürwortet werde – zumindest werde dort der Koran so interpretiert.

Mazeda A. Uddin, eine Gesellschaftsaktivistin von Queens, hat ihre Arbeit als Organisatorin von „proxy marriages“ eingestellt. Sie sagt: „Immer mehr verheiratete Menschen wurden mit zerbrochenem Herzen zurückgelassen, von skrupellosen Fremden, die lediglich an einer Arbeitserlaubnis für die USA interessiert waren, nicht an einem Lebenspartner.“ (pro)

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