Olmert und Rice bei Podiumsdiskussion in Deutschland

Die ehemalige US-Außenministerin Condoleezza Rice und der frühere israelische Premierminister Ehud Olmert haben in Iserlohn über die Gewaltwelle in Libyen und die Bedrohung durch den Iran diskutiert. Rice betonte, dass auch islamkritische Aussagen von der Redefreiheit gedeckt seien.
Von PRO

Rice ging auf die jüngste antiamerikanische Gewaltwelle in Libyen und dem Jemen ein. Am 11. September war dabei der US-Botschafter in Libyen, Christopher Stevens, getötet worden. "Er war ein guter Mann, ich kannte ihn persönlich", sagte Rice. Auslöser für den Gewaltausbruch soll ein in den USA produzierter islamkritischer Film sein. "Wir haben eine lange Tradition der religiösen Toleranz", erklärte Rice. Hin und wieder gibt es Leute an den Rändern des Meinungsspektrums, die hasserfüllte Botschaften senden", sagte sie im Hinblick auf die Produzenten des Films. "Aber wir haben auch die Redefreiheit, und die muss auch solche Stimmen aushalten." Die USA seien mit ihren Botschaften in der arabischen Welt präsent, um zu helfen. "Diese Gewalt haben wir nicht verdient." Es sei die Aufgabe der Staats- und Regierungschefs im Nahen Osten, genau dies unmissverständlich zu sagen.

Die Diplomatin stellte klar, dass die Gewalt gegen US-Einrichtungen von einer extremistischen Minderheit ausgehe: "Es geht hierbei nicht um die grundsätzliche Akzeptanz der USA. Wenn man sich die Zahlen anschaut – die Menschen aus diesen Ländern wollen in  Amerika studieren, sie wollen Visa für die USA haben." Die Angriffe seien zudem koordiniert, um so den Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 zu begehen. "Es geht den Extremisten um Terror und Gewalt, und so muss man ihnen auch begegnen."

Beide Politiker waren sich darin einig, dass der Iran eine große Bedrohung für die Sicherheit Israels, der USA und der gesamten Welt darstelle. "Israel ist mein Land", sagte Olmert, "wenn der Iran mit der Vernichtung dieses Landes droht, dann nehme ich das ernst, und die Welt sollte dieses Problem auch ernst nehmen." Bei der Tagung der privaten Wirtschaftshochschule BiTS in Iserlohn betonte er, dass den Israelis viel daran gelegen sei, sich mit den Vereinigten Staaten auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. Rice gab zu, überrascht davon zu sein, dass die bisherigen Sanktionen gegen den Iran keine Wirkung gezeigt haben. Die Berichte der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zur wachsenden Kapazität des Iran, Uran anzureichern, sei " sehr besorgniserregend". Ständig über militärische Möglichkeiten gegen den Iran zu diskutieren, ist nach Ansicht der Politikprofessorin nicht hilfreich. "Die Iraner müssen glauben, dass eine militärische Option da ist, und dass wir sie zu einem Zeitpunkt unserer Wahl nutzen. Präsident Obama sagt, dass diese Option da ist."

"Israel kann militärisch sehr viel erreichen", ergänzte Olmert. "Wir haben die Kraft, die Fähigkeit und die Erfahrung, eine Militäroperation durchzuführen, die absolut erfolgreich sein wird." Von der von Benjamin Netanjahu geforderten öffentlichen Bekundung "roter Linien", bei deren Überschreitung ein Angriff erfolge, hält Olmert nichts: "Die israelischen und amerikanischen Nachrichtendienste wissen, wann der Punkt erreicht ist und was dann zu tun ist. Das öffentlich zu definieren ist nicht hilfreich und schwächt nur die eigene Position. Ich hoffe, es kommt gar nicht erst so weit – aber wenn, dann werden wir Stärke zeigen."

Kritik an Streitigkeiten zwischen Netanjahu und Obama

Olmert kritisierte die öffentliche Uneinigkeit zwischen seinem Nachfolger Netanjahu und US-Präsident Barack Obama: "Ich habe als Premierminister mit dem amerikanischen Präsidenten unter vier Augen gesprochen. Die derzeitige laute und öffentliche Kommunikation schafft zusätzliche Verwirrung." Auch im israelisch-palästinensischen Konflikt müsse es neue Impulse geben. Rice und Olmert waren sich darin einig, dass ein palästinensischer Staat nicht nur den Palästinensern, sondern auch den Israelis zum Vorteil dienen würde.

Ehud Olmert, Premierminister von 2006 bis 2009, reflektierte im Gespräch mit Rice über seinen eigenen politischen Wandel: "Ich war mal ein Falke unter den israelischen Politikern – heute gelte ich als Taube. Darauf bin ich stolz – denn es ist das Ergebnis vieler Überlegungen. Ich hatte den Mut, über manche Positionen so ausführlich nachzudenken, bis ich zu dieser Schlussfolgerung gekommen bin." Olmert würdigte die gute Zusammenarbeit mit Condoleezza Rice während deren Zeit als Außenministerin der Regierung von George W. Bush, den Olmert als Freund bezeichnete. "Sie hat sich mehr um eine Lösung des Nahostkonfliktes bemüht als jeder andere Außenminister der jüngeren US-Geschichte", so Olmert, "sie kam bis zu zwei Mal pro Monat zu Besuch." Rice nannte Olmert einen "guten Freund und Kollegen, für den ich enormen Respekt habe".

"Europa wichtigster Partner der USA"

Trotz aller politischen Schwierigkeiten blicken beide Politiker gelassen in die Zukunft. "Ich bin von Natur aus ein Optimist", erklärte der 66-Jährige, "die Probleme können gelöst werden. Aber politische Führer brauchen den Mut, nicht nur auf den kurzzeitigen Vorteil zu zielen, sondern einen Schritt weiter und an die Zukunft zu denken." Schließlich gehe es hauptsächlich um die Zukunft der Menschen, die ein Staatschef repräsentiere: "Am Ende des Tages stellst du dann fest, dass es all die Mühe und all die Anstrengung wert war, an deiner Vision festzuhalten – weil du das Leben der Menschen ein Stück besser gemacht hast."

Rice ergänzte, dass die Welt bereits so manche Krise schneller als gedacht überwunden habe – beispielsweise die Teilung Deutschlands. Auch für die Wirtschaftskrise hat sie Hoffnung: "Wir Amerikaner sagen zwar manchmal Dinge über Europa, die nicht so nett sind, aber: Alle mit Regierungserfahrung wissen, dass Europa unser wichtigster Partner ist. Wir brauchen Europa, um stark zu sein." Die Politikerin bekannte sich klar zur Vorherrschaft des Westens: "Bei den derzeitigen Turbulenzen im System muss ein Land da sein, das einen Blick dafür hat, wo es hingehen soll. Seit dem Zweiten Weltkrieg waren das die Vereinigten Staaten von Amerika." Wie auch Europa und Japan hätten die USA aber momentan nur wenig Selbstvertrauen. "Wir dürfen aber nicht müde werden, wir haben keine andere Option, als zu führen. Denn wenn wir es nicht tun, kommt jemand anderes. Jemand, der nicht an die Freiheit der Menschen und der Märkte glaubt." (pro)

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