Oldies statt Frohe Botschaft

Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat die am 30. November 2010 auslaufende UKW-Lizenz für das christliche "Radio Paradiso" nicht verlängert. Damit steht der einzige kirchlich-orientierte Radiosender in Berlin-Brandenburg vor dem Aus.
Von PRO
In Berlin werden Radiolizenzen aufgrund einer rechtlichen Bestimmung alle sieben Jahre verlängert. Nach Ablauf von zwei Lizenzperioden – "Radio Paradiso" ist im 14. Jahr auf Sendung – sieht das Gesetz eine offizielle Ausschreibung vor. Die Medienanstalt des Landes will die Frequenz von "Radio Paradiso" an den Sender "oldiestar" abgeben. Eine bis dato ungewöhnliche Entscheidung, die sowohl von kirchlichen Vertretern als auch von Politikern scharf kritisiert wurde.

Der Sender gehört zu großen Teilen der evangelischen Kirche und ihren Einrichtungen. Der Berliner Landesbischof Markus Dröge hält auch deshalb die Vorgehensweise der Medienanstalt für "völlig unverständlich" und forderte die MABB auf, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sieht die Frequenzvergabe an "oldiestar" als "Affront gegen die Programm- und Meinungsvielfalt und gegen die Menschen, die einen christlichen Sender hören wollen". Die CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters spricht von einem "großen Verlust" für die Medienvielfalt und ordnete die Entscheidung als eine von vielen "kirchenfeindlichen Entscheidungen" im rot-rot regierten Berlin ein.

Auch Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) hat sich gegen die drohende Schließung des Senders ausgesprochen. "Radio Paradiso" passe gut zu einer multikulturellen Stadt wie Berlin, habe sich in den letzten 14 Jahren etabliert und Zuhörer weit über das christliche Spektrum hinaus gewonnen, sagte Schmitz, der auch für Religionsfragen zuständig ist, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), lehnte eine Stellungnahme des Senats ab. Die Vergabe von Frequenzen sei eine unabhängige Entscheidung der Medienanstalt und falle nicht in die Zuständigkeit des Senats. Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Senat, Michael Braun, bemängelte, dass der Medienrat bewusst staats- und politikfern organisiert wurde. Ziel müsse es sein, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um auf einer leistungsfähigen Frequenz ein Programm für Christen anzubieten.

"Kein christliches Profil erkennbar"


Ein Argument der Medienanstalt für ihre Entscheidung ist der deutlich reduzierte Wortanteil des Senders, was auch zu Abstrichen in der Qualität geführt habe. Die Tatsache, dass der Wortanteil einer MABB-Studie zufolge von 180 Minuten auf 72 Minuten zurückgegangen sei, wollte Geschäftsführer Matthias Gülzow nicht unkommentiert lassen: "Der Vorwurf, dass wir nicht genug Wortbeiträge in unserem Programm haben, ist nachweislich falsch", wird er in der FAZ zitiert. Der Wortanteil habe sogar leicht zugenommen. Darauf habe der Sender den Medienrat rechtzeitig hingewiesen.

Der Vorwurf, dass das christliche Profil des Senders nicht erkennbar sei, hält Markus Bräuer, Medienbeauftragter der EKD, nicht für nachvollziehbar: "Zu entscheiden, was zur christlichen Verkündigung gehört und in welcher Form sie sich äußert, sollte man den Kirchen überlassen." Der christliche Glaube komme in einzelnen Sendungen und Andachten zum Ausdruck. Bräuer bezeichnete die Entscheidung als unverständlich und nicht sachgerecht, auch weil es keine Abmahnung oder ein Zeichen der Medienaufsicht gegeben habe.

Von Seiten der Medienanstalt hieß es, dass die Entscheidung aufgrund einer Programmanalyse aus dem Jahr 2008 gefallen sei. Sprecherin Susanne Grams wollte sich bis zu einer offiziellen Entscheidung und der schriftlichen Stellungnahme des Medienrates nicht äußern. Wie die "Berliner Morgenpost" berichtet, will der Sender rechtliche Schritte gegen die Entscheidung des Medienrates prüfen. Bis Ende November ist "Radio Paradiso" noch zu empfangen. Ob der Radiosender nach Lizenzablauf via Internet weitersendet, sei allerdings unklar. (pro)
http://www.paradiso.de/
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