„Offene Bibel“ im Internet

"Nur offene Bücher können gelesen werden." Evangelische Theologiestudenten haben die Webseite "Offene Bibel" entwickelt: Eine Online-Bibel, auf die jeder frei zugreifen kann. Jeder kann mitmachen und sich am Entstehungsprozess beteiligen. Der wissenschaftliche Anspruch hat bei diesem Projekt Vorrang.
Von PRO
"Hätte es im römischen Reich ein so striktes Urheberrecht gegeben wie heute in Deutschland, gäbe es heute keine Bibel, wie wir sie kennen." Dies sagen die Urheber der "Offenen Bibel" auf ihrer Webseite. Projektgründer Wolfgang Loest und Mitbegründer Ulrich Berens haben ihr Projekt von Anfang an auf die Basis einer freien Lizenz gestellt. Mit der Folge, dass diese Bibelübersetzung frei zitiert werden darf. Künstler, Liedermacher und Dichter dürfen die Heilige Schrift frei verwenden. Autoren, Prediger und Jugendleiter können das Wort Gottes problemlos zitieren. Hörbücher, Filme und Musik können biblische Inhalte transportieren, ohne dafür kommerzielle Nutzungsverträge mit Lizenzgebern abschließen zu müssen. Gerade auch Betreiber kostenloser Softwareprogramme, die ihre Produkte beispielsweise für Theologiestudenten in ärmeren Ländern produzieren, können auf die Übersetzung zugreifen. Zur Erfahrung mit Lizenz-Inhabern meinte Wolfgang Loest: "Lizenzgeber haben dem Projekt bis jetzt noch keine Steine in den Weg gelegt."

Die "Offene Bibel" ist mittlerweile eine umfassende Plattform, auf der jegliche Aspekte rund um das Thema Bibelübersetzung diskutiert werden können. Diskussionsforen, Webblogs und Kommentare dienen dem Austausch und sollen zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit aller Schritte im Übersetzungsprozess beitragen. Die Arbeit beinhaltet eine ausführliche Studienfassung, eine Übersetzung, die mit wissenschaftlicher Genauigkeit behandelt wird. In dieser Übersetzung steckt die meiste Arbeit, und sie dient als Grundlage für die Lesefassung. Diese ist eine Übersetzung in modernem Deutsch. Es gibt auch weitere Elemente wie ein Bibellexikon, theologische Kommentare und ein Grammatikteil, die sich noch im Anfangsstadium befinden.  

Theologiestudenten, die die Ursprachen der Bibel erlernen und sich im Auslegen der Schrift üben, kommen besonders für das Projekt in Frage. Aber auch Laien können sich aktiv beteiligen, indem sie die Lesefassung mitgestalten. Laut Benjamin Misja, der zum Kernteam gehört, haben aktuelle, wissenschaftliche Erkenntnisse stetigen Einfluss auf die Übersetzungsarbeit. Die Texte sollen auch auf Lange Sicht veränderbar sein. Bei der "Offenen Bibel" sind die User Konsumenten und Produzenten zugleich und daher als "Prosumer" zu bezeichnen. Der Begriff kommt aus dem Englischen und setzt sich aus "producer" und "consumer" zusammen. Gegenüber dem Christlichen Medienmagazin pro sagte Wolfgang Loest, dass es derzeit 150 Mitwirkende bei der "Offenen Bibel" gibt. Nach den Aussagen von Benjamin Misja sind zur Zeit vier Kapitel vollständig fertig gestellt und 200 noch in Bearbeitung.

Zum Fortschritt der Arbeit meinte Wolfgang Loest gegenüber pro: "Man muss bei diesem Projekt den hohen wissenschaftlichen Anspruch bedenken. In der Studienfassung kommen wir bei Bibelstellen teilweise zu mehreren Übersetzungsvarianten, die wir nebeneinander gelten lassen und in den beigefügten Kommentaren weitergehend behandeln. Zudem haben wir eine überdurchschnittliche Quote, was die allgemeine Erfahrung mit Internetforen angeht, bei denen User an digitalen Gemeinschaftsprojekten arbeiten. Diese Erfahrung besagt, dass 90 Prozent aus passiven Usern, 9 Prozent aus gelegentlich Beteiligten und 1 Prozent aus stetig aktiven ‚Prosumern‘ besteht."

Zu Schwierigkeiten in der Projektarbeit sagte Loest: "Eine Hürde in Sachen Software haben wir gerade genommen. Wir haben ein Probemodul für das kostenlose Bibelprogramm ‚Sword‘ heraus gegeben. Zwar ist es nicht fehlerfrei, gibt aber schon mal einen Vorgeschmack auf das kommende Original. Es engagieren sich mittlerweile auch zwei Informatiker, die dafür sorgen, dass die Software aktuell bleibt und Probleme schnell behoben werden."

Zum Kernteam gehören bislang hauptsächlich evangelische Studenten. Daneben sind auch ein katholischer Pastoralreferrent, ein evangelikaler Student und sogar zwei Atheisten am Projekt beteiligt: ein Hebraistik-Liebhaber und ein Informatiker. Nach den Worten von Loest harmoniert die Zusammenarbeit trotz der verschiedenen Konfessionen und Weltanschauungen sehr gut. (pro)
http://www.offene-bibel.de/
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