Oben Moslems, unten Christen

Der 10. Breitengrad ist die magische Grenze Afrikas, die Christen und Muslime trennt. Hunger, Not und Mord sind die Folgen religiöser Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen. Der Norden ist vornehmlich muslimisch, der Süden meist christlich – die Grenze tödlich.
Von PRO

Das Nachrichtenmagazin Stern berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über den Konflikt zwischen Muslimen und Christen auf dem afrikanischen Kontinent und seine verheerenden Folgen. In Marc Goergens Reportage „Grenzen des Glaubens“ beschreibt der Autor das Elend, das aus dem Zusammenprall von Christentum und Islam in Afrika entlang des 10. Breitengrades entstanden ist. Während auf allen Erdteilen die beiden Religionen miteinander konkurrierten, zeige sich die Grenze nirgendwo so deutlich wie in Afrika.

Kommentar führt zu Eskalation

In Nigeria etwa, einem der größten Länder Afrikas, in dem die Bevölkerung zu rund der Hälfe aus Christen und Muslimen besteht, gipfelte eine Bemerkung in Gewalt. In dem bevölkerungsreichsten Land des Kontinents hatte nach Angaben des Stern der Kommentar einer christlichen Journalistin zur Eskalation geführt.

Damals hatten Muslime gegen das „Miss-World-Finale“ in ihrem Land protestiert, weil nach ihrer Auffassung die Frauen zu spärlich bekleidet auftreten sollten. Die Christin kommentierte eine Demonstration von Muslimen und verletzte deren religiöse Gefühle so stark, dass die sich anschließenden Unruhen zu Hunderten Toten geführt hätten.

Palästina spielt eine Rolle

In dem Bericht greift Goergen aber auch die Geschichte zweier Männer auf, die sich einst als Kontrahenten gegenüberstanden und sich nun gemeinsam für eine Annäherung von Muslimen und Christen in ihrer Heimatstadt Kaduna engagierten. In der Stadt leben Christen und Muslime streng getrennt. Das christliche Viertel wird Jerusalem genannt, die muslimischen Viertel heißen Afghanistan und Palästina, der Markt der Stadt, an dessen Kontrolle sich einst der Streit zwischen den Männern entzündet habe, wird Tschetschenien genannt. Die religiösen Gegensätze seien auch typischerweise verwoben mit Konflikten um Geld, Land und Wasser.

Mücke behinderte einst die Ausbreitung des Islam

Die Ausbreitung des Islam in Afrika habe bereits wenige Jahre nach dem Tod Mohammeds im siebten Jahrhundert begonnen, der Vormarsch sei aber dann aufgrund einer Mücke ins Stocken geraten.

Die Tsetsefliege, beheimatet in den Savannen und Sümpfen um den 10. Breitengrad, habe durch die Übertragung der Schlafkrankheit den Vormarsch der Muslime in Richtung Süden verhindert. Erst im 19. Jahrhundert hätte dann die Missonierung Afrikas vor allem durch englische, italienische und deutsche Kirchenmänner eingesetzt. Diese hätten zunächst ihre Stützpunkt vornehmlich südlich des 10. Breitengrades eingerichtet, weil der Islam dort noch weitgehend unbekannt war.

Sudan  – Drama beginnt in der Kolonialzeit

Goergen schildert die komplizierte Lage und das Ausmaß der humanitären Katastrophe am Beispiel des Sudan. So lebten beispielsweise in einem überfüllten Flüchtlingslager im Südsudan derzeit rund 70.000 Menschen, die aus den Nuba-Bergen im Norden vor den Bomben des islamistischen Regimes in Karthum in die Stadt Yida geflüchtet seien.

Die Menschen in den Nuba-Bergen weigerten sich seit Jahrzehnten gegen die Zwangskonvertierung zum Islam. Der Konflikt gehe jedoch zurück bis in die britische Kolonialzeit. Die Briten hatten eine willkürliche Linie festgelegt, über die hinaus die ins Land strömenden christlichen Missionare nicht weiter in den Norden vorstoßen sollten und die muslimischen Händler nicht weiter in den Süden: den 10. Breitengrad.

Professionell, aber missionarisch

Von evangelikaler Mission getriebene Christen, so berichtet der Stern, hätten den Slogan des „10/40-Fensters“ erfunden, unter dem sie das Missionsgebiet zwischen dem 10. und 40. Breitengrad, dem vor allem muslimisch geprägten Wüstenstreifen Afrikas, verstünden. In Yida, schreibt der Stern, sei auch die als evangelikal geltende US-amerikanische Hilfsorganisation „Samaritarian’s Purse“, gegründet von Billy Graham und derzeit unter der Leitung seines Sohnes Franklin Graham, aktiv. Die Hilfe durch die Organistation sei professionell. Zügig, gut und effizient kümmere man sich um traumatisierte Flüchtlinge, Verletzte und Kinder. Allerdings missionierten die Mitarbeiter und praktizierten eine puritanische Moral, indem Zigaretten und Alkohol verboten seien, Männer und Frauen strikt getrennt schliefen und morgens eine Stunde singen und beteten. Zudem verteile die Organisation Bibeln in Stammessprachen und zeige Filme mit christlichen Inhalten.

Terror hüben wie drüben

Fanatiker auf beiden Seiten sorgten dafür, dass jedes Jahr Hunderttausende um den zehnten Breitengrad aus ihrer Heimat flüchteten. So terrorisierten etwa die Islamisten von Boko Haram den Norden Nigerias, die Dschihadisten Mali, und der selbsterkorene Messias Joseph Kony die Grenzgebiete zwischen dem Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik, dem Kongo und Uganda.

In einem Dorf in Äthiopien, etwa 200 Kilometer nördlich des 10. Breitengrades gelegen, so der Stern, habe man hingegegen die Religion abgeschafft. In dem Dorf finde man weder Kirche noch Moschee. Das Land habe eine Jahrhunderte alte christliche Tradition, ebenso lange sei auch der Isalm in dem Land bekannt. In dem Ort hat ein heute Mitte der sechziger Jahre alter Mann eine Art atheistischer Kommune ins Leben gerufen, die heute als Beispiel für ein friedliches Zusammenleben von Wissenschaftlern aus Norwegen und der Schweiz untersucht würde. Die rund 7.000 Besucher jährlich seien fasziniert von den Erfolgen der Kommune, der Gleichstellung von Mann und Frau, der niedrigen Kindersteblichkeit und der hohen Alphabetisierungsrate. (pro)

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