In Krisenzeiten füllen sich normalerweise Synagogen, Kirchen und Moscheen, damit Menschen beten. In der aktuellen Coronakrise bedeuten die Ansammlungen in Gotteshäusern eine Gefahr. Der Papst muss den Segen „Urbi et orbi“ vor leeren Rängen sprechen. Nicht alle religiösen Führer möchten aber auf ihr geistliches Leben verzichten, meldet die Süddeutsche Zeitung – und reagieren nicht gerade schlau.
In Deutschland werden viele religiöse Inhalte jetzt im Internet angeboten. Sogar der französische Wallfahrtsort Lourdes hat seine Pforten geschlossen. Aber es gibt auch Theologen, die weniger Angst vor einer Ansteckung haben. Christus sei in der Eucharistie gegenwärtig. Deswegen habe er keine Angst, sagt der Schweizer Weihbischof Marian Eleganti. Ein Land wie Brasilien spiele die Gefahr des Virus herunter, schreibt die Süddeutsche. Viele Pfingstkirchen und evangelikale Glaubensgemeinschaften veranstalteten weiterhin ihre Gottesdienste.
Kontinent könnten den Kampf gegen das Virus verlieren
Der brasilianische Kirchengründer Edir Macedo teilte per Videobotschaft mit, dass der Satan hinter der Pandemie stecke. Das Virus sei nicht gefährlich. Beten helfe garantiert. Die Süddeutsche Zeitung nennt Nigeria als weiteres Beispiel für den zu sorglosen Umgang. Es gehöre „zu den gläubigsten Ländern der Welt“. Nur wenige würden ihre Gottesdienste absagen. Die Redeemed Christian Church mit fünf Millionen Mitgliedern teilte mit, wenn nur genug Vergebung von Gott gesucht wird, ist das Virus eine Angelegenheit der Vergangenheit.“
Vor allem für den afrikanischen Kontinent – mit 630 Millionen Christen und hunderten Millionen Muslimen – könnte die Unachtsamkeit fatale Konsequenzen haben. Der Kontinent drohe den Kampf gegen Corona zu verlieren. Auch Russland habe erst sehr spät mit Vorschriften für Kommunion und das richtige Verhalten im Umgang mit Reliquien und Ikonen reagiert.
Gewaltsame Auseinandersetzungen in Jerusalem
Streit gebe es auch in Israel. Vor allem ultraorthodoxe Juden, die den Staat Israel nicht anerkennen, widersetzten sich den staatlichen Anordnungen. Am Sonntag sei es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Polizei und streng religiösen Juden gekommen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrecke aber vor weiteren Maßnahmen zurück, weil er für die Regierungsbildung auf die Zusammenarbeit mit ultraorthodoxen Parteien angewiesen sei.
Auch muslimischen Ländern falle es schwer, das religiöse Leben zu beschränken. Trotzdem seien die Freitagsmoscheen für die Gebete geschlossen. Auch die Pilgerstätten in Mekka und Medina seien zu und komplett desinfiziert. Laut Süddeutscher Zeitung war das Heiligtum „bis zur Schließung eine Corona-Drehscheibe für die gesamte muslimische Welt“.
Von: Johannes Blöcher-Weil