Nichts als Provokation: Matussek debattiert mit Atheisten

Es hätte ein interessanter Abend werden können. Am Freitag ist "Spiegel"-Autor und Katholik Matthias Matussek am Rande des Kirchentages in der "religionsfreien Zone" aufgetreten. Mit Atheisten wollte er über Gott und die Welt diskutieren. Dialogbereitschaft suchte man aber auf beiden Seiten vergebens.

Von PRO

"Religionsfreie Zone…da wird dein Hirn sein", lautet das Motto der Anti-Kirchentagsveranstaltung des Vereins "GeFAHR" (Gesellschaft zur Förderung von Aufklärung, Humanismus und Religionsfreiheit). Um gegen den Kirchentag in Dresden zu protestieren, haben die Atheisten vier Tage lang Gegenveranstaltungen zum Programm der Protestanten ausgerichtet. Höhepunkt sollte die Debatte mit Matussek, Autor des Buchs "Das katholische Abenteuer", sein. Sie stand unter der Überschrift "Glauben und Wissen – Wieviel Religion braucht der Mensch?".

Matusseks Buch trägt den Untertitel "Eine Provokation". Es gibt wohl keine Überschrift, die besser zum Schauspiel im Dresdner Kino Schauburg passt. Podium und Publikum thematisierten das Dritte Reich, die Inquisition, Richard Dawkins, Marx und Engels – und ließen damit kein Klischee der Religions- und Atheismuskritik aus. Gute Argumente gab es wenige. So bezeichnete Sacha Hanig von der atheistischen Giordano Bruno Stiftung Matussek etwa als "rhetorisch begabten Abiturienten, dem noch niemand gesagt hat, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt".

Scheindiskussionen und Stammtischdebatten

Matussek hingegen ging den ebenfalls mitdiskutierenden Linke-Landtagsabgeordneten Gerhard Besier mit Blick auf die ehemalige DDR an: "Wenn die Kirche nicht gewesen wäre, wären die Bonzen doch immer noch dran!" So verlor sich die Debatte allzu oft in Scheindiskussionen, etwa um die Frage, ob das Leben als Christ nun "komfortabler" sei als das eines Atheisten. Matussek erklärte, der christliche Glaube sei eine "nicht-kommerzialisierbare Zone" in einer modernen Welt, die sich dem Verbrauch verschrieben habe. Er biete die "revolutionäre Idee der Nächstenliebe", mit der kein anderer Glaube mithalten könne.

Wenig überzeugend war das für den Atheisten Falko Pietsch, der deutschlandweit die Abschaffung des Religionsunterrichts als Pflichtfach forderte und religiöse Weltbilder durch wissenschaftliche Methodik ersetzt sehen möchte. Pastorin Anke Well konterte, indem sie Schwächen des wissenschaftlichen Apparats aufzeigte. So seien Professoren und Forscher allzu oft gezwungen, Drittgelder zu beschaffen und "sich in Publikationslisten wiederzufinden". Keine guten Vorraussetzungen für unabhängige Wissenschaft, findet Well.

Abend endet fast im Eklat

Als Matussek, gefragt nach den großen Errungenschaften des Christentums, auf das Prinzip der Feindesliebe hinwies, erntete er Unverständnis. Inquisition und die Kooperation der katholischen Kirche mit Adolf Hitler waren dem Publikum willkommene Argumente, um den Journalisten zu widerlegen. Auch Matusseks eigene Entgleisungen mögen das Bild des friedliebenden Christen unter den Zuschauern nicht befördert haben. Mehr als einmal erhob er die Stimme, mehr als einmal fiel er seinen Mitrednern ins Wort, mehr als einmal sank seine Wortwahl auf Stammtischniveau.

Eine gesunde Debatte konnte so nicht zustande kommen. So endete der Abend fast in einem Eklat, als ein Sprecher des Vereins "GeFAHR" Matussek aufforderte, sich bei seinem Publikum zu entschuldigen. Der Katholik war gebeten worden, seine Vorstellung der Auferstehung Jesu zu erläutern. Als Matussek erklärte, er glaube fest daran, "dass das Grab leer war", erntete er Gelächter. Daraufhin sagte er, das Publikum verstehe wohl nicht, wovon er spräche. Warum das für die Veranstalter eine derart schlimme Beleidigung darstellte, dass der Abend fast vorzeitig beendet werden sollte, werden Gäste wie Diskutanten wohl nie erfahren. Unbeantwortet bleibt aber auch die Frage: Wozu soll dieser Abend eigentlich gut gewesen sein? (pro)

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