Neuser: „Wir brauchen Werte, die tiefer gehen“

In der aktuellen Wertedebatte genügt es nicht, nur von Freiheit und Solidarität zu sprechen, sondern Menschen auch Antworten auf Fragen nach dem Sinn des Lebens zu geben. Das fordert der Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes, Wolfgang Neuser, in einem Interview mit dem Magazin "change" der Bertelsmann Stiftung.
Von PRO

Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit, Treue und Ehrlichkeit sind für Neuser gesellschaftliche Werte, die eine Identifikation mit dem, was eine Gesellschaft kennzeichnet, ermöglichten. Gerade Jugendliche bräuchten jedoch auch Menschen, die sie einen Stück ihres Lebensweges begleiten und "sie auf diese Weise an dem teilhaben lassen, was ihnen wertvoll ist, zum Beispiel den christlichen Glauben".

Wichtig sei es, "gehaltvolle Werte" zu vermitteln, die etwas aussagen. "Es genügt nicht, nur von Freiheit und von Solidarität zu sprechen. Menschen wollen auch ihre Herkunft besser verstehen, den Sinn ihres Lebens erkennen und für die Zukunft eine Hoffnung haben", so Neuser.

Im Rahmen eines Dialogs von Kulturen gelte es, eigene Standpunkte zu vertreten, sich aber auch andere Meinungen anzuhören. "Aber ich habe den Eindruck, dass man Toleranz oft missversteht – sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kirche", so der CVJM-Generalsekretär weiter. "Angesichts der unterschiedlichen Kulturen und Religionen in unserem Land meinen viele Menschen, sie müssten ihre eigene Position zurückstellen. ich denke, das ist ein Fehler, denn dann wird alles ‚gleich gültig‘ und ein richtiger Dialog ist nicht mehr möglich." Der interreligiöse Dialog gelinge seiner Meinung nach nur dann, wenn "man eine eigene Position gefunden hat, die man ins Gespräch einbringt, und gleichzeitig bereit ist, den Standpunkt des anderen zu hören".

Sozialen Zusammenhalt fördern

Bedenklich sei es zudem, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klaffe. Das Bildungsbürgertum spreche eine Sprache, die von anderen nicht mehr verstanden wird. "Die Gesellschaft ist auf sozialen Zusammenhalt angewiesen: Je mehr auf einander geachtet wird, desto eher lassen sich die Herausforderungen bewältigen", so Neuser.

Die Wirtschaftskrise könnte vor diesem Hintergrund eine große Chance für alle sein. Es stelle sich die Frage, ob man Menschen nur so lange ernst nehme, "solange er mir nützt, oder stehe ich ihm auch zur Seite, wenn ich nichts davon habe". Es gehe darum, auch Menschen am Rande der Gesellschaft zu berücksichtigen und nicht nur Entscheidungen für sich selbst zu treffen, fordert der promovierte Theologe im "change"-Interview.

"Durch ehrenamtliches Engagement wird Großes bewegt"

Neuser ist sich sicher, dass in Zukunft "Partizipation, soziale Kompetenz und Toleranz" eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Es gelte, sich vor allem bei Krisen wieder mehr auf gemeinsame Problemlösungskompetenzen zu besinnen. Das ehrenamtliche Engagement von 23 Millionen Menschen in Deutschland zeige das vorhandende Engagement: "Dadurch wird im CVJM und in der Gesellschaft Großes bewegt", meint Neuser.

Der CVJM-Gesamtverband ist der Zusammenschluss von 13 selbständigen Mitgliedsverbänden in Deutschland und hat seinen Sitz in Kassel. Mit 2.200 örtlichen Vereinen, 150 Jugendwerken und 150 Jugenddörfern ist er der christlich-ökumenische Jugendverband in Deutschland. Der CVJM-Gesamtverband hat 330.000 Mitglieder, 61.000 ehrenamtliche und 8.000 pädagogisch-theologische Mitarbeiter.

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